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PASTORALE
KONSTITUTION
GAUDIUM ET SPES
ÜBER DIE KIRCHE IN DER WELT VON HEUTE
VORWORT
1. Die engste Verbundenheit der
Kirche mit der ganzen Menschheitsfamilie
Freude und Hoffnung, Trauer und Angst
der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch
Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts
wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.
Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus
Menschen gebildet, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer
Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft
empfangen haben, die allen auszurichten ist.
Darum erfährt diese Gemeinschaft sich
mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden.
2. Wen das Konzil hier anspricht
Daher wendet sich das Zweite
Vatikanische Konzil nach einer tieferen Klärung des Geheimnisses der Kirche ohne
Zaudern nicht mehr bloß an die Kinder der Kirche und an alle, die Christi Namen
anrufen, sondern an alle Menschen schlechthin in der Absicht, allen darzulegen,
wie es Gegenwart und Wirken der Kirche in der Welt von heute versteht. Vor
seinen Augen steht also die Welt der Menschen, das heißt die ganze
Menschheitsfamilie mit der Gesamtheit der Wirklichkeiten, in denen sie lebt; die
Welt, der Schauplatz der Geschichte der Menschheit, von ihren Unternehmungen,
Niederlagen und Siegen geprägt; die Welt, die nach dem Glauben der Christen
durch die Liebe des Schöpfers begründet ist und erhalten wird; die unter die
Knechtschaft der Sünde geraten, von Christus aber, dem Gekreuzigten und
Auferstandenen, durch Brechung der Herrschaft des Bösen befreit wurde; bestimmt,
umgestaltet zu werden nach Gottes Heilsratschluß und zur Vollendung zu kommen.
3. Der Auftrag zum Dienst am
Menschen
Gewiß ist die Menschheit in unseren
Tagen voller Bewunderung für die eigenen Erfindungen und die eigene Macht;
trotzdem wird sie oft ängstlich bedrückt durch die Fragen nach der heutigen
Entwicklung der Welt, nach Stellung und Aufgabe des Menschen im Universum, nach
dem Sinn seines individuellen und kollektiven Schaffens, schließlich nach dem
letzten Ziel der Dinge und Menschen. Als Zeuge und Künder des Glaubens des
gesamten in Christus geeinten Volkes Gottes kann daher das Konzil dessen
Verbundenheit, Achtung und Liebe gegenüber der ganzen Menschheitsfamilie, der
dieses ja selbst eingefügt ist, nicht beredter bekunden als dadurch, daß es mit
ihr in einen Dialog eintritt über all diese verschiedenen Probleme; daß es das
Licht des Evangeliums bringt und daß es dem Menschengeschlecht jene Heilskräfte
bietet, die die Kirche selbst, vom Heiligen Geist geleitet, von ihrem Gründer
empfängt. Es geht um die Rettung der menschlichen Person, es geht um den rechten
Aufbau der menschlichen Gesellschaft.
Der Mensch also, der eine und ganze
Mensch, mit Leib und Seele, Herz und Gewissen, Vernunft und Willen steht im
Mittelpunkt unserer Ausführungen.
Die Heilige Synode bekennt darum die
hohe Berufung des Menschen, sie erklärt, daß etwas wie ein göttlicher Same in
ihn eingesenkt ist, und bietet der Menschheit die aufrichtige Mitarbeit der
Kirche an zur Errichtung jener brüderlichen Gemeinschaft aller, die dieser
Berufung entspricht.
Dabei bestimmt die Kirche kein
irdischer Machtwille, sondern nur dies eine: unter Führung des Geistes, des
Trösters, das Werk Christi selbst weiterzuführen, der in die Welt kam, um der
Wahrheit Zeugnis zu geben (1); zu retten, nicht zu richten; zu dienen, nicht
sich bedienen zu lassen (2).
EINFÜHRUNG
DIE SITUATION DES MENSCHEN IN DER HEUTIGEN WELT
4. Hoffnung und Angst
Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags
obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen
und sie im Licht des Evangeliums zu deuten. So kann sie dann in einer jeweils
einer Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen der Menschen nach
dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis
beider zueinander Antwort geben. Es gilt also, die Welt, in der wir leben, ihre
Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen Charakter zu erfassen und
zu verstehen. Einige Hauptzüge der Welt von heute lassen sich folgendermaßen
umschreiben. Heute steht die Menschheit in einer neuen Epoche ihrer Geschichte,
in der tiefgehende und rasche Veränderungen Schritt um Schritt auf die ganze
Welt übergreifen. Vom Menschen, seiner Vernunft und schöpferischen
Gestaltungskraft gehen sie aus; sie wirken auf ihn wieder zurück, auf seine
persönlichen und kollektiven Urteile und Wünsche, auf seine Art und Weise, die
Dinge und die Menschen zu sehen und mit ihnen umzugehen. So kann man schon von
einer wirklichen sozialen und kulturellen Umgestaltung sprechen, die sich auch
auf das religiöse Leben auswirkt.
Wie es bei jeder Wachstumskrise
geschieht, bringt auch diese Umgestaltung nicht geringe Schwierigkeiten mit
sich.
So dehnt der Mensch seine Macht so weit
aus und kann sie doch nicht immer so steuern, daß sie ihm wirklich dient. Er
unternimmt es, in immer tiefere seelische Bereiche einzudringen, und scheint
doch oft ratlos über sich selbst. Schritt für Schritt entdeckt er die Gesetze
des gesellschaftlichen Lebens und weiß doch nicht, welche Ausrichtung er ihm
geben soll. Noch niemals verfügte die Menschheit über soviel Reichtum,
Möglichkeiten und wirtschaftliche Macht, und doch leidet noch ein ungeheurer
Teil der Bewohner unserer Erde Hunger und Not, gibt es noch unzählige
Analphabeten.
Niemals hatten die Menschen einen so
wachen Sinn für Freiheit wie heute, und gleichzeitig entstehen neue Formen von
gesellschaftlicher und psychischer Knechtung.
Die Welt spürt lebhaft ihre Einheit und
die wechselseitige Abhängigkeit aller von allen in einer notwendigen Solidarität
und wird doch zugleich heftig von einander widerstreitenden Kräften
auseinandergerissen. Denn harte politische, soziale, wirtschaftliche, rassische
und ideologische Spannungen dauern an; selbst die Gefahr eines Krieges besteht
weiter, der alles bis zum Letzten zerstören würde.
Zwar nimmt der Meinungsaustausch zu;
und doch erhalten die gleichen Worte, in denen sich gewichtige Auffassungen
ausdrücken, in den verschiedenen Ideologien einen sehr unterschiedlichen Sinn.
Man strebt schließlich unverdrossen
nach einer vollkommeneren Ordnung im irdischen Bereich, aber das geistliche
Wachstum hält damit nicht gleichen Schritt.
Betroffen von einer so komplexen
Situation, tun sich viele unserer Zeitgenossen schwer, die ewigen Werte recht zu
erkennen und mit dem Neuen, das aufkommt, zu einer richtigen Synthese zu
bringen; so sind sie, zwischen Hoffnung und Angst hin und her getrieben, durch
die Frage nach dem heutigen Lauf der Dinge zutiefst beunruhigt.
Dieser verlangt eine Antwort vom
Menschen. Ja er zwingt ihn dazu.
5. Der tiefgehende Wandel der
Situation
Die heute zu beobachtende Unruhe und
der Wandel der Lebensbedingungen hängen mit einem umfassenden Wandel der
Wirklichkeit zusammen, so daß im Bildungsbereich die mathematischen,
naturwissenschaftlichen und anthropologischen Disziplinen, im praktischen
Bereich die auf diesen Disziplinen aufbauende Technik ein wachsendes Gewicht
erlangen. Diese positiv-wissenschaftliche Einstellung gibt der Kultur und dem
Denken des Menschen ein neues Gepräge gegenüber früheren Zeiten. Schon geht die
Technik so weit, daß sie das Antlitz der Erde selbst umformt, ja sie geht schon
an die Bewältigung des planetarischen Raumes. Auch über die Zeit weitet der
Geist des Menschen gewissermaßen seine Herrschaft aus; über die Vergangenheit
mit Hilfe der Geschichtswissenschaft; über die Zukunft durch methodisch
entwickelte Voraussicht und Planung. In ihrem Fortschritt geben Biologie,
Psychologie und Sozialwissenschaften dem Menschen nicht nur ein besseres Wissen
um sich selbst; sie helfen ihm auch, in methodisch gesteuerter Weise das
gesellschaftliche Leben unmittelbar zu beeinflussen.
Gleichzeitig befaßt sich die Menschheit
in immer steigendem Maß mit der Vorausberechnung und Steuerung ihres eigenen
Bevölkerungswachstums. Der Gang der Geschichte selbst erfährt eine so rasche
Beschleunigung, daß der Einzelne ihm schon kaum mehr zu folgen vermag. Das
Schicksal der menschlichen Gemeinschaft wird eines und ist schon nicht mehr
aufgespalten in verschiedene geschichtliche Abläufe. So vollzieht die Menschheit
einen Übergang von einem mehr statischen Verständnis der Ordnung der
Gesamtwirklichkeit zu einem mehr dynamischen und evolutiven Verständnis. Die
Folge davon ist eine neue, denkbar große Komplexheit der Probleme, die wiederum
nach neuen Analysen und Synthesen ruft.
6. Wandlungen in der Gesellschaft
Damit aber erfahren die überlieferten
örtlichen Gemeinschaften, wie patriarchalische Familien, Clans, Stämme, Dörfer,
die verschiedenen Gruppen und sozialen Verflochtenheiten einen immer tiefer
greifenden Wandel. Es breitet sich allmählich der Typ der Industriegesellschaft
aus; einige Nationen gelangen durch ihn zu wirtschaftlichem Wohlstand; zugleich
gestaltet er in Jahrhunderten gewordene Denk- und Lebensformen der Gesellschaft
völlig um. Entsprechend nimmt die Verstädterung zu, teils infolge des Wachstums
der Städte und ihrer Einwohnerzahl, teils durch das Ausgreifen der städtischen
Lebensart auf die Landbevölkerung. Die neuen und immer mehr vervollkommneten
sozialen Kommunikationsmittel tragen dazu bei, daß man über das Zeitgeschehen
informiert wird und daß sich Ansichten und Einstellungen rasch und weit
verbreiten mit all den damit verbundenen Kettenreaktionen. Nicht zu
unterschätzen ist die Bedeutung der Tatsache, daß Menschen, aus verschiedenen
Gründen zur Wanderung veranlaßt, dadurch ihre Lebensart ändern. So nehmen
unablässig die Verflechtungen der Menschen untereinander zu und führt die
"Sozialisation" zu immer neuen Verflechtungen, ohne aber immer eine
entsprechende Reifung der Person und wirklich personale Beziehungen
("Personalisation") zu fördern. Diese Entwicklung zeichnet sich klarer ab in den
durch wirtschaftlichen und technischen Fortschritt begünstigten Nationen; sie
ergreift aber auch die Entwicklungsländer, die auch für ihre Gegenden die
Vorteile der Industrialisierung und städtischen Kultur erringen möchten.
Gleichzeitig erfahren diese Völker,
besonders jene mit alten Überlieferungen, eine Bewegung hin zu einem
entwickelteren und persönlicheren Vollzug der Freiheit.
7. Psychologische, sittliche und
religiöse Wandlungen
Die Wandlungen von Denkweisen und
Strukturen stellen häufig überkommene Werte in Frage, zumal bei der jüngeren
Generation, die nicht selten ungeduldig, ja angsthaft rebellisch wird und im
Bewußtsein der eigenen Bedeutung im gesellschaftlichen Leben rascher daran
teilzuhaben beansprucht.
Von daher erfahren Eltern und Erzieher
bei der Erfüllung ihrer Aufgabe immer größere Schwierigkeiten.
Die von früheren Generationen
überkommenen Institutionen, Gesetze, Denk- und Auffassungsweisen scheinen aber
den wirklichen Zuständen von heute nicht mehr in jedem Fall gut zu entsprechen.
So kommt es zu schweren Störungen im Verhalten und sogar in den
Verhaltensnormen. Die neuen Verhältnisse üben schließlich auch auf das religiöse
Leben ihren Einfluß aus. Einerseits läutert der geschärfte kritische Sinn das
religiöse Leben von einem magischen Weltverständnis und von noch vorhandenen
abergläubischen Elementen und fordert mehr und mehr eine ausdrücklicher personal
vollzogene Glaubensentscheidung, so daß nicht wenige zu einer lebendigeren
Gotteserfahrung kommen. Andererseits geben breite Volksmassen das religiöse
Leben praktisch auf. Anders als in früheren Zeiten sind die Leugnung Gottes oder
der Religion oder die völlige Gleichgültigkeit ihnen gegenüber keine Ausnahme
und keine Sache nur von Einzelnen mehr.
Heute wird eine solche Haltung gar
nicht selten als Forderung des wissen schaftlichen Fortschritts und eines
sogenannten neuen Humanismus ausgegeben.
Das alles findet sich in vielen Ländern
nicht nur in Theorien von Philosophen, sondern bestimmt in größtem Ausmaß die
Literatur, die Kunst, die Deutung der Wissenschaft und Geschichte und sogar das
bürgerliche Recht. Die Verwirrung vieler ist die Folge.
8. Die Störungen des
Gleichgewichts in der heutigen Welt
Ein so rascher Wandel der Zustände, der
oft ordnungslos vor sich geht, und dazu ein schärferes Bewußtsein für die
Spannungen in der Welt erzeugen oder vermehren Widersprüche und Störungen des
Gleichgewichts. Schon in der Einzelperson entsteht öfters eine Störung des
Gleichgewichts zwischen dem auf das Praktische gerichteten Bewußtsein von heute
und einem theoretischen Denken, dem es nicht gelingt, die Menge der ihm
angebotenen Erkenntnisse selber zu bewältigen und sie hinlänglich in Synthesen
zu ordnen.
Eine ähnliche Störung des
Gleichgewichts entsteht ferner zwischen dem entschlossenen Willen zu
wirkmächtigem Handeln und den Forderungen des sittlichen Gewissens, aber oft
auch zwischen den kollektiven Lebensbedingungen und den Voraussetzungen für ein
persönliches Denken oder sogar eines besinnlichen Lebens.
Endlich entsteht eine Störung des
Gleichgewichts zwischen der Spezialisierung des menschlichen Tuns und einer
umfassenden Weltanschauung. In der Familie entstehen Spannungen unter dem Druck
der demographischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation, aus den Konflikten
zwischen den aufeinanderfolgenden Generationen, aus den neuen gesellschaftlichen
Beziehungen zwischen Mann und Frau. Große Spannungen entstehen auch zwischen den
Rassen, sogar zwischen den verschiedenartigen Gruppen einer Gesellschaft,
zwischen reicheren und schwächeren oder notleidenden Völkern, schließlich
zwischen den internationalen Institutionen, die aus der Friedenssehnsucht der
Völker entstanden sind, und der rücksichtslosen Propaganda der eigenen Ideologie
samt dem Kollektivegoismus in den Nationen und anderen Gruppen.
Die Folge davon sind gegenseitiges
Mißtrauen und Feindschaft, Konflikte und Notlagen. Ihre Ursache und ihr Opfer
zugleich ist der Mensch.
9. Das umfassendere Verlangen der
Menschheit
Gleichzeitig wächst die Überzeugung,
daß die Menschheit nicht nur ihre Herrschaft über die Schöpfung immer weiter
verstärken kann und muß, sondern daß es auch ihre Aufgabe ist, eine politische,
soziale und wirtschaftliche Ordnung zu schaffen, die immer besser im Dienst des
Menschen steht und die dem Einzelnen wie den Gruppen dazu hilft, die ihnen
eigene Würde zu behaupten und zu entfalten. Daher erheben sehr viele heftig
Anspruch auf jene Güter, die ihnen nach ihrer tief empfundenen Überzeugung durch
Ungerechtigkeit oder falsche Verteilung vorenthalten werden.
Die aufsteigenden Völker, wie jene, die
erst jüngst unabhängig geworden sind, verlangen ihren Anteil an den heutigen
Kulturgütern nicht nur auf politischem, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiet
und wollen frei ihre Rolle in der Welt spielen, während andererseits zugleich
ihr Abstand und häufig auch ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von den reicheren
Völkern wächst, die sich schneller weiterentwickeln.
Die vom Hunger heimgesuchten Völker
fordern Rechenschaft von den reicheren Völkern.
Die Frauen verlangen für sich die
rechtliche und faktische Gleichstellung mit den Männern, wo sie diese noch nicht
erlangt haben. Die Arbeiter und Bauern wollen nicht bloß das zum Lebensunterhalt
Notwendige erwerben können, sondern durch ihre Arbeit auch ihre
Persönlichkeitswerte entfalten und überdies an der Gestaltung des
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens ihren
Anteil haben. Zum erstenmal in der Geschichte der Menschheit haben alle Völker
die Überzeugung, daß die Vorteile der Zivilisation auch wirklich allen zugute
kommen können und müssen.
Hinter allen diesen Ansprüchen steht
ein tieferes und umfassenderes Verlangen: die Einzelpersonen und die Gruppen
begehren ein erfülltes und freies Leben, das des Menschen würdig ist, indem sie
sich selber alles, was die heutige Welt ihnen so reich darzubieten vermag,
dienstbar machen.
Die Völker streben darüber hinaus immer
stärker nach einer gewissen alle umfassenden Gemeinschaft.
Unter diesen Umständen zeigt sich die
moderne Welt zugleich stark und schwach, in der Lage, das Beste oder das
Schlimmste zu tun; für sie ist der Weg offen zu Freiheit oder Knechtschaft,
Fortschritt oder Rückschritt, Brüderlichkeit oder Haß. Zudem wird nun der Mensch
sich dessen bewußt, daß es seine eigene Aufgabe ist, jene Kräfte, die er selbst
geweckt hat und die ihn zermalmen oder ihm dienen können, richtig zu lenken.
Wonach er fragt, ist darum er selber.
10. Die tieferen Fragen der
Menschheit
In Wahrheit hängen die Störungen des
Gleichgewichts, an denen die moderne Welt leidet, mit jener tiefer liegenden
Störung des Gleichgewichts zusammen, die im Herzen des Menschen ihren Ursprung
hat. Denn im Menschen selbst sind viele widersprüchliche Elemente gegeben.
Einerseits erfährt er sich nämlich als Geschöpf vielfältig begrenzt,
andererseits empfindet er sich in seinem Verlangen unbegrenzt und berufen zu
einem Leben höherer Ordnung. Zwischen vielen Möglichkeiten, die ihn anrufen, muß
er dauernd unweigerlich eine Wahl treffen und so auf dieses oder jenes
verzichten. Als schwacher Mensch und Sünder tut er oft das, was er nicht will,
und was er tun wollte, tut er nicht (3).
So leidet er an einer inneren
Zwiespältigkeit, und daraus entstehen viele und schwere Zerwürfnisse auch in der
Gesellschaft. Freilich werden viele durch eine praktisch materialistische
Lebensführung von einer klaren Erfassung dieses dramatischen Zustandes abgelenkt
oder vermögen unter dem Druck ihrer Verelendung sich nicht mit ihm zu
beschäftigen. Viele glauben, in einer der vielen Weltdeutungen ihren Frieden zu
finden.
Andere wieder erwarten vom bloßen
menschlichen Bemühen die wahre und volle Befreiung der Menschheit und sind davon
überzeugt, daß die künftige Herrschaft des Menschen über die Erde alle Wünsche
ihres Herzens erfüllen wird. Andere wieder preisen, am Sinn des Lebens
verzweifelnd, den Mut derer, die in der Überzeugung von der absoluten
Bedeutungslosigkeit der menschlichen Existenz versuchen, ihr nun die ganze
Bedeutung ausschließlich aus autonomer Verfügung des Subjekts zu geben.
Dennoch wächst angesichts der heutigen
Weltentwicklung die Zahl derer, die die Grundfragen stellen oder mit neuer
Schärfe spüren: Was ist der Mensch?
Was ist der Sinn des Schmerzes, des
Bösen, des Todes - alles Dinge, die trotz solchen Fortschritts noch immer
weiterbestehen?
Wozu diese Siege, wenn sie so teuer
erkauft werden mußten?
Was kann der Mensch der Gesellschaft
geben, was von ihr erwarten?
Was kommt nach diesem irdischen Leben?
Die Kirche aber glaubt: Christus, der
für alle starb und auferstand4, schenkt dem Menschen Licht und Kraft durch
seinen Geist, damit er seiner höchsten Berufung nachkommen kann; es ist kein
anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem sie gerettet werden
sollen (5).
Sie glaubt ferner, daß in ihrem Herrn
und Meister der Schlüssel, der Mittelpunkt und das Ziel der ganzen
Menschheitsgeschichte gegeben ist. Die Kirche bekennt überdies, daß allen
Wandlungen vieles Unwandelbare zugrunde liegt, was seinen letzten Grund in
Christus hat, der derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit (6).
Im Licht Christi also, des Bildes des
unsichtbaren Gottes, des Erstgeborenen vor aller Schöpfung (7), will das Konzil
alle Menschen ansprechen, um das Geheimnis des Menschen zu erhellen und
mitzuwirken dabei, daß für die dringlichsten Fragen unserer Zeit eine Lösung
gefunden wird.
I. HAUPTTEIL
DIE KIRCHE UND DIE BERUFUNG DES
MENSCHEN
11. Antworten auf die Antriebe
des Geistes
Im Glauben daran, daß es vom Geist des
Herrn geführt wird, der den Erdkreis erfüllt, bemüht sich das Volk Gottes, in
den Ereignissen, Bedürfnissen und Wünschen, die es zusammen mit den übrigen
Menschen unserer Zeit teilt, zu unterscheiden, was darin wahre Zeichen der
Gegenwart oder der Absicht Gottes sind. Der Glaube erhellt nämlich alles mit
einem neuen Licht, enthüllt den göttlichen Ratschluß hinsichtlich der integralen
Berufung des Menschen und orientiert daher den Geist auf wirklich humane
Lösungen hin.
Das Konzil beabsichtigt, vor allem jene
Werte, die heute besonders in Geltung sind, in diesem Licht zu beurteilen und
auf ihren göttlichen Ursprung zurückzuführen.
Insofern diese Werte nämlich aus der
gottgegebenen Anlage des Menschen hervorgehen, sind sie gut. Infolge der
Verderbtheit des menschlichen Herzens aber fehlt ihnen oft die notwendige letzte
Ausrichtung, so daß sie einer Läuterung bedürfen.
Was denkt die Kirche vom Menschen?
Welche Empfehlungen erscheinen zum
Aufbau der heutigen Gesellschaft angebracht?
Was ist die letzte Bedeutung der
menschlichen Tätigkeit in der gesamten Welt?
Auf diese Fragen erwartet man Antwort.
Von da wird klarer in Erscheinung treten, daß das Volk Gottes und die
Menschheit, der es eingefügt ist, in gegenseitigem Dienst stehen, so daß die
Sendung der Kirche sich als eine religiöse und gerade dadurch höchst humane
erweist.
KAPITEL I
DIE WÜRDE DER MENSCHLICHEN PERSON
12. Der Mensch nach dem Bild
Gottes
Es ist fast einmütige Auffassung der
Gläubigen und der Nichtgläubigen, daß alles auf Erden auf den Menschen als
seinen Mittel- und Höhepunkt hinzuordnen ist.
Was ist aber der Mensch?
Viele verschiedene und auch
gegensätzliche Auffassungen über sich selbst hat er vorgetragen und trägt er
vor, in denen er sich oft entweder selbst zum höchsten Maßstab macht oder bis
zur Hoffnungslosigkeit abwertet, und ist so unschlüssig und voll Angst.
In eigener Erfahrung dieser Nöte kann
die Kirche doch, von der Offenbarung Gottes unterwiesen, für sie eine Antwort
geben, um so die wahre Verfassung des Menschen zu umreißen und seine Schwäche zu
erklären, zugleich aber auch die richtige Anerkennung seiner Würde und Berufung
zu ermöglichen.
Die Heilige Schrift lehrt nämlich, daß
der Mensch "nach dem Bild Gottes" geschaffen ist, fähig, seinen Schöpfer zu
erkennen und zu lieben, von ihm zum Herrn über alle irdischen Geschöpfe gesetzt
(1), um sie in Verherrlichung Gottes zu beherrschen und zu nutzen (2).
"Was ist der Mensch, daß du seiner
gedenkst? Oder des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?
Wenig geringer als Engel hast du ihn
gemacht, mit Ehre und Herrlichkeit ihn gekrönt und ihn über die Werke deiner
Hände gesetzt. Alles hast du ihm unter die Füße gelegt" (Ps 8,5-7).
Aber Gott hat den Menschen nicht allein
geschaffen: denn von Anfang an hat er ihn "als Mann und Frau geschaffen" (Gen
1,27); ihre Verbindung schafft die erste Form personaler Gemeinschaft.
Der Mensch ist nämlich aus seiner
innersten Natur ein gesellschaftliches Wesen; ohne Beziehung zu den anderen kann
er weder leben noch seine Anlagen zur Entfaltung bringen.
Gott sah also, wie wir wiederum in der
Heiligen Schrift lesen, "alles, was er gemacht hatte, und es war sehr gut" (Gen
1,31).
13. Die Sünde
Obwohl in Gerechtigkeit von Gott
begründet, hat der Mensch unter dem Einfluß des Bösen gleich von Anfang der
Geschichte an durch Auflehnung gegen Gott und den Willen, sein Ziel außerhalb
Gottes zu erreichen, seine Freiheit mißbraucht.
"Obwohl sie Gott erkannten, haben sie
ihn nicht als Gott verherrlicht, sondern ihr unverständiges Herz wurde
verfinstert, und sie dienten den Geschöpfen statt dem Schöpfer" (3).
Was uns aus der Offenbarung Gottes
bekannt ist, steht mit der Erfahrung in Einklang: der Mensch erfährt sich, wenn
er in sein Herz schaut, auch zum Bösen geneigt und verstrickt in vielfältige
Übel, die nicht von seinem guten Schöpfer herkommen können.
Oft weigert er sich, Gott als seinen
Ursprung anzuerkennen; er durchbricht dadurch auch die geschuldete Ausrichtung
auf sein letztes Ziel, zugleich aber auch seine ganze Ordnung hinsichtlich
seiner selbst wie hinsichtlich der anderen Menschen und der ganzen Schöpfung.
So ist der Mensch in sich selbst
zwiespältig.
Deshalb stellt sich das ganze Leben der
Menschen, das einzelne wie das kollektive, als Kampf dar, und zwar als einen
dramatischen, zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Finsternis.
Ja, der Mensch findet sich unfähig,
durch sich selbst die Angriffe des Bösen wirksam zu bekämpfen, so daß ein jeder
sich wie in Ketten gefesselt fühlt.
Der Herr selbst aber ist gekommen, um
den Menschen zu befreien und zu stärken, indem er ihn innerlich erneuerte und
"den Fürsten dieser Welt" (Joh 12,31) hinauswarf, der ihn in der
Knechtschaft der Sünde festhielt (4).
Die Sünde mindert aber den Menschen
selbst, weil sie ihn hindert, seine Erfüllung zu erlangen. Im Licht dieser
Offenbarung finden zugleich die erhabene Berufung wie das tiefe Elend, die die
Menschheit erfährt, ihre letzte Erklärung.
14. Der Wesensstand des Menschen
In Leib und Seele einer, vereint der
Mensch durch seine Leiblichkeit die Elemente der stofflichen Welt in sich: Durch
ihn erreichen diese die Höhe ihrer Bestimmung und erheben ihre Stimme zum freien
Lob des Schöpfers (5).
Das leibliche Leben darf also der
Mensch nicht geringachten; er muß im Gegenteil seinen Leib als von Gott
geschaffen und zur Auferweckung am Jüngsten Tage bestimmt für gut und der Ehre
würdig halten.
Durch die Sünde aber verwundet, erfährt
er die Widerstände seiner Leiblichkeit.
Daher verlangt die Würde des Menschen,
daß er Gott in seinem Leibe verherrliche6 und ihn nicht den bösen Neigungen
seines Herzens dienen lasse.
Der Mensch irrt aber nicht, wenn er
seinen Vorrang vor den körperlichen Dingen bejaht und sich selbst nicht nur als
Teil der Natur oder als anonymes Element in der menschlichen Gesellschaft
betrachtet, denn in seiner Innerlichkeit übersteigt er die Gesamtheit der Dinge.
In diese Tiefe geht er zurück, wenn er
in sein Herz einkehrt, wo Gott ihn erwartet, der die Herzen durchforscht (7),
und wo er selbst unter den Augen Gottes über sein eigenes Geschick entscheidet.
Wenn er daher die Geistigkeit und Unsterblichkeit seiner Seele bejaht, wird er
nicht zum Opfer einer trügerischen Einbildung, die sich von bloß physischen und
gesellschaftlichen Voraussetzungen herleitet, sondern erreicht er im Gegenteil
die tiefe Wahrheit der Wirklichkeit.
15. Die Würde der Vernunft, die
Wahrheit und die Weisheit
In Teilnahme am Licht des göttlichen
Geistes urteilt der Mensch richtig, daß er durch seine Vernunft die Dingwelt
überragt.
In unermüdlicher Anwendung seiner
Geistesanlagen hat er im Lauf der Zeit die empirischen Wissenschaften, die
Technik und seine geistige und künstlerische Bildung sehr entwickelt. In unserer
Zeit aber hat er mit ungewöhnlichem Erfolg besonders die materielle Welt
erforscht und sich dienstbar gemacht.
Immer jedoch suchte und fand er eine
tiefere Wahrheit.
Die Vernunft ist nämlich nicht auf die
bloßen Phänomene eingeengt, sondern vermag geistig-tiefere Strukturen der
Wirklichkeit mit wahrer Sicherheit zu erreichen, wenn sie auch infolge der Sünde
zum Teil verdunkelt und geschwächt ist. Die zuerstrebende Vollendung der
Vernunftnatur der menschlichen Person ist die Weisheit, die den Geist des
Menschen sanft zur Suche und Liebe des Wahren und Guten hinzieht und den durch
sie geleiteten Menschen vom Sichtbaren zum Unsichtbaren führt.
Unsere Zeit braucht mehr als die
vergangenen Jahrhunderte diese Weisheit, damit humaner wird, was Neues vom
Menschen entdeckt wird. Es gerät nämlich das künftige Geschick der Welt in
Gefahr, wenn nicht weisere Menschen entstehen. Zudem ist zu bemerken, daß viele
Nationen an wirtschaftlichen Gütern verhältnismäßig arm, an Weisheit aber
reicher sind und den übrigen hervorragende Hilfe leisten können.
Dank der Gabe des Heiligen Geistes
kommt der Mensch im Glauben zu Erkenntnis und innerem Einverständnis des
Geheimnisses des göttlichen Ratschlusses (8).
16. Die Würde des sittlichen
Gewissens
Im Innern seines Gewissens entdeckt der
Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst gibt, sondern dem er gehorchen muß
und dessen Stimme ihn immer zur Liebe und zum Tun des Guten und zur Unterlassung
des Bösen anruft und, wo nötig, in den Ohren des Herzens tönt: Tu dies, meide
jenes.
Denn der Mensch hat ein Gesetz, das von
Gott seinem Herzen eingeschrieben ist, dem zu gehorchen eben seine Würde ist und
gemäß dem er gerichtet werden wird (9). Das Gewissen ist die verborgenste Mitte
und das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in
diesem seinem Innersten zu hören ist (10).
Im Gewissen erkennt man in wunderbarer
Weise jenes Gesetz, das in der Liebe zu Gott und dem Nächsten seine Erfüllung
hat (11). Durch die Treue zum Gewissen sind die Christen mit den übrigen
Menschen verbunden im Suchen nach der Wahrheit und zur wahrheitsgemäßen Lösung
all der vielen moralischen Probleme, die im Leben der Einzelnen wie im
gesellschaftlichen Zusammenleben entstehen. Je mehr also das rechte Gewissen
sich durchsetzt, desto mehr lassen die Personen und Gruppen von der blinden
Willkür ab und suchen sich nach den objektiven Normen der Sittlichkeit zu
richten. Nicht selten jedoch geschieht es, daß das Gewissen aus unüberwindlicher
Unkenntnis irrt, ohne daß es dadurch seine Würde verliert.
Das kann man aber nicht sagen, wenn der
Mensch sich zuwenig darum müht, nach dem Wahren und Guten zu suchen, und das
Gewissen durch Gewöhnung an die Sünde allmählich fast blind wird.
17. Die hohe Bedeutung der
Freiheit
Aber nur frei kann der Mensch sich zum
Guten hinwenden.
Und diese Freiheit schätzen unsere
Zeitgenossen hoch und erstreben sie leidenschaftlich. Mit Recht. Oft jedoch
vertreten sie sie in verkehrter Weise, als Berechtigung, alles zu tun, wenn es
nur gefällt, auch das Böse.
Die wahre Freiheit aber ist ein
erhabenes Kennzeichen des Bildes Gottes im Menschen: Gott wollte nämlich den
Menschen "in der Hand seines Entschlusses lassen" (12), so daß er seinen
Schöpfer aus eigenem Entscheid suche und frei zur vollen und seligen Vollendung
in Einheit mit Gott gelange.
Die Würde des Menschen verlangt daher,
daß er in bewußter und freier Wahl handle, das heißt personal, von innen her
bewegt und geführt und nicht unter blindem innerem Drang oder unter bloßem
äußerem Zwang. Eine solche Würde erwirbt der Mensch, wenn er sich aus aller
Knechtschaft der Leidenschaften befreit und sein Ziel in freier Wahl des Guten
verfolgt sowie sich die geeigneten Hilfsmittel wirksam und in angestrengtem
Bemühen verschafft. Die Freiheit des Menschen, die durch die Sünde verwundet
ist, kann nur mit Hilfe der Gnade Gottes die Hinordnung auf Gott zur vollen
Wirksamkeit bringen.
Jeder aber muß vor dem Richterstuhl
Gottes Rechenschaft geben von seinem eigenen Leben, so wie er selber Gutes oder
Böses getan hat (13).
18. Das Geheimnis des Todes
Angesichts des Todes wird das Rätsel
des menschlichen Daseins am größten.
Der Mensch erfahrt nicht nur den
Schmerz und den fortschreitenden Abbau des Leibes, sondern auch, ja noch mehr
die Furcht vor immerwährendem Verlöschen.
Er urteilt aber im Instinkt seines
Herzens richtig, wenn er die völlige Zerstörung und den endgültigen Untergang
seiner Person mit Entsetzen ablehnt.
Der Keim der Ewigkeit im Menschen läßt
sich nicht auf die bloße Materie zurückführen und wehrt sich gegen den Tod. Alle
Maßnahmen der Technik, so nützlich sie sind, können aber die Angst des Menschen
nicht beschwichtigen. Die Verlängerung der biologischen Lebensdauer kann jenem
Verlangen nach einem weiteren Leben nicht genügen, das unüberwindlich in seinem
Herzen lebt. Während vor dem Tod alle Träume nichtig werden, bekennt die Kirche,
belehrt von der Offenbarung Gottes, daß der Mensch von Gott zu einem seligen
Ziel jenseits des irdischen Elends geschaffen ist. Außerdem lehrt der
christliche Glaube, daß der leibliche Tod, dem der Mensch, hätte er nicht
gesündigt, entzogen gewesen wäre (14), besiegt wird, wenn dem Menschen sein
Heil, das durch seine Schuld verlorenging, vom allmächtigen und barmherzigen
Erlöser wiedergeschenkt wird. Gott rief und ruft nämlich den Menschen, daß er
ihm in der ewigen Gemeinschaft unzerstörbaren göttlichen Lebens mit seinem
ganzen Wesen anhange. Diesen Sieg hat Christus, da er den Menschen durch seinen
Tod vom Tod befreite, in seiner Auferstehung zum Leben errungen (15).
Jedem also, der ernsthaft nachdenkt,
bietet daher der Glaube, mit stichhaltiger Begründung vorgelegt, eine Antwort
auf seine Angst vor der Zukunft an; und zugleich zeigt er die Möglichkeit, mit
den geliebten Brüdern, die schon gestorben sind, in Christus Gemeinschaft zu
haben in der Hoffnung, daß sie das wahre Leben bei Gott erlangt haben.
19. Formen und Wurzeln des
Atheismus
Ein besonderer Wesenszug der Würde des
Menschen liegt in seiner Berufung zur Gemeinschaft mit Gott.
Zum Dialog mit Gott ist der Mensch
schon von seinem Ursprung her aufgerufen: er existiert nämlich nur, weil er, von
Gott aus Liebe geschaffen, immer aus Liebe erhalten wird; und er lebt nicht voll
gemäß der Wahrheit, wenn er diese Liebe nicht frei anerkennt und sich seinem
Schöpfer anheimgibt. Viele unserer Zeitgenossen erfassen aber diese innigste und
lebensvolle Verbindung mit Gott gar nicht oder verwerfen sie ausdrücklich. So
muß man den Atheismus zu den ernstesten Gegebenheiten dieser Zeit rechnen und
aufs sorgfältigste prüfen. Mit dem Wort Atheismus werden voneinander sehr
verschiedene Phänomene bezeichnet.
Manche leugnen Gott ausdrücklich;
andere meinen, der Mensch könne überhaupt nichts über ihn aussagen; wieder
andere stellen die Frage nach Gott unter solchen methodischen Voraussetzungen,
daß sie von vornherein sinnlos zu sein scheint. Viele überschreiten den
Zuständigkeitsbereich der Erfahrungswissenschaften und erklären, alles sei nur
Gegenstand solcher naturwissenschaftlicher Forschung, oder sie verwerfen
umgekehrt jede Möglichkeit einer absoluten Wahrheit. Manche sind, wie es
scheint, mehr interessiert an der Bejahung des Menschen als an der Leugnung
Gottes, rühmen aber den Menschen so, daß ihr Glaube an Gott keine Lebensmacht
mehr bleibt.
Andere machen sich ein solches Bild von
Gott, daß jenes Gebilde, das sie ablehnen, keineswegs der Gott des Evangeliums
ist. Andere nehmen die Fragen nach Gott nicht einmal in Angriff, da sie keine
Erfahrung der religiösen Unruhe zu machen scheinen und keinen Anlaß sehen, warum
sie sich um Religion kümmern sollten. Der Atheismus entsteht außerdem nicht
selten aus dem heftigen Protest gegen das Übel in der Welt oder aus der
unberechtigten Übertragung des Begriffs des Absoluten auf gewisse menschliche
Werte, so daß diese an Stelle Gottes treten. Auch die heutige Zivilisation kann
oft, zwar nicht von ihrem Wesen her, aber durch ihre einseitige Zuwendung zu den
irdischen Wirklichkeiten, den Zugang zu Gott erschweren.
Gewiß sind die, die in Ungehorsam gegen
den Spruch ihres Gewissens absichtlich Gott von ihrem Herzen fernzuhalten und
religiöse Fragen zu vermeiden suchen, nicht ohne Schuld; aber auch die Gläubigen
selbst tragen daran eine gewisse Verantwortung.
Denn der Atheismus, allseitig
betrachtet, ist nicht eine ursprüngliche und eigenständige Erscheinung; er
entsteht vielmehr aus verschiedenen Ursachen, zu denen auch die kritische
Reaktion gegen die Religionen, und zwar in einigen Ländern vor allem gegen die
christliche Religion, zählt.
Deshalb können an dieser Entstehung des
Atheismus die Gläubigen einen erheblichen Anteil haben, insofern man sagen muß,
daß sie durch Vernachlässigung der Glaubenserziehung, durch mißverständliche
Darstellung der Lehre oder auch durch die Mängel ihres religiösen, sittlichen
und gesellschaftlichen Lebens das wahre Antlitz Gottes und der Religion eher
verhüllen als offenbaren.
20. Der systematische Atheismus
Der moderne Atheismus stellt sich oft
auch in systematischer Form dar, die, außer anderen Ursachen, das Streben nach
menschlicher Autonomie so weit treibt, daß er Widerstände gegen jedwede
Abhängigkeit von Gott schafft. Die Bekenner dieses Atheismus behaupten, die
Freiheit bestehe darin, daß der Mensch sich selbst Ziel und einziger Gestalter
und Schöpfer seiner eigenen Geschichte sei. Das aber, so behaupten sie, sei
unvereinbar mit der Anerkennung des Herrn, des Urhebers und Ziels aller
Wirklichkeit, oder mache wenigstens eine solche Bejahung völlig überflüssig.
Diese Lehre kann begünstigt werden
durch das Erlebnis der Macht, das der heutige technische Fortschritt dem
Menschen gibt. Unter den Formen des heutigen Atheismus darf jene nicht
übergangen werden, die die Befreiung des Menschen vor allem von seiner
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Befreiung erwartet. Er behauptet, daß
dieser Befreiung die Religion ihrer Natur nach im Wege stehe, insofern sie die
Hoffnung des Menschen auf ein künftiges und trügerisches Leben richte und ihn
dadurch vom Aufbau der irdischen Gesellschaft abschrecke.
Daher bekämpfen die Anhänger dieser
Lehre, wo sie zur staatlichen Macht kommen, die Religion heftig und breiten den
Atheismus aus, auch unter Verwendung, vor allem in der Erziehung der Jugend,
jener Mittel der Pression, die der öffentlichen Gewalt zur Verfügung stehen.
21. Die Haltung der Kirche zum
Atheismus
Die Kirche kann, in Treue zu Gott wie
zu den Menschen, nicht anders, als voll Schmerz jene verderblichen Lehren und
Maßnahmen, die der Vernunft und der allgemein menschlichen Erfahrung
widersprechen und den Menschen seiner angeborenen Größe entfremden, mit aller
Festigkeit zu verurteilen, wie sie sie auch bisher verurteilt hat (16). Jedoch
sucht die Kirche die tiefer in der atheistischen Mentalität liegenden Gründe für
die Leugnung Gottes zu erfassen und ist im Bewußtsein vom Gewicht der Fragen,
die der Atheismus aufgibt, wie auch um der Liebe zu allen Menschen willen der
Meinung, daß diese Gründe ernst und gründlicher geprüft werden müssen. Die
Kirche hält daran fest, daß die Anerkennung Gottes der Würde des Menschen
keineswegs widerstreitet, da diese Würde eben in Gott selbst gründet und
vollendet wird. Denn der Mensch ist vom Schöpfergott mit Vernunft und Freiheit
als Wesen der Gemeinschaft geschaffen; vor allem aber ist er als dessen Kind zur
eigentlichen Gemeinschaft mit Gott und zur Teilnahme an dessen eigener Seligkeit
berufen. Außerdem lehrt die Kirche, daß durch die eschatologische Hoffnung die
Bedeutung der irdischen Aufgaben nicht gemindert wird, daß vielmehr ihre
Erfüllung durch neue Motive unterbaut wird.
Wenn dagegen das göttliche Fundament
und die Hoffnung auf das ewige Leben schwinden, wird die Würde des Menschen aufs
schwerste verletzt, wie sich heute oft bestätigt, und die Rätsel von Leben und
Tod, Schuld und Schmerz bleiben ohne Lösung, so daß die Menschen nicht selten in
Verzweiflung stürzen. Jeder Mensch bleibt vorläufig sich selbst eine ungelöste
Frage, die er dunkel spürt. Denn niemand kann in gewissen Augenblicken,
besonders in den bedeutenderen Ereignissen des Lebens, diese Frage gänzlich
verdrängen.
Auf diese Frage kann nur Gott die volle
und ganz sichere Antwort geben; Gott, der den Menschen zu tieferem Nachdenken
und demütigerem Suchen aufruft. Das Heilmittel gegen den Atheismus kann nur von
einer situationsgerechten Darlegung der Lehre und vom integren Leben der Kirche
und ihrer Glieder erwartet werden. Denn es ist Aufgabe der Kirche, Gott den
Vater und seinen menschgewordenen Sohn präsent und sozusagen sichtbar zu machen,
indem sie sich selbst unter der Führung des Heiligen Geistes unaufhörlich
erneuert und läutert (17); das wird vor allem erreicht durch das Zeugnis eines
lebendigen und gereiften Glaubens, der so weit herangebildet ist, daß er die
Schwierigkeiten klar zu durchschauen und sie zu überwinden vermag.
Ein leuchtendes Zeugnis dieses Glaubens
gaben und geben die vielen Märtyrer.
Dieser Glaube muß seine Fruchtbarkeit
bekunden, indem er das gesamte Leben der Gläubigen, auch das profane,
durchdringt und sie zu Gerechtigkeit und Liebe, vor allem gegenüber den Armen,
bewegt.
Dazu, daß Gott in seiner
Gegenwärtigkeit offenbar werde, trägt schließlich besonders die Bruderliebe der
Gläubigen bei, wenn sie in einmütiger Gesinnung zusammenarbeiten für den Glauben
an das Evangelium18 und sich als Zeichen der Einheit erweisen. Wenn die Kirche
auch den Atheismus eindeutig verwirft, so bekennt sie doch aufrichtig, daß alle
Menschen, Glaubende und Nichtglaubende, zum richtigen Aufbau dieser Welt, in der
sie gemeinsam leben, zusammenarbeiten müssen. Das kann gewiß nicht geschehen
ohne einen aufrichtigen und klugen Dialog. Deshalb beklagt sie die
Diskriminierung zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden, die gewisse
Staatslenker in Nichtachtung der Grundrechte der menschlichen Person
ungerechterweise durchführen. Für die Glaubenden verlangt die Kirche
Handlungsfreiheit, damit sie in dieser Welt auch den Tempel Gottes errichten
können. Die Atheisten aber lädt sie schlicht ein, das Evangelium Christi
unbefangen zu würdigen.
Denn sehr genau weiß die Kirche, daß
ihre Botschaft dann dem tiefsten Verlangen des menschlichen Herzens entspricht,
wenn sie die Würde der menschlichen Berufung verteidigt und denen, die schon an
ihrer höheren Bestimmung verzweifeln, die Hoffnung wiedergibt.
Ihre Botschaft mindert nicht nur den
Menschen nicht, sondern verbreitet, um ihn zu fördern, Licht, Leben und
Freiheit; und außer ihr vermag nichts dem Menschenherzen zu genügen: "Du hast
uns auf dich hin gemacht", o Herr, "und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe
findet in dir" (19).
22. Christus, der neue Mensch
Tatsächlich klärt sich nur im Geheimnis
des fleischgewordenen Wortes das Geheimnis des Menschen wahrhaft auf.
Denn Adam, der erste Mensch, war das
Vorausbild des zukünftigen (20), nämlich Christi des Herrn.
Christus, der neue Adam, macht eben in
der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen den
Menschen selbst voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung.
Es ist also nicht verwunderlich, daß in
ihm die eben genannten Wahrheiten ihren Ursprung haben und ihren Gipfelpunkt
erreichen. Der "das Bild des unsichtbaren Gottes" (Kol 1,15) (21) ist, er
ist zugleich der vollkommene Mensch, der den Söhnen Adams die
Gottebenbildlichkeit wiedergab, die von der ersten Sünde her verunstaltet war.
Da in ihm die menschliche Natur
angenommen wurde, ohne dabei verschlungen zu werden (22), ist sie dadurch auch
schon in uns zu einer erhabenen Würde erhöht worden.
Denn er, der Sohn Gottes, hat sich in
seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt.
Mit Menschenhänden hat er gearbeitet,
mit menschlichem Geist gedacht, mit einem menschlichen Willen hat er gehandelt
(23), mit einem menschlichen Herzen geliebt. Geboren aus Maria, der Jungfrau,
ist er in Wahrheit einer aus uns geworden, in allem uns gleich außer der Sünde
(24). Als unschuldiges Opferlamm hat er freiwillig sein Blut vergossen und uns
Leben erworben. In ihm hat Gott uns mit sich und untereinander versöhnt (25) und
der Knechtschaft des Teufels und der Sünde entrissen. So kann jeder von uns mit
dem Apostel sagen: Der Sohn Gottes "hat mich geliebt und sich selbst für mich
dahingegeben" (Gal 2,20). Durch sein Leiden für uns hat er uns nicht nur
das Beispiel gegeben, daß wir seinen Spuren folgen (26), sondern er hat uns auch
den Weg gebahnt, dem wir folgen müssen, damit Leben und Tod geheiligt werden und
neue Bedeutung erhalten.
Der christliche Mensch empfängt,
gleichförmig geworden dem Bild des Sohnes, der der Erstgeborene unter vielen
Brüdern ist (27), "die Erstlingsgaben des Geistes" (Röm 8,23), durch die
er fähig wird, das neue Gesetz der Liebe zu erfüllen (28).
Durch diesen Geist, der das "Unterpfand
der Erbschaft" (Eph 1,14) ist, wird der ganze Mensch innerlich erneuert
bis zur "Erlösung des Leibes" (Röm 8,23): "Wenn der Geist dessen, der
Jesus von den Toten erweckt hat, in euch wohnt, wird er, der Jesus Christus von
den Toten erweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen des in
euch wohnenden Geistes" (Röm 8,11) (29).
Auch auf dem Christen liegen ganz gewiß
die Notwendigkeit und auch Pflicht, gegen das Böse durch viele Anfechtungen
hindurch anzukämpfen und auch den Tod zu ertragen; aber dem österlichen
Geheimnis verbunden und dem Tod Christi gleichgestaltet, geht er, durch Hoffnung
gestärkt, der Auferstehung entgegen (30).
Das gilt nicht nur für die
Christgläubigen, sondern für alle Menschen guten Willens, in deren Herzen die
Gnade unsichtbar wirkt (31). Da nämlich Christus für alle gestorben ist (32) und
da es in Wahrheit nur eine letzte Berufung des Menschen gibt, die göttliche,
müssen wir festhalten, daß der Heilige Geist allen die Möglichkeit anbietet,
diesem österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weise verbunden zu sein.
Solcher Art und so groß ist das
Geheimnis des Menschen, das durch die christliche Offenbarung den Glaubenden
aufleuchtet. Durch Christus und in Christus also wird das Rätsel von Schmerz und
Tod hell, das außerhalb seines Evangeliums uns überwältigt. Christus ist
auferstanden, hat durch seinen Tod den Tod vernichtet und uns das Leben
geschenkt (33), auf daß wir, Söhne im Sohn, im Geist rufen: Abba, Vater! (34)
KAPITEL II
DIE MENSCHLICHE GEMEINSCHAFT
23. Die Absicht des Konzils
Zu den charakteristischen Aspekten der
heutigen Welt gehört die Zunahme der gegenseitigen Verflechtungen unter den
Menschen, zu deren Entwicklung der heutige technische Fortschritt ungemein viel
beiträgt.
Doch das brüderliche Gespräch der
Menschen findet seine Vollendung nicht in diesen Fortschritten, sondern
grundlegender in jener Gemeinschaft von Personen, die eine gegenseitige Achtung
der allseits erfaßten geistigen Würde verlangt. Zur Förderung dieser
Gemeinschaft der Personen bietet die christliche Offenbarung eine große Hilfe;
gleichzeitig führt sie uns zu einem tieferen Verständnis der Gesetze des
gesellschaftlichen Lebens, die der Schöpfer in die geistliche und sittliche
Natur des Menschen eingeschrieben hat.
Da nun neuere Dokumente des kirchlichen
Lehramts die christliche Lehre über die menschliche Gesellschaft ausführlich
dargelegt haben (1), ruft das Konzil nur einige Hauptwahrheiten wieder in
Erinnerung und trägt deren Grundlagen im Licht der Offenbarung vor.
Im Anschluß daran legt es Nachdruck auf
einige Folgerungen, die in unseren Tagen von erhöhter Bedeutung sind.
24. Der Gemeinschaftscharakter
der menschlichen Berufung im Ratschluß Gottes
Gott, der väterlich für alle sorgt,
wollte, daß alle Menschen eine Familie bilden und einander in brüderlicher
Gesinnung begegnen. Alle sind ja geschaffen nach dem Bild Gottes, der "aus einem
alle Völker hervorgehen ließ, die das Antlitz der Erde bewohnen" (Apg
17,26), und alle sind zu einem und demselben Ziel, d.h. zu Gott selbst, berufen.
Daher ist die Liebe zu Gott und zum Nächsten das erste und größte Gebot. Von der
Heiligen Schrift werden wir belehrt, daß die Liebe zu Gott nicht von der Liebe
zum Nächsten getrennt werden kann: "... und wenn es ein anderes Gebot gibt, so
ist es in diesem Wort einbegriffen: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich
selbst ... Demnach ist die Liebe die Fülle des Gesetzes" (Röm 13,9-10; 1
Joh 4,20).
Das ist offenkundig von höchster
Bedeutung für die immer mehr voneinander abhängig werdenden Menschen und für
eine immer stärker eins werdende Welt. Ja, wenn der Herr Jesus zum Vater betet,
"daß alle eins seien ... wie auch wir eins sind" (Joh 17,20-22), und
damit Horizonte aufreißt, die der menschlichen Vernunft unerreichbar sind, legt
er eine gewisse Ähnlichkeit nahe zwischen der Einheit der göttlichen Personen
und der Einheit der Kinder Gottes in der Wahrheit und der Liebe.
Dieser Vergleich macht offenbar, daß
der Mensch, der auf Erden die einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte
Kreatur ist, sich selbst nur durch die aufrichtige Hingabe seiner selbst
vollkommen finden kann (2).
25. Die gegenseitige Abhängigkeit
von menschlicher Person und menschlicher Gesellschaft
Aus der gesellschaftlichen Natur des
Menschen geht hervor, daß der Fortschritt der menschlichen Person und das
Wachsen der Gesellschaft als solcher sich gegenseitig bedingen.
Wurzelgrund nämlich, Träger und Ziel
aller gesellschaftlichen Institutionen ist und muß auch sein die menschliche
Person, die ja von ihrem Wesen selbst her des gesellschaftlichen Lebens durchaus
bedarf (3).
Da also das gesellschaftliche Leben für
den Menschen nicht etwas äußerlich Hinzukommendes ist, wächst der Mensch nach
allen seinen Anlagen und kann seiner Berufung entsprechen durch Begegnung mit
anderen, durch gegenseitige Dienstbarkeit und durch den Dialog mit den Brüdern.
Unter den gesellschaftlichen Bindungen, die für die Entwicklung des Menschen
notwendig sind, hängen die einen, wie die Familie und die politische
Gemeinschaft, unmittelbarer mit seinem innersten Wesen zusammen; andere hingegen
gehen eher aus seiner freien Entscheidung hervor.
In unserer gegenwärtigen Zeit mehren
sich beständig aus verschiedenen Ursachen die gegenseitigen Verflechtungen und
Abhängigkeiten, und so entstehen mannigfache Verbindungen und Institutionen
öffentlichen oder privaten Rechts.
Obschon dieser Vorgang, den man als
"Sozialisation" bezeichnet, gewiß nicht ohne Gefahren ist, bringt er doch viele
Vorteile für die Festigung und Förderung der Eigenschaften der menschlichen
Person und für den Schutz ihrer Rechte mit sich (4). Wenn nun die menschliche
Person zur Erfüllung ihrer Berufung, auch der religiösen, dem gesellschaftlichen
Leben viel verdankt, so kann dennoch nicht geleugnet werden, daß die Menschen
aus den gesellschaftlichen Verhältnissen heraus, in denen sie leben und in die
sie von Kindheit an eingefangen sind, oft vom Tun des Guten abgelenkt und zum
Bösen angetrieben werden.
Ganz sicher stammen die so häufig in
der gesellschaftlichen Ordnung vorkommenden Störungen zum Teil aus der Spannung
in den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Gebilden selbst.
Doch ihre tieferen Wurzeln sind Stolz
und Egoismus der Menschen, die auch das gesellschaftliche Milieu verderben. Wenn
aber einmal die objektiven Verhältnisse selbst von den Auswirkungen der Sünde
betroffen sind, findet der mit Neigung zum Bösen geborene Mensch wieder neue
Antriebe zur Sünde, die nur durch angestrengte Bemühung mit Hilfe der Gnade
überwunden werden können.
26. Die Förderung des Gemeinwohls
Aus der immer engeren und allmählich
die ganze Welt erfassenden gegenseitigen Abhängigkeit ergibt sich als Folge, daß
das Gemeinwohl, d.h. die Gesamtheit jener Bedingungen des gesellschaftlichen
Lebens, die sowohl den Gruppen als auch deren einzelnen Gliedern ein volleres
und leichteres Erreichen der eigenen Vollendung ermöglichen, heute mehr und mehr
einen weltweiten Umfang annimmt und deshalb auch Rechte und Pflichten in sich
begreift, die die ganze Menschheit betreffen.
Jede Gruppe muß den Bedürfnissen und
berechtigten Ansprüchen anderer Gruppen, ja dem Gemeinwohl der ganzen
Menschheitsfamilie Rechnung tragen (5). Gleichzeitig wächst auch das Bewußtsein
der erhabenen Würde, die der menschlichen Person zukommt, da sie die ganze
Dingwelt überragt und Träger allgemeingültiger sowie unverletzlicher Rechte und
Pflichten ist. Es muß also alles dem Menschen zugänglich gemacht werden, was er
für ein wirklich menschliches Leben braucht, wie Nahrung, Kleidung und Wohnung,
sodann das Recht auf eine freie Wahl des Lebensstandes und auf Familiengründung,
auf Erziehung, Arbeit, guten Ruf, Ehre und auf geziemende Information; ferner
das Recht zum Handeln nach der rechten Norm seines Gewissens, das Recht auf
Schutz seiner privaten Sphäre und auf die rechte Freiheit auch in religiösen
Dingen.
Die gesellschaftliche Ordnung und ihre
Entwicklung müssen sich dauernd am Wohl der Personen orientieren; denn die
Ordnung der Dinge muß der Ordnung der Personen dienstbar werden und nicht
umgekehrt. So deutete der Herr selbst es an, als er sagte, der Sabbat sei um des
Menschen willen da, nicht der Mensch um des Sabbats willen (6). Die
gesellschaftliche Ordnung muß sich ständig weiterentwickeln, muß in Wahrheit
gegründet, in Gerechtigkeit aufgebaut und von Liebe beseelt werden und muß in
Freiheit ein immer humaneres Gleichgewicht finden (7).
Um dies zu verwirklichen, sind
Gesinnungswandel und weitreichende Änderungen in der Gesellschaft selbst
notwendig. Der Geist Gottes, dessen wunderbare Vorsehung den Lauf der Zeiten
leitet und das Antlitz der Erde erneuert, steht dieser Entwicklung bei.
Der Sauerteig des Evangeliums hat im
Herzen des Menschen den unbezwingbaren Anspruch auf Würde erweckt und erweckt
ihn auch weiter.
27. Die Achtung vor der
menschlichen Person
Zu praktischen und dringlicheren
Folgerungen übergehend, will das Konzil die Achtung vor dem Menschen
einschärfen: alle müssen ihren Nächsten ohne Ausnahme als ein "anderes Ich"
ansehen, vor allem auf sein Leben und die notwendigen Voraussetzungen eines
menschenwürdigen Lebens bedacht (8). Sonst gleichen sie jenem Reichen, der sich
um den armen Lazarus gar nicht kümmerte (9). Heute ganz besonders sind wir
dringend verpflichtet, uns zum Nächsten schlechthin eines jeden Menschen zu
machen und ihm, wo immer er uns begegnet, tatkräftig zu helfen, ob es sich nun
um alte, von allen verlassene Leute handelt oder um einen Fremdarbeiter, der
ungerechter Geringschätzung begegnet, um einen Heimatvertriebenen oder um ein
uneheliches Kind, das unverdienterweise für eine von ihm nicht begangene Sünde
leidet, oder um einen Hungernden, der unser Gewissen aufrüttelt durch die
Erinnerung an das Wort des Herrn: "Was ihr einem der Geringsten von diesen
meinen Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,40). Was ferner
zum Leben selbst in Gegensatz steht, wie jede Art Mord, Völkermord, Abtreibung,
Euthanasie und auch der freiwillige Selbstmord; was immer die Unantastbarkeit
der menschlichen Person verletzt, wie Verstümmelung, körperliche oder seelische
Folter und der Versuch, psychischen Zwang auszuüben; was immer die menschliche
Würde angreift, wie unmenschliche Lebensbedingungen, willkürliche Verhaftung,
Verschleppung, Sklaverei, Prostitution, Mädchenhandel und Handel mit
Jugendlichen, sodann auch unwürdige Arbeitsbedingungen, bei denen der Arbeiter
als bloßes Erwerbsmittel und nicht als freie und verantwortliche Person
behandelt wird: all diese und andere ähnliche Taten sind an sich schon eine
Schande; sie sind eine Zersetzung der menschlichen Kultur, entwürdigen weit mehr
jene, die das Unrecht tun, als jene, die es erleiden. Zugleich sind sie in
höchstem Maße ein Widerspruch gegen die Ehre des Schöpfers.
28. Die Achtung und die Liebe
gegenüber dem Gegner
Achtung und Liebe sind auch denen zu
gewähren, die in gesellschaftlichen, politischen oder auch religiösen Fragen
anders denken oder handeln als wir. Je mehr wir in Menschlichkeit und Liebe
inneres Verständnis für ihr Denken aufbringen, desto leichter wird es für uns,
mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
Diese Liebe und Güte dürfen uns aber
keineswegs gegenüber der Wahrheit und dem Guten gleichgültig machen. Vielmehr
drängt die Liebe selbst die Jünger Christi, allen Menschen die Heilswahrheit zu
verkünden. Man muß jedoch unterscheiden zwischen dem Irrtum, der immer zu
verwerfen ist, und dem Irrenden, der seine Würde als Person stets behält, auch
wenn ihn falsche oder weniger richtige religiöse Auffassungen belasten (10).
Gott allein ist der Richter und Prüfer
der Herzen; darum verbietet er uns, über die innere Schuld von irgend jemandem
zu urteilen (11). Christi Lehre fordert auch, die Beleidigung zu verzeihen; sie
dehnt das Gebot der Liebe als das Gebot des Neuen Bundes auf alle Feinde aus:
"Ihr habt gehört, daß gesagt wurde: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen
Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, tut Gutes denen, die euch
hassen, und betet für eure Verfolger und Verleumder" (Mt 5,43-44)12.
29. Die wesentliche Gleichheit
aller Menschen und die soziale Gerechtigkeit
Da alle Menschen eine geistige Seele
haben und nach Gottes Bild geschaffen sind, da sie dieselbe Natur und denselben
Ursprung haben, da sie, als von Christus Erlöste, sich derselben göttlichen
Berufung und Bestimmung erfreuen, darum muß die grundlegende Gleichheit aller
Menschen immer mehr zur Anerkennung gebracht werden.
Gewiß, was die verschiedenen physischen
Fähigkeiten und die unterschiedlichen geistigen und sittlichen Kräfte angeht,
stehen nicht alle Menschen auf gleicher Stufe. Doch jede Form einer
Diskriminierung in den gesellschaftlichen und kulturellen Grundrechten der
Person, sei es wegen des Geschlechts oder der Rasse, der Farbe, der
gesellschaftlichen Stellung, der Sprache oder der Religion, muß überwunden und
beseitigt werden, da sie dem Plan Gottes widerspricht.
Es ist eine beklagenswerte Tatsache,
daß jene Grundrechte der Person noch immer nicht überall unverletzlich gelten;
wenn man etwa der Frau das Recht der freien Wahl des Gatten und des
Lebensstandes oder die gleiche Stufe der Bildungsmöglichkeit und Kultur, wie sie
dem Mann zuerkannt wird, verweigert.
Obschon zwischen den Menschen
berechtigte Unterschiede bestehen, fordert ferner die Gleichheit der Personwürde
doch, daß wir zu humaneren und der Billigkeit entsprechenden Lebensbedingungen
kommen.
Allzu große wirtschaftliche und
gesellschaftliche Ungleichheiten zwischen den Gliedern oder Völkern in der einen
Menschheitsfamilie erregen Ärgernis; sie widersprechen der sozialen
Gerechtigkeit, der Billigkeit, der menschlichen Personwürde und dem
gesellschaftlichen und internationalen Frieden.
Die privaten und öffentlichen
menschlichen Institutionen sollen sich darum bemühen, der Würde und dem Ziel des
Menschen zu dienen, indem sie gegen jedwede gesellschaftliche oder politische
Verknechtung entschieden ankämpfen und die Wahrung der Grundrechte des Menschen
unter jedem politischen Regime sichern.
Ja die Institutionen dieser Art müssen
allmählich ein entsprechendes Verhältnis finden auch zu den eigentlich geistigen
Werten, die an Rang am höchsten stehen, auch wenn manchmal zur Erreichung des
erstrebten Zieles eine ziemlich lange Zeit nötig sein wird.
30. Man muß über die
individualistische Ethik hinausschreiten
Der tiefe und rasche Wandel der
Verhältnisse stellt mit besonderer Dringlichkeit die Forderung, daß niemand
durch mangelnde Beachtung der Entwicklung oder durch müde Trägheit einer rein
individualistischen Ethik verhaftet bleibe. Die Pflicht der Gerechtigkeit und
der Liebe wird immer mehr gerade dadurch erfüllt, daß jeder gemäß seinen eigenen
Fähigkeiten und den Bedürfnissen der Mitmenschen zum Gemeinwohl beiträgt und
auch die öffentlichen oder privaten Institutionen, die der Hebung der
menschlichen Lebensverhältnisse dienen, fördert und unterstützt. Es gibt aber
auch solche, die zwar großzügige und hochherzige Auffassungen im Munde führen,
in Wirklichkeit jedoch immer so leben, als ob sie sich nicht um die Bedürfnisse
der Gesellschaft zu kümmern brauchten, ja in verschiedenen Ländern beachten
nicht wenige die sozialen Gesetze und Vorschriften so gut wie gar nicht.
Viele scheuen sich nicht, durch Betrug
und Schliche sich gerechten Steuern oder anderen der Gesellschaft geschuldeten
Leistungen zu entziehen. Andere haben wenig Achtung vor gewissen Vorschriften
des gesellschaftlichen Lebens, z.B. vor solchen, die zum Schutz der Gesundheit
oder zur Verkehrsregelung aufgestellt wurden, und beachten nicht, daß sie durch
diese Fahrlässigkeit ihr eigenes Leben und das der anderen gefährden. Allen sei
es ein heiliges Gesetz, die Forderungen aus der gesellschaftlichen
Verflochtenheit unter die Hauptpflichten des heutigen Menschen zu rechnen und
sie als solche zu beobachten.
Je mehr nämlich die Welt
zusammenwächst, desto offenkundiger greifen die Aufgaben der Menschen über die
Sondergruppen hinaus und erhalten allmählich eine Bedeutung für die Welt als
ganze.
Das wird nur dann zur Auswirkung
kommen, wenn die Einzelnen und ihre Gruppen die sittlichen und
gesellschaftlichen Tugenden bei sich selbst pflegen und in der Gesellschaft zur
Geltung bringen; dann werden sie mit der notwendigen Hilfe der göttlichen Gnade
wahrhaft neue Menschen und Erbauer einer neuen Menschheit.
31. Die Verantwortung und die
Beteiligung
Damit die einzelnen Menschen ihre
Gewissenspflicht sowohl gegenüber sich selbst als auch gegenüber den
verschiedenen Gruppen, deren Glieder sie sind, genauer erfüllen, muß man darauf
bedacht sein, sie mit den heute der Menschheit zur Verfügung stehenden reichen
Hilfen zu einer umfassenderen Kultur des inneren Menschen zu erziehen. Vor allem
ist die Erziehung der Jugendlichen jedweder gesellschaftlichen Herkunft so zu
gestalten, daß Männer und Frauen werden, die nicht bloß intellektuell
ausgezeichnet gebildet sind, sondern auch jenen hochherzigen Charakter besitzen,
Menschen, wie sie unsere Zeit dringend fordert. Doch zu diesem
Verantwortungsbewußtsein kommt der Mensch kaum, wenn die Lebensbedingungen ihn
nicht zu einer Erfahrung seiner Würde und zur Erfüllung seiner Berufung durch
die Hingabe seiner selbst für Gott und den Nächsten kommen lassen.
Die menschliche Freiheit ist oft
eingeschränkt, wenn der Mensch in äußerster Armut lebt, wie sie umgekehrt
verkommt, wenn der Mensch es sich im Leben zu bequem macht und sich in einer
"einsamen Selbstherrlichkeit" verschanzt. Umgekehrt gewinnt sie an Kraft, wenn
der Mensch die unvermeidlichen Notwendigkeiten des gesellschaftlichen Lebens auf
sich nimmt, die vielfachen Forderungen des menschlichen Zusammenlebens bejaht
und sich dem Dienst an der menschlichen Gemeinschaft verpflichtet weiß. Bei
allen muß daher der Wille zur Mitwirkung an gemeinsamen Werken geweckt werden.
Anerkennung verdient das Vorgehen jener Nationen, in denen ein möglichst großer
Teil der Bürger in echter Freiheit am Gemeinwesen beteiligt ist.
Zu berücksichtigen sind jedoch die
konkrete Lage jedes einzelnen Volkes und die notwendige Stärke der öffentlichen
Gewalt. Damit aber alle Bürger zur Beteiligung am Leben der verschiedenen
Gruppen des Gesellschaftskörpers bereit seien, müssen sie auch in diesen Gruppen
Werte finden, die sie anziehen und zum Dienst für andere willig machen. Mit
Recht dürfen wir annehmen, daß das künftige Schicksal der Menschheit in den
Händen jener ruht, die den kommenden Geschlechtern Triebkräfte des Lebens und
der Hoffnung vermitteln können.
32. Das menschgewordene Wort und
die menschliche Solidarität
So wie Gott die Menschen nicht zu einem
Leben in Vereinzelung, sondern zum Zusammenschluß in gesellschaftlicher Einheit
erschuf, hat es ihm ebenso "gefallen, die Menschen nicht einzeln, unabhängig von
aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen und zu retten, sondern sie zu
einem Volke zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit
dienen soll" (13). Seit Beginn der Heilsgeschichte erwählte er Menschen nicht
nur als Einzelwesen, sondern als Glieder einer bestimmten Gemeinschaft. Denn
jene Erwählten, denen Gott seinen Heilsratschluß offenbarte, nannte er "sein
Volk" (Ex 3,7-12); mit ihm schloß er dann den Sinaibund (14).
Dieser Gemeinschaftscharakter wird im
Werk Jesu Christi vollendet und erfüllt.
Als fleischgewordenes Wort wollte er
selbst in die menschliche Lebensgemeinschaft eingehen.
Er hat an einer Hochzeit in Kana
teilgenommen, er ist in das Haus des Zachäus eingekehrt und hat mit Zöllnern und
Sündern gegessen.
Mit Hinweisen auf die
allergewöhnlichsten gesellschaftlichen Verhältnisse und mit Redewendungen und
Bildern aus dem Alltagsleben offenbarte er die Liebe des Vaters und die hohe
Berufung der Menschen.
Die menschlichen, besonders die
familiären Verflechtungen, den Anfang der Gesellschaftlichkeit überhaupt, hat er
geheiligt; freiwillig war er den Gesetzen seines Heimatlandes untertan; er hat
das Leben eines Arbeiters, wie es Zeit und Land eigen war, leben wollen. In
seiner Verkündigung gab er den Kindern Gottes das klare Gebot, einander wie
Brüder zu begegnen, und in seinem Gebet bat er darum, daß alle seine Jünger eins
seien.
Er selbst hat sich als der Erlöser
aller bis in den Tod hinein für alle dahingegeben. "Eine größere Liebe hat
niemand als der, der für seine Freunde sein Leben hergibt" (Joh 15,13).
Den Aposteln befahl er, allen Völkern
die Frohbotschaft zu verkünden, damit die Menschheit zur Familie Gottes werde,
in der die Liebe die Fülle des Gesetzes sein soll. Erstgeborener unter vielen
Brüdern, stiftete er nach seinem Tode und seiner Auferstehung unter allen, die
ihn im Glauben und in der Liebe annehmen, durch das Geschenk seines Geistes eine
neue brüderliche Gemeinschaft in seinem Leib, der Kirche, in dem alle einander
Glieder sind und sich entsprechend der Verschiedenheit der empfangenen Gaben
gegenseitig dienen sollen. Diese Solidarität muß stetig wachsen bis zu jenem
Tag, an dem sie vollendet sein wird und die aus Gnade geretteten Menschen als
eine von Gott und Christus, ihrem Bruder, geliebte Familie Gott vollkommen
verherrlichen werden.
KAPITEL
III
DAS MENSCHLICHE
SCHAFFEN IN DER WELT
33. Das Problem
Durch Arbeit und Geisteskraft hat der
Mensch immer versucht, sein Leben reicher zu entfalten. Heute jedoch hat er, vor
allem mit den Mitteln der Wissenschaft und der Technik, seine Herrschaft über
beinahe die gesamte Natur ausgebreitet und breitet sie beständig weiter aus. Vor
allem dank den zwischen den Völkern zunehmenden Beziehungen der mannigfaltigsten
Art erfährt und gestaltet sich die Menschheitsfamilie allmählich als eine die
ganze Welt umfassende Gemeinschaft. Die Folge von alldem ist, daß sich der
Mensch heute viele Güter, die er einst vor allem von höheren Mächten erwartete,
durch seine eigene Tat beschafft.
Angesichts dieses unermeßlichen
Unternehmens, das schon die ganze Menschheit erfaßt, stellen sich den Menschen
viele Fragen: Was ist der Sinn und der Wert dieser angestrengten Tätigkeit?
Wie sind all diese Güter zu nutzen? Was
ist das Ziel dieses individuellen und kollektiven Bemühens?
Die Kirche hütet das bei ihr
hinterlegte Wort Gottes, aus dem die Grundsätze der religiösen und sittlichen
Ordnung gewonnen werden, wenn sie auch nicht immer zu allen einzelnen Fragen
eine fertige Antwort bereit hat; und so ist es ihr Wunsch, das Licht der
Offenbarung mit der Sachkenntnis aller Menschen in Verbindung zu bringen, damit
der Weg, den die Menschheit neuerdings nimmt, erhellt werde.
34. Der Wert des menschlichen
Schaffens
Eines steht für die Glaubenden fest:
das persönliche und gemeinsame menschliche Schaffen, dieses gewaltige Bemühen
der Menschen im Lauf der Jahrhunderte, ihre Lebensbedingungen stets zu
verbessern, entspricht als solches der Absicht Gottes.
Der nach Gottes Bild geschaffene Mensch
hat ja den Auftrag erhalten, sich die Erde mit allem, was zu ihr gehört, zu
unterwerfen, die Welt in Gerechtigkeit und Heiligkeit zu regieren (1) und durch
die Anerkennung Gottes als des Schöpfers aller Dinge sich selbst und die
Gesamtheit der Wirklichkeit auf Gott hinzuordnen, so daß alles dem Menschen
unterworfen und Gottes Name wunderbar sei auf der ganzen Erde (2).
Das gilt auch für das gewöhnliche
alltägliche Tun; denn Männer und Frauen, die, etwa beim Erwerb des
Lebensunterhalts für sich und ihre Familie, ihre Tätigkeit so ausüben, daß sie
ein entsprechender Dienst für die Gemeinschaft ist, dürfen überzeugt sein, daß
sie durch ihre Arbeit das Werk des Schöpfers weiterentwickeln, daß sie für die
Wohlfahrt ihrer Brüder sorgen und durch ihre persönliche Bemühung zur
geschichtlichen Erfüllung des göttlichen Plans beitragen (3). Den Christen liegt
es deshalb fern, zu glauben, daß die von des Menschen Geist und Kraft
geschaffenen Werke einen Gegensatz zu Gottes Macht bilden oder daß das mit
Vernunft begabte Geschöpf sozusagen als Rivale dem Schöpfer gegenübertrete. Im
Gegenteil, sie sind überzeugt, daß die Siege der Menschheit ein Zeichen der
Größe Gottes und die Frucht seines unergründlichen Ratschlusses sind. Je mehr
aber die Macht der Menschen wächst, desto mehr weitet sich ihre Verantwortung,
sowohl die der Einzelnen wie die der Gemeinschaften.
Daraus wird klar, daß die christliche
Botschaft die Menschen nicht vom Aufbau der Welt ablenkt noch zur
Vernachlässigung des Wohls ihrer Mitmenschen hintreibt, sondern sie vielmehr
strenger zur Bewältigung dieser Aufgaben verpflichtet (4).
35. Die Ordnung des menschlichen
Schaffens
So wie das menschliche Schaffen aus dem
Menschen hervorgeht, so ist es auch auf den Menschen hingeordnet.
Durch sein Werk formt der Mensch
nämlich nicht nur die Dinge und die Gesellschaft um, sondern vervollkommnet er
auch sich selbst. Er lernt vieles, entwickelt seine Fähigkeiten, überschreitet
sich und wächst über sich empor.
Ein Wachstum dieser Art ist, richtig
verstanden, mehr wert als zusammengeraffter äußerer Reichtum. Der Wert des
Menschen liegt mehr in ihm selbst als in seinem Besitz (5).
Ebenso ist alles, was die Menschen zur
Erreichung einer größeren Gerechtigkeit, einer umfassenderen Brüderlichkeit und
einer humaneren Ordnung der gesellschaftlichen Verflechtungen tun, wertvoller
als der technische Fortschritt. Dieser technische Fortschritt kann nämlich
gewissermaßen die Basis für den menschlichen Aufstieg bieten; den Aufstieg
selbst wird er von sich allein aus keineswegs verwirklichen.
Richtschnur für das menschliche
Schaffen ist daher, daß es gemäß dem Plan und Willen Gottes mit dem echten Wohl
der Menschheit übereinstimme und dem Menschen als Einzelwesen und als Glied der
Gesellschaft gestatte, seiner ganzen Berufung nachzukommen und sie zu erfüllen.
36. Die richtige Autonomie der
irdischen Wirklichkeiten
Nun scheinen viele unserer Zeitgenossen
zu befürchten, daß durch eine engere Verbindung des menschlichen Schaffens mit
der Religion die Autonomie des Menschen, der Gesellschaften und der
Wissenschaften bedroht werde.
Wenn wir unter Autonomie der irdischen
Wirklichkeiten verstehen, daß die geschaffenen Dinge und auch die Gesellschaften
ihre eigenen Gesetze und Werte haben, die der Mensch schrittweise erkennen,
gebrauchen und gestalten muß, dann ist es durchaus berechtigt, diese Autonomie
zu fordern. Das ist nicht nur eine Forderung der Menschen unserer Zeit, sondern
entspricht auch dem Willen des Schöpfers.
Durch ihr Geschaffensein selber nämlich
haben alle Einzelwirklichkeiten ihren festen Eigenstand, ihre eigene Wahrheit,
ihre eigene Gutheit sowie ihre Eigengesetzlichkeit und ihre eigenen Ordnungen,
die der Mensch unter Anerkennung der den einzelnen Wissenschaften und Techniken
eigenen Methode achten muß.
Vorausgesetzt, daß die methodische
Forschung in allen Wissensbereichen in einer wirklich wissenschaftlichen Weise
und gemäß den Normen der Sittlichkeit vorgeht, wird sie niemals in einen echten
Konflikt mit dem Glauben kommen, weil die Wirklichkeiten des profanen Bereichs
und die des Glaubens in demselben Gott ihren Ursprung haben (6).
Ja wer bescheiden und ausdauernd die
Geheimnisse der Wirklichkeit zu erforschen versucht, wird, auch wenn er sich
dessen nicht bewußt ist, von dem Gott an der Hand geführt, der alle Wirklichkeit
trägt und sie in sein Eigensein einsetzt.
Deshalb sind gewisse Geisteshaltungen,
die einst auch unter Christen wegen eines unzulänglichen Verständnisses für die
legitime Autonomie der Wissenschaft vorkamen, zu bedauern. Durch die dadurch
entfachten Streitigkeiten und Auseinandersetzungen schufen sie in der Mentalität
vieler die Überzeugung von einem Widerspruch zwischen Glauben und Wissenschaft
(7).
Wird aber mit den Worten "Autonomie der
zeitlichen Dinge" gemeint, daß die geschaffenen Dinge nicht von Gott abhängen
und der Mensch sie ohne Bezug auf den Schöpfer gebrauchen könne, so spürt jeder,
der Gott anerkennt, wie falsch eine solche Auffassung ist.
Denn das Geschöpf sinkt ohne den
Schöpfer ins Nichts.
Zudem haben alle Glaubenden, gleich,
welcher Religion sie zugehören, die Stimme und Bekundung Gottes immer durch die
Sprache der Geschöpfe vernommen.
Überdies wird das Geschöpf selbst durch
das Vergessen Gottes unverständlich.
37. Das von der Sünde verderbte
menschliche Schaffen
Die Heilige Schrift aber, der die
Erfahrung aller Zeiten zustimmt, belehrt die Menschheitsfamilie, daß der
menschliche Fortschritt, der ein großes Gut für den Menschen ist, freilich auch
eine große Versuchung mit sich bringt:
Dadurch, daß die Wertordnung verzerrt
und Böses mit Gutem vermengt wird, beachten die einzelnen Menschen und Gruppen
nur das, was ihnen, nicht aber was den anderen zukommt. Daher ist die Welt nicht
mehr der Raum der wahren Brüderlichkeit, sondern die gesteigerte Macht der
Menschheit bedroht bereits diese selbst mit Vernichtung.
Die ganze Geschichte der Menschheit
durchzieht ein harter Kampf gegen die Mächte der Finsternis, ein Kampf, der
schon am Anfang der Welt begann und nach dem Wort des Herrn (8) bis zum letzten
Tag andauern wird.
Der einzelne Mensch muß, in diesen
Streit hineingezogen, beständig kämpfen um seine Entscheidung für das Gute, und
nur mit großer Anstrengung kann er in sich mit Gottes Gnadenhilfe seine eigene
innere Einheit erreichen. Deshalb kann die Kirche Christi, obwohl sie im
Vertrauen auf den Plan des Schöpfers anerkennt, daß der menschliche Fortschritt
zum wahren Glück der Menschen zu dienen vermag, nicht davon absehen, das Wort
des Apostels einzuschärfen: "Macht euch nicht dieser Welt gleichförmig" (Röm
12,2), das heißt, dem Geist des leeren Stolzes und der Bosheit, der das auf
den Dienst Gottes und des Menschen hingeordnete menschliche Schaffen in ein
Werkzeug der Sünde verkehrt.
Vor der Frage, wie dieses Elend
überwunden werden kann, bekennen die Christen, daß alles Tun des Menschen, das
durch Stolz und ungeordnete Selbstliebe täglich gefährdet ist, durch Christi
Kreuz und Auferstehung gereinigt und zur Vollendung gebracht werden muß.
Als von Christus erlöst und im Heiligen
Geist zu einem neuen Geschöpf gemacht, kann und muß der Mensch die von Gott
geschaffenen Dinge lieben.
Von Gott empfängt er sie, er betrachtet
und schätzt sie als Gaben aus Gottes Hand.
Er dankt seinem Wohltäter für die
Gaben; in Armut und Freiheit des Geistes gebraucht und genießt er das
Geschaffene; so kommt er in den wahren Besitz der Welt als einer, der nichts hat
und doch alles besitzt9. "Alles gehört euch, ihr aber gehört Christus und
Christus Gott" (1 Kor 3,22-23).
38. Das im Ostergeheimnis zur
Vollendung geführte menschliche Schaffen
Das Wort Gottes, durch das alles
geworden ist, ist selbst Fleisch geworden und ist, auf der Erde der Menschen
wohnend (10), als wirklicher Mensch in die Geschichte der Welt eingetreten, hat
sie sich zu eigen gemacht und in sich zusammengefaßt (11). Er offenbart uns,
"daß Gott die Liebe ist" (1 Joh 4,8), und belehrt uns zugleich, daß das
Grundgesetz der menschlichen Vervollkommnung und deshalb auch der Umwandlung der
Welt das neue Gebot der Liebe ist.
Denen also, die der göttlichen Liebe
glauben, gibt er die Sicherheit, daß allen Menschen der Weg der Liebe offensteht
und daß der Versuch, eine allumfassende Brüderlichkeit herzustellen, nicht
vergeblich ist.
Zugleich mahnt er, dieser Liebe nicht
nur in großen Dingen nachzustreben, sondern auch und besonders in den
gewöhnlichen Lebensverhältnissen.
Für uns Sünder alle nahm er den Tod auf
sich (12) und belehrt uns so durch sein Beispiel, daß auch das Kreuz getragen
werden muß, das Fleisch und Welt denen auf die Schultern legen, die Frieden und
Gerechtigkeit suchen. Durch seine Auferstehung zum Herrn bestellt, wirkt
Christus, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist (13), schon durch
die Kraft seines Geistes in den Herzen der Menschen dadurch, daß er nicht nur
das Verlangen nach der zukünftigen Welt in ihnen weckt, sondern eben dadurch
auch jene selbstlosen Bestrebungen belebt, reinigt und stärkt, durch die die
Menschheitsfamilie sich bemüht, ihr eigenes Leben humaner zu gestalten und die
ganze Erde diesem Ziel dienstbar zu machen.
Verschieden sind jedoch die Gaben des
Geistes: die einen beruft er dazu, daß sie das Verlangen nach der Heimat bei
Gott deutlich bezeugen und es in der Menschheitsfamilie lebendig erhalten;
andere beruft er, damit sie im irdischen Bereich den Menschen hingebungsvoll
dienen und so durch ihren Beruf die Voraussetzungen für das Himmelreich
schaffen. Alle aber befreit er, damit sie durch Absage an ihren Egoismus und
unter Dienstbarmachung aller Naturkräfte für das menschliche Leben nach jener
Zukunft streben, in der die Menschheit selbst eine Gott angenehme Opfergabe wird
(14).
Ein Angeld dieser Hoffnung und eine
Wegzehrung hinterließ der Herr den Seinen in jenem Sakrament des Glaubens, in
dem unter der Pflege des Menschen gewachsene Früchte der Natur in den Leib und
das Blut des verherrlichten Herrn verwandelt werden zum Abendmahl brüderlicher
Gemeinschaft und als Vorfeier des himmlischen Gastmahls.
39. Die neue Erde
und der neue Himmel
Den Zeitpunkt der Vollendung der Erde
und der Menschheit kennen wir nicht (15), und auch die Weise wissen wir nicht,
wie das Universum umgestaltet werden soll. Es vergeht zwar die Gestalt dieser
Welt, die durch die Sünde mißgestaltet ist (16), aber wir werden belehrt, daß
Gott eine neue Wohnstätte und eine neue Erde bereitet, auf der die Gerechtigkeit
wohnt (17), deren Seligkeit jede Sehnsucht nach Frieden in den Herzen der
Menschen erfüllt und übertrifft (18).
Der Tod wird besiegt sein, die Kinder
Gottes werden in Christus auferweckt werden, und was in Schwachheit und
Verweslichkeit gesät wurde, wird sich mit Unverweslichkeit bekleiden (19). Die
Liebe wird bleiben wie das, was sie einst getan hat (20), und die ganze
Schöpfung, die Gott um des Menschen willen schuf, wird von der Knechtschaft der
Vergänglichkeit befreit sein (21).
Zwar werden wir gemahnt, daß es dem
Menschen nichts nützt, wenn er die ganze Welt gewinnt, sich selbst jedoch ins
Verderben bringt (22); dennoch darf die Erwartung der neuen Erde die Sorge für
die Gestaltung dieser Erde nicht abschwächen, auf der uns der wachsende Leib der
neuen Menschenfamilie eine umrißhafte Vorstellung von der künftigen Welt geben
kann, sondern muß sie im Gegenteil ermutigen.
Obschon der irdische Fortschritt
eindeutig vom Wachstum des Reiches Christi zu unterscheiden ist, so hat er doch
große Bedeutung für das Reich Gottes, insofern er zu einer besseren Ordnung der
menschlichen Gesellschaft beitragen kann (23). Alle guten Erträgnisse der Natur
und unserer Bemühungen nämlich, die Güter menschlicher Würde, brüderlicher
Gemeinschaft und Freiheit, müssen im Geist des Herrn und gemäß seinem Gebot auf
Erden gemehrt werden; dann werden wir sie wiederfinden, gereinigt von jedem
Makel, lichtvoll und verklärt, dann nämlich, wenn Christus dem Vater "ein
ewiges, allumfassendes Reich übergeben wird: das Reich der Wahrheit und des
Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der
Liebe und des Friedens" (24).
Hier auf Erden ist das Reich schon im
Geheimnis da; beim Kommen des Herrn erreicht es seine Vollendung.
KAPITEL IV
DIE AUFGABE DER KIRCHE IN DER WELT VON
HEUTE
40. Die gegenseitige Beziehung
von Kirche und Welt
Alles, was wir über die Würde der
menschlichen Person, die menschliche Gemeinschaft und über den letzten Sinn des
menschlichen Schaffens gesagt haben, bildet das Fundament für die Beziehung
zwischen Kirche und Welt wie auch die Grundlage ihres gegenseitigen Dialogs (1).
Unter Voraussetzung all der bisherigen
Aussagen dieses Konzils über das Geheimnis der Kirche ist sie nun darzustellen,
insofern sie gerade in dieser Welt besteht und mit ihr lebt und wirkt.
Hervorgegangen aus der Liebe des ewigen
Vaters (2), in der Zeit gestiftet von Christus dem Erlöser, geeint im Heiligen
Geist (3), hat die Kirche das endzeitliche Heil zum Ziel, das erst in der
künftigen Weltzeit voll verwirklicht werden kann. Sie ist aber schon hier auf
Erden anwesend, gesammelt aus Menschen, Gliedern des irdischen Gemeinwesens, die
dazu berufen sind, schon in dieser geschichtlichen Zeit der Menschheit die
Familie der Kinder Gottes zu bilden, die bis zur Ankunft des Herrn stetig
wachsen soll. Der himmlischen Güter willen geeint und von ihnen erfüllt, ist
diese Familie von Christus "in dieser Welt als Gesellschaft verfaßt und
geordnet" (4) und "mit geeigneten Mitteln sichtbarer und gesellschaftlicher
Einheit" (5) ausgerüstet. So geht denn diese Kirche, zugleich "sichtbare
Versammlung und geistliche Gemeinschaft" (6), den Weg mit der ganzen Menschheit
gemeinsam und erfährt das gleiche irdische Geschick mit der Welt und ist
gewissermaßen der Sauerteig und die Seele der in Christus zu erneuernden und in
die Familie Gottes umzugestaltenden menschlichen Gesellschaft (7). Dieses
Ineinander des irdischen und himmlischen Gemeinwesens kann nur im Glauben
begriffen werden, ja es bleibt ein Geheimnis der menschlichen Geschichte, die
bis zur vollen Offenbarung der Herrlichkeit der Kinder Gottes durch die Sünde
verwirrt ist.
In Verfolgung ihrer eigenen
Heilsabsicht vermittelt die Kirche nicht nur den Menschen das göttliche Leben,
sondern läßt dessen Widerschein mehr oder weniger auf die ganze Welt fallen, vor
allem durch die Heilung und Hebung der menschlichen Personwürde, durch die
Festigung des menschlichen Gemeinschaftsgefüges, durch die Erfüllung des
alltäglichen menschlichen Schaffens mit tieferer Sinnhaftigkeit und Bedeutung.
So glaubt die Kirche durch ihre einzelnen Glieder und als ganze viel zu einer
humaneren Gestaltung der Menschenfamilie und ihrer Geschichte beitragen zu
können.
Unbefangen schätzt zudem die
katholische Kirche all das hoch, was zur Erfüllung derselben Aufgabe die anderen
christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in Zusammenarbeit
beigetragen haben und noch beitragen.
Zugleich ist sie der festen
Überzeugung, daß sie selbst von der Welt, sei es von einzelnen Menschen, sei es
von der menschlichen Gesellschaft, durch deren Möglichkeiten und Bemühungen
viele und mannigfache Hilfe zur Wegbereitung für das Evangelium erfahren kann.
Zur sachgemäßen Förderung dieser gegenseitigen Beziehung und Hilfe in jenem
Bereich, der Kirche und Welt gewissermaßen gemeinsam ist, werden hier einige
allgemeinere Grundsätze vorgelegt.
41. Die Hilfe, welche die Kirche
den einzelnen Menschen leisten möchte
Der heutige Mensch ist unterwegs zur
volleren Entwicklung seiner Persönlichkeit und zu einer immer tieferen Einsicht
und Durchsetzung seiner Rechte. Da es aber der Kirche anvertraut ist, das
Geheimnis Gottes, des letzten Zieles der Menschen, offenkundig zu machen,
erschließt sie dem Menschen gleichzeitig das Verständnis seiner eigenen
Existenz, das heißt die letzte Wahrheit über den Menschen.
Die Kirche weiß sehr wohl, daß Gott,
dem sie dient, allein die Antwort ist auf das tiefste Sehnen des menschlichen
Herzens, das an den Gaben der Erde nie voll sich sättigen kann.
Sie weiß auch darum, daß der Mensch
unter dem ständigen Antrieb des Geistes Gottes niemals dem Problem der Religion
gegenüber ganz gleichgültig sein kann, wie es nicht nur die Erfahrung so vieler
vergangener Jahrhunderte, sondern auch das vielfältige Zeugnis unserer Zeit
beweist.
Denn immer wird der Mensch wenigstens
ahnungsweise Verlangen in sich tragen, zu wissen, was die Bedeutung seines
Lebens, seines Schaffens und seines Todes ist. Schon das reine Dasein der Kirche
als solches erinnert ihn an diese Probleme. Gott allein, der den Menschen nach
seinem Bild geschaffen und von der Sünde erlöst hat, gibt auf diese Fragen die
erschöpfende Antwort in seiner Offenbarung in seinem Sohn, der Mensch geworden
ist.
Wer Christus, dem vollkommenen
Menschen, folgt, wird auch selbst mehr Mensch.
Aus diesem Glauben heraus vermag die
Kirche die Würde des menschlichen Wesens allen Meinungsschwankungen zu
entziehen, die z.B. den menschlichen Leib zu sehr abwerten oder über das rechte
Maß emporheben.
Durch kein menschliches Gesetz können
die personale Würde und die Freiheit des Menschen so wirksam geschützt werden
wie durch das Evangelium Christi, das der Kirche anvertraut ist.
Diese Frohbotschaft nämlich verkündet
und proklamiert die Freiheit der Kinder Gottes; sie verwirft jede Art von
Knechtschaft, die letztlich aus der Sünde stammt (8); sie respektiert sorgfältig
die Würde des Gewissens und seiner freien Entscheidung; unablässig mahnt sie
dazu, alle menschlichen Talente im Dienst Gottes und zum Wohl der Menschen
Frucht bringen zu lassen; alle endlich empfiehlt sie der Liebe aller (9).
Dies entspricht dem grundlegenden
Gesetz der christlichen Heilsordnung.
Wenn auch derselbe Gott Schöpfer und
Erlöser ist, Herr der Profangeschichte und der Heilsgeschichte, so wird doch in
eben dieser göttlichen Ordnung die richtige Autonomie der Schöpfung und
besonders des Menschen nicht nur nicht aufgehoben, sondern vielmehr in ihre
eigene Würde eingesetzt und in ihr befestigt.
Kraft des ihr anvertrauten Evangeliums
verkündet also die Kirche die Rechte des Menschen, und sie anerkennt und schätzt
die Dynamik der Gegenwart, die diese Rechte überall fördert.
Freilich muß diese Bewegung vom Geist
des Evangeliums erfüllt und gegen jede Art falscher Autonomie geschützt werden.
Wir sind nämlich der Versuchung
ausgesetzt, unsere persönlichen Rechte nur dann für voll gewahrt zu halten, wenn
wir jeder Norm des göttlichen Gesetzes ledig wären.
Auf diesem Wege aber geht die Würde der
menschlichen Person, statt gewahrt zu werden, eher verloren.
42. Die Hilfe, welche die Kirche
der menschlichen Gemeinschaft bringen möchte
Die Einheit der menschlichen Familie
wird durch die Einheit der Familie der Kinder Gottes, die in Christus begründet
ist (10), in vieler Hinsicht gestärkt und erfüllt. Die ihr eigene Sendung, die
Christus der Kirche übertragen hat, bezieht sich zwar nicht auf den politischen,
wirtschaftlichen oder sozialen Bereich: das Ziel, das Christus ihr gesetzt hat,
gehört ja der religiösen Ordnung an (11).
Doch fließen aus eben dieser religiösen
Sendung Auftrag, Licht und Kraft, um der menschlichen Gemeinschaft zu Aufbau und
Festigung nach göttlichem Gesetz behilflich zu sein.
Ja wo es nötig ist, kann und muß sie
selbst je nach den Umständen von Zeit und Ort Werke zum Dienst an allen,
besonders an den Armen, in Gang bringen, wie z. B. Werke der Barmherzigkeit oder
andere dieser Art.
Die Kirche anerkennt weiterhin, was an
Gutem in der heutigen gesellschaftlichen Dynamik vorhanden ist, besonders die
Entwicklung hin zur Einheit, den Prozeß einer gesunden Sozialisation und
Vergesellschaftung im bürgerlichen und wirtschaftlichen Bereich. Förderung von
Einheit hängt ja mit der letzten Sendung der Kirche zusammen, da sie "in
Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die
innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit" (12)
ist. So zeigt sie der Welt, daß die wahre Einheit in der äußeren
gesellschaftlichen Sphäre aus einer Einheit der Gesinnungen und Herzen erwächst,
aus jenem Glauben und jener Liebe nämlich, auf denen im Heiligen Geist ihre
unauflösliche Einheit beruht.
Die Kraft nämlich, die die Kirche der
menschlichen Gesellschaft von heute mitzuteilen vermag, ist jener Glaube und
jene Liebe, die sich in Tat und Wahrheit des Lebens auswirken, nicht aber
irgendeine äußere, mit rein menschlichen Mitteln ausgeübte Herrschaft. Da sie
weiterhin kraft ihrer Sendung und Natur an keine besondere Form menschlicher
Kultur und an kein besonderes politisches, wirtschaftliches oder
gesellschaftliches System gebunden ist, kann die Kirche kraft dieser ihrer
Universalität ein ganz enges Band zwischen den verschiedenen menschlichen
Gemeinschaften und Nationen bilden. Nur müssen diese ihr Vertrauen schenken und
ihr wahre Freiheit zur Erfüllung dieser ihrer Sendung ehrlich zuerkennen. So
mahnt denn die Kirche ihre Kinder, aber auch alle Menschen, sie sollen in diesem
Familiengeist der Gotteskinder alle Zwistigkeiten zwischen den Nationen und den
Rassen überwinden und von innen her den legitimen menschlichen
Vergesellschaftungen Festigkeit verleihen. Mit großer Achtung blickt das Konzil
auf alles Wahre, Gute und Gerechte, das sich die Menschheit in den verschiedenen
Institutionen geschaffen hat und immer neu schafft. Es erklärt auch, daß die
Kirche alle diese Einrichtungen unterstützen und fördern will, soweit es von ihr
abhängt und sich mit ihrer Sendung vereinbaren läßt.
Sie selbst hat keinen dringlicheren
Wunsch, als sich selbst im Dienst des Wohles aller frei entfalten zu können
unter jeglicher Regierungsform, die die Grundrechte der Person und der Familie
und die Erfordernisse des Gemeinwohls anerkennt.
43. Die Hilfe, mit der die Kirche
durch die Christen das menschliche Schaffen unterstützen möchte
Das Konzil fordert die Christen, die
Bürger beider Gemeinwesen, auf, nach treuer Erfüllung ihrer irdischen Pflichten
zu streben, und dies im Geist des Evangeliums.
Die Wahrheit verfehlen die, die im
Bewußtsein, hier keine bleibende Stätte zu haben, sondern die künftige zu suchen
(13), darum meinen, sie könnten ihre irdischen Pflichten vernachlässigen, und so
verkennen, daß sie, nach Maßgabe der jedem zuteil gewordenen Berufung, gerade
durch den Glauben selbst um so mehr zu deren Erfüllung verpflichtet sind (14).
Im selben Grade aber irren die, die
umgekehrt meinen, so im irdischen Tun und Treiben aufgehen zu können, als hätte
das darum gar nichts mit dem religiösen Leben zu tun, weil dieses nach ihrer
Meinung in bloßen Kultakten und in der Erfüllung gewisser moralischer Pflichten
besteht.
Diese Spaltung bei vielen zwischen dem
Glauben, den man bekennt, und dem täglichen Leben gehört zu den schweren
Verirrungen unserer Zeit.
Dieses Ärgernis haben schon die
Propheten im Alten Bund heftig angegriffen (15), und noch viel strenger hat es
Jesus Christus selbst im Neuen Bund mit schweren Strafen bedroht (16).
Man darf keinen künstlichen Gegensatz
zwischen beruflicher und gesellschaftlicher Tätigkeit auf der einen Seite und
dem religiösen Leben auf der anderen konstruieren. Ein Christ, der seine
irdischen Pflichten vernachlässigt, versäumt damit seine Pflichten gegenüber dem
Nächsten, ja gegen Gott selbst und bringt sein ewiges Heil in Gefahr.
Die Christen sollen vielmehr froh sein,
in der Nachfolge Christi, der als Handwerker gearbeitet hat, ihre ganze irdische
Arbeit so leisten zu können, daß sie ihre menschlichen, häuslichen, beruflichen,
wissenschaftlichen oder technischen Anstrengungen mit den religiösen Werten zu
einer lebendigen Synthese verbinden; wenn diese Werte nämlich die letzte
Sinngebung bestimmen, wird alles auf Gottes Ehre hingeordnet. Die Laien sind
eigentlich, wenn auch nicht ausschließlich, zuständig für die weltlichen
Aufgaben und Tätigkeiten. Wenn sie also, sei es als Einzelne, sei es in Gruppen,
als Bürger dieser Welt handeln, so sollen sie nicht nur die jedem einzelnen
Bereich eigenen Gesetze beobachten, sondern sich zugleich um gutes fachliches
Wissen und Können in den einzelnen Sachgebieten bemühen. Sie sollen
bereitwilligst mit denen, die die gleichen Aufgaben haben wie sie,
zusammenarbeiten. In Anerkennung der Forderungen des Glaubens und in seiner
Kraft sollen sie, wo es geboten ist, mit Entschlossenheit Neues planen und
ausführen.
Aufgabe ihres dazu von vornherein
richtig geschulten Gewissens ist es, das Gebot Gottes im Leben der profanen
Gesellschaft zur Geltung zu bringen. Von den Priestern aber dürfen die Laien
Licht und geistliche Kraft erwarten.
Sie mögen aber nicht meinen, ihre
Seelsorger seien immer in dem Grade kompetent, daß sie in jeder, zuweilen auch
schweren Frage, die gerade auftaucht, eine konkrete Lösung schon fertig haben
könnten oder die Sendung dazu hätten. Die Laien selbst sollen vielmehr im Licht
christlicher Weisheit und unter Berücksichtigung der Lehre des kirchlichen
Lehramtes (17) darin ihre eigene Aufgabe wahrnehmen.
Oftmals wird gerade eine christliche
Schau der Dinge ihnen eine bestimmte Lösung in einer konkreten Situation
nahelegen. Aber andere Christen werden vielleicht, wie es häufiger, und zwar
legitim, der Fall ist, bei gleicher Gewissenhaftigkeit in der gleichen Frage zu
einem anderen Urteil kommen.
Wenn dann die beiderseitigen Lösungen,
auch gegen den Willen der Parteien, von vielen andern sehr leicht als eindeutige
Folgerung aus der Botschaft des Evangeliums betrachtet werden, so müßte doch
klar bleiben, daß in solchen Fällen niemand das Recht hat, die Autorität der
Kirche ausschließlich für sich und seine eigene Meinung in Anspruch zu nehmen.
Immer aber sollen sie in einem offenen
Dialog sich gegenseitig zur Klärung der Frage zu helfen suchen; dabei sollen sie
die gegenseitige Liebe bewahren und vor allem auf das Gemeinwohl bedacht sein.
Die Laien aber, die am ganzen Leben der
Kirche ihren tätigen Anteil haben, sind nicht nur gehalten, die Welt mit
christlichem Geist zu durchdringen, sondern sie sind auch dazu berufen, überall,
und zwar inmitten der menschlichen Schicksalsgemeinschaft, Christi Zeugen zu
sein.
Die Bischöfe aber, denen das Amt, die
Kirche Gottes zu leiten, anvertraut ist, sollen mit ihren Priestern die
Botschaft Christi so verkündigen, daß alle irdischen Tätigkeiten der Gläubigen
von dem Licht des Evangeliums erhellt werden.
Zudem sollen alle Seelsorger bemüht
sein, in ihrer Lebensführung und ihrem Berufseifer (18) der Welt ein solches
Antlitz der Kirche zu zeigen, daß die Menschen sich daran ein Urteil über die
Kraft und Wahrheit der christlichen Botschaft bilden können. In Leben und Wort
sollen sie zusammen mit den Ordensleuten und ihren Gläubigen beweisen, daß die
Kirche mit all ihren Gütern schon durch ihre bloße Gegenwart eine
unerschöpfliche Quelle jener sittlichen Kräfte ist, deren die heutige Welt so
sehr bedarf.
Durch beharrliches Studium sollen sie
sich fähig machen, zum Dialog mit der Welt und mit Menschen jedweder
Weltanschauung ihren Beitrag zu leisten.
Besonders aber sollen sie die Worte
dieses Konzils beherzigen: "Weil die Menschheit heute mehr und mehr zur Einheit
im bürgerlichen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich zusammenwächst, sollen
die Priester um so mehr in vereinter Sorge und Arbeit unter Leitung der Bischöfe
und des Papstes jede Art von Spaltung beseitigen, damit die ganze Menschheit der
Einheit der Familie Gottes zugeführt werde." (19)
Obwohl die Kirche in der Kraft des
Heiligen Geistes die treue Braut des Herrn geblieben ist und niemals aufgehört
hat, das Zeichen des Heils in der Welt zu sein, so weiß sie doch klar, daß unter
ihren Gliedern (20), ob Klerikern oder Laien, im Lauf so vieler Jahrhunderte
immer auch Untreue gegen den Geist Gottes sich fand,
Auch in unserer Zeit weiß die Kirche,
wie groß der Abstand ist zwischen der von ihr verkündeten Botschaft und der
menschlichen Armseligkeit derer, denen das Evangelium anvertraut ist. Wie immer
auch die Geschichte über all dies Versagen urteilen mag, wir selber dürfen
dieses Versagen nicht vergessen, sondern müssen es unerbittlich bekämpfen, damit
es der Verbreitung des Evangeliums nicht schade. Die Kirche weiß auch, wie sehr
sie selbst in ihrer lebendigen Beziehung zur Welt an der Erfahrung der
Geschichte immerfort reifen muß.
Vom Heiligen Geist geführt, mahnt die
Mutter Kirche unablässig ihre Kinder "zur Läuterung und Erneuerung, damit das
Zeichen Christi auf dem Antlitz der Kirche klarer erstrahle" (21).
44. Die Hilfe, welche die Kirche
von der heutigen Welt erfährt
Wie es aber im Interesse der Welt
liegt, die Kirche als gesellschaftliche Wirklichkeit der Geschichte und als
deren Ferment anzuerkennen, so ist sich die Kirche auch darüber im klaren,
wieviel sie selbst der Geschichte und Entwicklung der Menschheit verdankt. Die
Erfahrung der geschichtlichen Vergangenheit, der Fortschritt der Wissenschaften,
die Reichtümer, die in den verschiedenen Formen der menschlichen Kultur liegen,
durch die die Menschennatur immer klarer zur Erscheinung kommt und neue Wege zur
Wahrheit aufgetan werden, gereichen auch der Kirche zum Vorteil.
Von Beginn ihrer Geschichte an hat sie
gelernt, die Botschaft Christi in der Vorstellungswelt und Sprache der
verschiedenen Völker auszusagen und darüber hinaus diese Botschaft mit Hilfe der
Weisheit der Philosophen zu verdeutlichen, um so das Evangelium sowohl dem
Verständnis aller als auch berechtigten Ansprüchen der Gebildeten angemessen zu
verkünden. Diese in diesem Sinne angepaßte Verkündigung des geoffenbarten Wortes
muß ein Gesetz aller Evangelisation bleiben. Denn so wird in jedem Volk die
Fähigkeit, die Botschaft Christi auf eigene Weise auszusagen, entwickelt und
zugleich der lebhafte Austausch zwischen der Kirche und den verschiedenen
nationalen Kulturen gefördert (22). Zur Steigerung dieses Austauschs bedarf die
Kirche vor allem in unserer Zeit mit ihrem schnellen Wandel der Verhältnisse und
der Vielfalt ihrer Denkweisen der besonderen Hilfe der in der Welt Stehenden,
die eine wirkliche Kenntnis der verschiedenen Institutionen und Fachgebiete
haben und die Mentalität, die in diesen am Werk ist, wirklich verstehen,
gleichgültig, ob es sich um Gläubige oder Ungläubige handelt.
Es ist jedoch Aufgabe des ganzen
Gottesvolkes, vor allem auch der Seelsorger und Theologen, unter dem Beistand
des Heiligen Geistes auf die verschiedenen Sprachen unserer Zeit zu hören, sie
zu unterscheiden, zu deuten und im Licht des Gotteswortes zu beurteilen, damit
die geoffenbarte Wahrheit immer tiefer erfaßt, besser verstanden und passender
verkündet werden kann.
Da die Kirche eine sichtbare
gesellschaftliche Struktur hat, das Zeichen ihrer Einheit in Christus, sind für
sie auch Möglichkeit und Tatsache einer Bereicherung durch die Entwicklung des
gesellschaftlichen Lebens gegeben, nicht als ob in ihrer von Christus gegebenen
Verfassung etwas fehle, sondern weil sie so tiefer erkannt, besser zur
Erscheinung gebracht und zeitgemäßer gestaltet werden kann.
Die Kirche erfährt auch dankbar, daß
sie sowohl als Gemeinschaft wie auch in ihren einzelnen Kindern mannigfaltigste
Hilfe von Menschen aus allen Ständen und Verhältnissen empfängt.
Wer nämlich die menschliche
Gemeinschaft auf der Ebene der Familie, der Kultur, des wirtschaftlichen und
sozialen Lebens, der nationalen und internationalen Politik voranbringt, leistet
nach dem Plan Gottes auch der kirchlichen Gemeinschaft, soweit diese von äußeren
Bedingungen abhängt, eine nicht unbedeutende Hilfe.
Ja selbst die Feindschaft ihrer Gegner
und Verfolger, so gesteht die Kirche, war für sie sehr nützlich und wird es
bleiben (23).
45. Christus, Alpha und Omega
Während sie selbst der Welt hilft oder
von dieser vieles empfängt, strebt die Kirche nach dem einen Ziel, nach der
Ankunft des Reiches Gottes und der Verwirklichung des Heiles der ganzen
Menschheit. Alles aber, was das Volk Gottes in der Zeit seiner irdischen
Pilgerschaft der Menschenfamilie an Gutem mitteilen kann, kommt letztlich daher,
daß die Kirche das "allumfassende Sakrament des Heiles" (24) ist, welches das
Geheimnis der Liebe Gottes zu den Menschen zugleich offenbart und verwirklicht.
Gottes Wort, durch das alles geschaffen ist, ist selbst Fleisch geworden, um in
vollkommenem Menschsein alle zu retten und das All zusammenzufassen. Der Herr
ist das Ziel der menschlichen Geschichte, der Punkt, auf den hin alle
Bestrebungen der Geschichte und der Kultur konvergieren, der Mittelpunkt der
Menschheit, die Freude aller Herzen und die Erfüllung ihrer Sehnsüchte (25). Ihn
hat der Vater von den Toten auferweckt, erhöht und zu seiner Rechten gesetzt;
ihn hat er zum Richter der Lebendigen und Toten bestellt. Von seinem Geist
belebt und geeint, schreiten wir der Vollendung der menschlichen Geschichte
entgegen, die mit dem Plan seiner Liebe zusammenfällt: "alles in Christus dem
Haupt zusammenzufassen, was im Himmel und was auf Erden ist" (Eph 1,10).
Der Herr selbst spricht: " Sieh, ich komme bald, und mein Lohn ist mit mir,
einem jeden zu vergelten nach seinen Werken. Ich bin das Alpha und das Omega,
der Erste und der Letzte, Anfang und Ende" (Offb 22,12-13).
II. HAUPTTEIL
WICHTIGERE EINZELFRAGEN
46. Vorwort
Nachdem das Konzil die Würde der
menschlichen Person und die Erfüllung der individuellen und gesellschaftlichen
Aufgabe dieser Person kraft ihrer Berufung in der ganzen Welt dargelegt hat,
lenkt das Konzil nun im Licht des Evangeliums und der menschlichen Erfahrung die
Aufmerksamkeit aller auf bestimmte besonders schwere Nöte dieser Zeit hin,
welche die Menschheit in hohem Maß bedrängen. Unter den vielen Problemen, die
heute die Sorge aller wachrufen, sollen vor allem die folgenden behandelt
werden: die Ehe und Familie, die Kultur, das wirtschaftliche, soziale und
politische Leben, die Verbindung der Völkerfamilie und der Friede. Hinsichtlich
dieser Einzelfragen sollen die lichtvollen Prinzipien, die von Christus
herkommen, verdeutlicht werden, damit durch sie die Gläubigen geleitet werden
und alle Menschen Klarheit finden bei der Suche nach der Lösung so vieler
schwieriger Probleme.
KAPITEL I
FÖRDERUNG DER WÜRDE DER EHE UND DER FAMILIE
47. Ehe und Familie in der heutigen Welt
Das Wohl der Person sowie der menschlichen und
christlichen Gesellschaft ist zuinnerst mit einem Wohlergehen der Ehe- und
Familiengemeinschaft verbunden. Darum begrüßen die Christen zusammen mit allen,
welche diese Gemeinschaft hochschätzen, aufrichtig all die verschiedenen Hilfen,
mittels derer man heute in der Förderung dieser Gemeinschaft der Liebe und im
Schutz des Lebens vorwärtskommt und Gatten und Eltern bei ihrer großen Aufgabe
unterstützt werden. Die Christen hoffen von daher auf noch bessere Resultate und
suchen dazu beizutragen.
Jedoch nicht überall erscheint die Würde dieser
Institution in gleicher Klarheit. Polygamie, um sich greifende Ehescheidung,
sogenannte freie Liebe und andere Entartungen entstellen diese Würde. Darüber
hinaus wird die eheliche Liebe öfters durch Egoismus, bloße Genußsucht und durch
unerlaubte Praktiken gegen die Fruchtbarkeit der Ehe entweiht. Außerdem tragen
die heutigen wirtschaftlichen, sozialpsychologischen und staatlichen
Verhältnisse erhebliche Störungen in die Familie hinein. Schließlich werden in
manchen Teilen der Welt die Probleme der Bevölkerungszunahme mit Besorgnis
registriert. Durch all dies wird das Gewissen der Menschen beunruhigt.
Andererseits zeigen sich Bedeutung und Stärke von Ehe und Familie als
Institution gerade dadurch, daß sogar die tiefgreifenden Veränderungen der
heutigen Gesellschaft trotz aller daraus entstehenden Schwierigkeiten sehr oft
die wahre Eigenart dieser Institution in der verschiedensten Weise deutlich
werden lassen.
Darum will das Konzil durch besondere Hervorhebung
bestimmter Hauptpunkte der kirchlichen Lehre die Christen und alle jene Menschen
belehren und bestärken, die die ursprüngliche Würde der Ehe und ihren hohen und
heiligen Wert zu schützen und zu fördern suchen.
48. Die Heiligkeit von Ehe und Familie
Die innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe in der
Ehe, vom Schöpfer begründet und mit eigenen Gesetzen geschützt, wird durch den
Ehebund, d.h. durch ein unwiderrufliches personales Einverständnis, gestiftet.
So entsteht durch den personal freien Akt, in dem sich die Eheleute gegenseitig
schenken und annehmen, eine nach göttlicher Ordnung feste Institution, und zwar
auch gegenüber der Gesellschaft. Dieses heilige Band unterliegt im Hinblick auf
das Wohl der Gatten und der Nachkommenschaft sowie auf das Wohl der Gesellschaft
nicht mehr menschlicher Willkür. Gott selbst ist Urheber der Ehe, die mit
verschiedenen Gütern und Zielen ausgestattet ist (1); sie alle sind von größter
Bedeutung für den Fortbestand der Menschheit, für den persönlichen Fortschritt
der einzelnen Familienmitglieder und ihr ewiges Heil; für die Würde, die
Festigkeit, den Frieden und das Wohlergehen der Familie selbst und der ganzen
menschlichen Gesellschaft.
Durch ihre natürliche Eigenart sind die Institutionen
der Ehe und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung von
Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung. Darum
gewähren sich Mann und Frau, die im Ehebund nicht mehr zwei sind, sondern ein
Fleisch (Mt 19,6), in inniger Verbundenheit der Personen und ihres Tuns
gegenseitige Hilfe und gegenseitigen Dienst und erfahren und vollziehen dadurch
immer mehr und voller das eigentliche Wesen ihrer Einheit.
Diese innige Vereinigung als gegenseitiges Sichschenken
zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der
Gatten und fordern ihre unauflösliche Einheit (2).
Christus der Herr hat diese Liebe, die letztlich aus
der göttlichen Liebe hervorgeht und nach dem Vorbild seiner Einheit mit der
Kirche gebildet ist, unter ihren vielen Hinsichten in reichem Maße gesegnet. Wie
nämlich Gott einst durch den Bund der Liebe und Treue seinem Volk entgegenkam
(3), so begegnet nun der Erlöser der Menschen und der Bräutigam (4) der Kirche
durch das Sakrament der Ehe den christlichen Gatten. Er bleibt fernerhin bei
ihnen, damit die Gatten sich in gegenseitiger Hingabe und ständiger Treue
lieben, so wie er selbst die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat (5).
Echte eheliche Liebe wird in die göttliche Liebe aufgenommen und durch die
erlösende Kraft Christi und die Heilsvermittlung der Kirche gelenkt und
bereichert, damit die Ehegatten wirksam zu Gott hingeführt werden und in ihrer
hohen Aufgabe als Vater und Mutter unterstützt und gefestigt werden (6). So
werden die christlichen Gatten in den Pflichten und der Würde ihres Standes
durch ein eigenes Sakrament gestärkt und gleichsam geweiht (7). In der Kraft
dieses Sakramentes erfüllen sie ihre Aufgabe in Ehe und Familie. Im Geist
Christi, durch den ihr ganzes Leben mit Glaube, Hoffnung und Liebe durchdrungen
wird, gelangen sie mehr und mehr zu ihrer eigenen Vervollkommnung, zur
gegenseitigen Heiligung und so gemeinsam zur Verherrlichung Gottes.
Wenn somit die Eltern durch ihr Beispiel und ihr
gemeinsames Gebet auf dem Weg vorausgehen, werden auch die Kinder und alle, die
in der Familiengemeinschaft leben, leichter diesen Weg des echten Menschentums,
des Heils und der Heiligkeit finden.
Die Gatten aber müssen in ihrer Würde und Aufgabe als
Vater und Mutter die Pflicht der Erziehung, vornehmlich der religiösen, die
ihnen in ganz besonderer Weise zukommt, sorgfältig erfüllen.
Die Kinder als lebendige Glieder der Familie tragen auf
ihre Weise zur Heiligung der Eltern bei. In Dankbarkeit, Ehrfurcht und Vertrauen
müssen sie das erwidern, was die Eltern ihnen Gutes tun, und ihnen, wie es
Kindern ziemt, im Unglück und in der Einsamkeit des Alters beistehen. Ein Leben,
das nach dem Tod des einen Gatten als Fortführung der bisherigen ehelichen
Berufung tapfer bejaht wird, soll von allen geachtet werden (8). Von einem
reichen geistlichen Leben soll die Familie auch anderen Familien in hochherziger
Weise mitgeben. Daher soll die christliche Familie - entsteht sie doch aus der
Ehe, die das Bild und die Teilhabe an dem Liebesbund Christi und der Kirche ist
(9) - die lebendige Gegenwart des Erlösers in der Welt und die wahre Natur der
Kirche allen kundmachen, sowohl durch die Liebe der Gatten, in hochherziger
Fruchtbarkeit, in Einheit und Treue als auch in der bereitwilligen
Zusammenarbeit aller ihrer Glieder.
49. Die eheliche Liebe
Mehrfach fordert Gottes Wort Braut- und Eheleute auf,
in keuscher Liebe ihre Brautzeit zu gestalten und in ungeteilter Liebe ihre Ehe
durchzuhalten und zu entfalten (10). Auch in unserer Zeit hat die wahre Liebe
zwischen Mann und Frau in der Ehe, wie sie sich in verschiedener Weise je nach
Volk und Zeit geziemend äußert, als hoher Wert Geltung. Diese eigentümlich
menschliche Liebe geht in frei bejahter Neigung von Person zu Person, umgreift
das Wohl der ganzen Person, vermag so den leib-seelischen Ausdrucksmöglichkeiten
eine eigene Würde zu verleihen und sie als Elemente und besondere Zeichen der
ehelichen Freundschaft zu adeln.
Diese Liebe hat der Herr durch eine besondere Gabe
seiner Gnade und Liebe geheilt, vollendet und erhöht. Eine solche Liebe, die
Menschliches und Göttliches in sich eint, führt die Gatten zur freien
gegenseitigen Übereignung ihrer selbst, die sich in zarter Zuneigung und in der
Tat bewährt, und durchdringt ihr ganzes Leben (11); ja gerade durch ihre
Selbstlosigkeit in Leben und Tun verwirklicht sie sich und wächst. Sie ist viel
mehr als bloß eine erotische Anziehung, die, egoistisch gewollt, nur zu schnell
wieder erbärmlich vergeht.
Diese Liebe wird durch den eigentlichen Vollzug der Ehe
in besonderer Weise ausgedrückt und verwirklicht. Jene Akte also, durch die die
Eheleute innigst und lauter eins werden, sind von sittlicher Würde; sie bringen,
wenn sie human vollzogen werden, jenes gegenseitige Übereignetsein zum Ausdruck
und vertiefen es, durch das sich die Gatten gegenseitig in Freude und
Dankbarkeit reich machen. Diese Liebe, die auf gegenseitige Treue gegründet und
in besonderer Weise durch Christi Sakrament geheiligt ist, bedeutet unlösliche
Treue, die in Glück und Unglück Leib und Seele umfaßt und darum unvereinbar ist
mit jedem Ehebruch und jeder Ehescheidung. Wenn wirklich durch die gegenseitige
und bedingungslose Liebe die gleiche personale Würde sowohl der Frau wie des
Mannes anerkannt wird, wird auch die vom Herrn bestätigte Einheit der Ehe
deutlich.
Um die Pflichten dieser christlichen Berufung beständig
zu erfüllen, ist ungewöhnliche Tugend erforderlich. Von daher müssen die Gatten,
durch die Gnade zu heiligem Leben gestärkt, Festigkeit in der Liebe, Seelengröße
und Opfergeist pflegen und im Gebet erbitten. Die echte eheliche Liebe wird
höher geschätzt werden, und es wird sich eine sachgerechte öffentliche Meinung
über sie bilden, wenn die christlichen Gatten durch das Zeugnis der Treue und
Harmonie in dieser Liebe und durch Sorge für die Kindererziehung sich hervortun
und ihre Pflicht erfüllen bei einer notwendigen kulturellen, psychologischen und
sozialen Erneuerung zugunsten von Ehe und Familie.
Jugendliche sollen über die Würde, die Aufgaben und den
Vollzug der ehelichen Liebe am besten im Kreis der Familie selbst rechtzeitig in
geeigneter Weise unterrichtet werden, damit sie, an keusche Zucht gewöhnt, im
entsprechenden Alter nach einer sauberen Brautzeit in die Ehe eintreten können.
50. Die Fruchtbarkeit der Ehe
Ehe und eheliche Liebe sind ihrem Wesen nach auf die
Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft ausgerichtet. Kinder sind gewiß die
vorzüglichste Gabe für die Ehe und tragen zum Wohl der Eltern selbst sehr viel
bei. Derselbe Gott, der gesagt hat: "Es ist nicht gut, daß der Mensch allein
sei" (Gen 2,28), und der "den Menschen von Anfang an als Mann und Frau
schuf" (Mt 19,14), wollte ihm eine besondere Teilnahme an seinem
schöpferischen Wirken verleihen, segnete darum Mann und Frau und sprach:
"Wachset und mehret euch" (Gen 1,28). Ohne Hintansetzung der übrigen
Eheziele sind deshalb die echte Gestaltung der ehelichen Liebe und die ganze
sich daraus ergebende Natur des Familienlebens dahin ausgerichtet, daß die
Gatten von sich aus entschlossen bereit sind zur Mitwirkung mit der Liebe des
Schöpfers und Erlösers, der durch sie seine eigene Familie immer mehr vergrößert
und bereichert.
In ihrer Aufgabe, menschliches Leben weiterzugeben und
zu erziehen, die als die nur ihnen zukommende Sendung zu betrachten ist, wissen
sich die Eheleute als mitwirkend mit der Liebe Gottes des Schöpfers und
gleichsam als Interpreten dieser Liebe.
Daher müssen sie in menschlicher und christlicher
Verantwortlichkeit ihre Aufgabe erfüllen und in einer auf Gott hinhörenden
Ehrfurcht durch gemeinsame Überlegung versuchen, sich ein sachgerechtes Urteil
zu bilden. Hierbei müssen sie auf ihr eigenes Wohl wie auf das ihrer Kinder -
der schon geborenen oder zu erwartenden - achten; sie müssen die materiellen und
geistigen Verhältnisse der Zeit und ihres Lebens zu erkennen suchen und
schließlich auch das Wohl der Gesamtfamilie, der weltlichen Gesellschaft und der
Kirche berücksichtigen. Dieses Urteil müssen im Angesicht Gottes die Eheleute
letztlich selbst fällen. In ihrem ganzen Verhalten seien sich die christlichen
Gatten bewußt, daß sie nicht nach eigener Willkür vorgehen können; sie müssen
sich vielmehr leiten lassen von einem Gewissen, das sich auszurichten hat am
göttlichen Gesetz; sie müssen hören auf das Lehramt der Kirche, das dieses
göttliche Gesetz im Licht des Evangeliums authentisch auslegt.
Dieses göttliche Gesetz zeigt die ganze Bedeutung der
ehelichen Liebe, schützt sie und drängt zu ihrer wahrhaft menschlichen
Vollendung.
So verherrlichen christliche Eheleute in Vertrauen auf
die göttliche Vorsehung und Opfergesinnung (12) den Schöpfer und streben zur
Vollkommenheit in Christus, indem sie in hochherziger menschlicher und
christlicher Verantwortlichkeit Kindern das Leben schenken.
Unter den Eheleuten, die diese ihnen von Gott
aufgetragene Aufgabe erfüllen, sind besonders jene zu erwähnen, die in
gemeinsamer kluger Beratung eine größere Zahl von Kindern, wenn diese
entsprechend erzogen werden können, hochherzig auf sich nehmen (13).
Die Ehe ist aber nicht nur zur Zeugung von Kindern
eingesetzt, sondern die Eigenart des unauflöslichen personalen Bundes und das
Wohl der Kinder fordern, daß auch die gegenseitige Liebe der Ehegatten ihren
gebührenden Platz behalte, wachse und reife. Wenn deshalb das - oft so
erwünschte - Kind fehlt, bleibt die Ehe dennoch als volle Lebensgemeinschaft
bestehen und behält ihren Wert sowie ihre Unauflöslichkeit.
51. Die eheliche Liebe und der Fortbestand des
menschlichen Lebens
Das Konzil weiß, daß die Gatten in ihrem Bemühen, das
Eheleben harmonisch zu gestalten, oft durch mancherlei Lebensbedingungen der
heutigen Zeit eingeengt sind und sich in einer Lage befinden, in der die Zahl
der Kinder - mindestens zeitweise - nicht vermehrt werden kann und der Vollzug
treuer Liebe und die volle Lebensgemeinschaft nur schwer gewahrt werden können.
Wo nämlich das intime eheliche Leben unterlassen wird, kann nicht selten die
Treue als Ehegut in Gefahr geraten und das Kind als Ehegut in Mitleidenschaft
gezogen werden; denn dann werden die Erziehung der Kinder und auch die tapfere
Bereitschaft zu weiteren Kindern gefährdet.
Manche wagen es, für diese Schwierigkeiten unsittliche
Lösungen anzubieten, ja sie scheuen selbst vor Tötung nicht zurück. Die Kirche
aber erinnert daran, daß es keinen wahren Widerspruch geben kann zwischen den
göttlichen Gesetzen hinsichtlich der Übermittlung des Lebens und dem, was echter
ehelicher Liebe dient.
Gott, der Herr des Lebens, hat nämlich den Menschen die
hohe Aufgabe der Erhaltung des Lebens übertragen, die auf eine menschenwürdige
Weise erfüllt werden muß. Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster
Sorgfalt zu schützen. Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuenswürdige
Verbrechen. Die geschlechtliche Anlage des Menschen und seine menschliche
Zeugungsfähigkeit überragen in wunderbarer Weise all das, was es Entsprechendes
auf niedrigeren Stufen des Lebens gibt. Deshalb sind auch die dem ehelichen
Leben eigenen Akte, die entsprechend der wahren menschlichen Würde gestaltet
sind, zu achten und zu ehren. Wo es sich um den Ausgleich zwischen ehelicher
Liebe und verantwortlicher Weitergabe des Lebens handelt, hängt die sittliche
Qualität der Handlungsweise nicht allein von der guten Absicht und Bewertung der
Motive ab, sondern auch von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der
menschlichen Person und ihrer Akte ergeben und die sowohl den vollen Sinn
gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher
Liebe wahren. Das ist nicht möglich ohne aufrichtigen Willen zur Übung der
Tugend ehelicher Keuschheit. Von diesen Prinzipien her ist es den Kindern der
Kirche nicht erlaubt, in der Geburtenregelung Wege zu beschreiten, die das
Lehramt in Auslegung des göttlichen Gesetzes verwirft (14). Mögen alle daran
denken: Das menschliche Leben und die Aufgabe, es weiterzuvermitteln, haben
nicht nur eine Bedeutung für diese Zeit und können deshalb auch nicht von daher
allein bemessen und verstanden werden, sondern haben immer eine Beziehung zu der
ewigen Bestimmung des Menschen.
52. Die Sorge aller um die Förderung von Ehe und
Familie
Die Familie ist eine Art Schule reich entfalteter
Humanität. Damit sie aber ihr Leben und ihre Sendung vollkommen verwirklichen
kann, sind herzliche Seelengemeinschaft, gemeinsame Beratung der Gatten und
sorgfältige Zusammenarbeit der Eltern bei der Erziehung der Kinder erforderlich.
Zu ihrer Erziehung trägt die anteilnehmende Gegenwart des Vaters viel bei. Aber
auch die häusliche Sorge der Mutter, deren besonders die jüngeren Kinder
bedürfen, ist zu sichern, ohne daß eine berechtigte gesellschaftliche Hebung der
Frau dadurch irgendwie beeinträchtigt wird. Die Kinder sollen so erzogen werden,
daß sie erwachsen in vollem Verständnis für ihre Verantwortung ihrer Berufung,
auch einer geistlichen, folgen und einen Lebensstand wählen können, in dem sie,
wenn sie heiraten, eine eigene Familie gründen können, und dies unter günstigen
sittlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorraussetzungen. Es ist
Aufgabe der Eltern oder Erzieher, die jungen Menschen bei der Gründung einer
Familie mit klugem Rat, den sie gern hören sollen, anzuleiten. Doch sollen sie
sich dabei hüten, sie mit direktem oder indirektem Zwang zum Eingehen einer Ehe
oder zur Wahl des Partners zu bestimmen.
So ist die Familie, in der verschiedene Generationen
zusammenleben und sich gegenseitig helfen, um zu größerer Weisheit zu gelangen
und die Rechte der einzelnen Personen mit den anderen Notwendigkeiten des
gesellschaftlichen Lebens zu vereinbaren, das Fundament der Gesellschaft.
Deshalb müssen alle, die einen Einfluß auf Gemeinden und gesellschaftliche
Gruppen haben, zur Förderung von Ehe und Familie wirksam beitragen. Die
staatliche Gewalt möge es als ihre heilige Aufgabe betrachten, die wahre
Eigenart von Ehe und Familie anzuerkennen, zu hüten und zu fördern, die
öffentliche Sittlichkeit zu schützen und den häuslichen Wohlstand zu
begünstigen. Das Recht der Eltern auf Zeugung der Nachkommenschaft und auf
Erziehung in der Familie ist zu sichern. Durch umsichtige Gesetzgebung und
andere Maßnahmen soll auch für diejenigen Sorge getragen und entsprechende Hilfe
gegeben werden, die das Gut der Familie leider entbehren müssen.
Die christlichen Laien, die die Gegenwart auszukaufen
(15) und das Ewige von den wandelbaren Formen zu unterscheiden haben, mögen die
Werte der Ehe und Familie durch das Zeugnis ihres eigenen Lebens wie durch
Zusammenarbeit mit den anderen Menschen guten Willens eifrig fördern, und so
werden sie trotz aller Schwierigkeiten für die Familie das erreichen, was sie
braucht, und auch das, was die moderne Zeit an Vorteilen bietet. Um dieses Ziel
zu erreichen, sind die christliche Gesinnung der Gläubigen, das richtige
sittliche Gewissen der Menschen und eine weise Erfahrung theologischer Fachleute
von großem Nutzen.
Die Fachleute in den Wissenschaften, besonders in
Biologie, Medizin, Sozialwissenschaften und Psychologie, können dem Wohl von Ehe
und Familie und dem Frieden des Gewissens sehr dienen, wenn sie durch ihre
gemeinsame wissenschaftliche Arbeit die Voraussetzungen für eine sittlich
einwandfreie Geburtenregelung genauer zu klären suchen.
Die Seelsorger haben die Aufgabe, unter Voraussetzung
einer genügenden Kenntnis des Familienproblems, mittels der verschiedenen
pastoralen Hilfen, durch die Verkündigung des Wortes Gottes, durch die Feier der
Liturgie und durch anderen geistlichen Beistand, die Berufung der Gatten in
ihrem Ehe- und Familienleben zu fördern, sie menschlich und geduldig in
Schwierigkeiten zu stützen und sie in der Liebe zu stärken, damit Familien von
großer Ausstrahlungskraft entstehen.
Mancherlei Einrichtungen, besonders
Familienvereinigungen, mögen den Jugendlichen und den Eheleuten selbst,
besonders den Jungverheirateten, durch Rat und Tat beistehen und helfen, sie zu
einem Familienleben hinzuführen, das seiner gesellschaftlichen und apostolischen
Aufgabe gerecht wird.
Die Ehegatten selber aber sollen, nach dem Bild des
lebendigen Gottes geschaffen, in eine wahre personale Ordnung gestellt, eines
Strebens, gleichen Sinnes und in gegenseitiger Heiligung vereint (16) sein,
damit sie, Christus, dem Ursprung des Lebens (17), folgend, in den Freuden und
Opfern ihrer Berufung durch ihre treue Liebe Zeugen jenes Liebesgeheimnisses
werden, das der Herr durch seinen Tod und seine Auferstehung der Welt
geoffenbart hat (18).
KAPITEL II
DIE RICHTIGE FÖRDERUNG DES
KULTURELLEN FORTSCHRITTS
53. Einführung
In der Person des Menschen selbst liegt
es begründet, daß sie nur durch Kultur, das heißt durch die entfaltende Pflege
der Güter und Werte der Natur, zur wahren und vollen Verwirklichung des
menschlichen Wesens gelangt. Wo immer es daher um das menschliche Leben geht,
hängen Natur und Kultur engstens zusammen.
Unter Kultur im allgemeinen versteht
man alles, wodurch der Mensch seine vielfältigen geistigen und körperlichen
Anlagen ausbildet und entfaltet; wodurch er sich die ganze Welt in Erkenntnis
und Arbeit zu unterwerfen sucht; wodurch er das gesellschaftliche Leben in der
Familie und in der ganzen bürgerlichen Gesellschaft im moralischen und
institutionellen Fortschritt menschlicher gestaltet; wodurch er endlich seine
großen geistigen Erfahrungen und Strebungen im Lauf der Zeit in seinen Werken
vergegenständlicht, mitteilt und ihnen Dauer verleiht zum Segen vieler, ja der
ganzen Menschheit.
Daraus folgt, daß die Kultur des
Menschen notwendig eine geschichtliche und eine gesellschaftliche Seite hat und
darum der Begriff der Kultur meist das Gesellschaftliche und das Völkische
mitbezeichnet. In diesem Sinn spricht man von Kulturen im Plural. Denn aus der
verschiedenen Weise des Gebrauchs der Sachen, der Arbeitsgestaltung, der
Selbstdarstellung, der Religion und der Sittlichkeit, der Gesetzgebung und der
rechtlichen Institution, der Entfaltung von Wissenschaft, Technik und Kunst
entsteht eine Verschiedenheit der gemeinschaftlichen Lebensformen und der
Gestalten, in denen die Lebenswerte zu einer Einheit zusammentreten. So bildet
sich aus den überlieferten Einrichtungen ein jeder menschlichen Gemeinschaft
eigentümliches Erbe. So entsteht für den Menschen jedweden Volkes und jeder Zeit
auch eine abgegrenzte und geschichtliche Umwelt, in die er eingefügt bleibt und
von der her er die Werte zur Weiterentwicklung der menschlichen und
gesellschaftlichen Kultur empfängt.
Erster Abschnitt: Die Situation der
Kultur in der Welt von heute
54. Neue Lebensformen
Die Lebensbedingungen des modernen
Menschen sind in gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht zutiefst verändert,
so daß man von einer neuen Epoche der Menschheitsgeschichte sprechen darf (1).
Somit öffnen sich neue Wege zur Entwicklung und weiteren Ausbreitung der Kultur
durch das unerhörte Wachstum der Natur- und Geisteswissenschaften, auch der
Gesellschaftswissenschaften, die Ausweitung der Technik sowie den Fortschritt im
Ausbau und in der guten Organisation der Kommunikationsmittel. Dementsprechend
ist die heutige Kultur durch besondere Merkmale gekennzeichnet: die sogenannten
exakten Wissenschaften bilden das kritische Urteilsvermögen besonders stark aus;
die neueren Forschungen der Psychologie bieten eine tiefere Erklärung des
menschlichen Tuns; die historischen Fächer tragen sehr dazu bei, die Dinge unter
dem Gesichtspunkt ihrer Wandelbarkeit und Entwicklung zu sehen; der Lebensstil
und die ethische Haltung werden immer einheitlicher; Industrialisierung,
Verstädterung und andere Ursachen, die die Vergemeinschaftung des Lebens
vorantreiben, schaffen neue Kulturformen (Massenkultur), aus denen ein neues
Lebensgefühl, neue Weisen des Handelns und der Freizeitgestaltung erwachsen;
zugleich macht der Austausch zwischen verschiedenen Völkern und
gesellschaftlichen Gruppen die Schätze verschiedener Kulturformen der Masse und
den Einzelnen immer mehr zugänglich. So bildet sich allmählich eine universalere
Form der menschlichen Kultur, die die Einheit der Menschheit um so mehr fördert
und zum Ausdruck bringt, je besser sie die Besonderheiten der verschiedenen
Kulturen achtet.
55. Der Mensch als Schöpfer der
Kultur
Immer größer wird die Zahl der Männer
und Frauen jeder geselIschaftlichen Gruppe und Nation, die sich dessen bewußt
sind, selbst Gestalter und Schöpfer der Kultur ihrer Gemeinschaft zu sein. Immer
mehr wächst in der ganzen Welt der Sinn für Autonomie und zugleich für
Verantwortlichkeit, was ohne Zweifel für die geistige und sittliche Reifung der
Menschheit von größter Bedeutung ist. Diese tritt noch deutlicher in
Erscheinung, wenn wir uns die Einswerdung der Welt und die uns auferlegte
Aufgabe vor Augen stellen, eine bessere Welt in Wahrheit und Gerechtigkeit
aufzubauen. So sind wir Zeugen der Geburt eines neuen Humanismus, in dem der
Mensch sich vor allem von der Verantwortung für seine Brüder und die Geschichte
her versteht.
56. Schwierigkeiten und Aufgaben
In dieser Situation ist es nicht
verwunderlich, daß der Mensch, der seine Verantwortung für den Fortschritt der
Kultur erkennt, einerseits Größeres als je hofft, andererseits aber auch mit
Angst auf die vielfältigen Antinomien blickt, die er selbst auflösen muß: Was
ist zu tun, damit der zunehmende Austausch der Kulturen, der zu einem wahren und
fruchtbaren Dialog unter den verschiedenen Gruppen und Nationen führen müßte,
das Leben der Gemeinschaften nicht in Verwirrung bringt, die Weisheit der
Vorfahren nicht verwirft, noch den je eigenen Volkscharakter gefährdet?
Wie kann man für die Dynamik und
Expansion der neuen Kultur eintreten, ohne daß die lebendige Treue zum
überlieferten Erbe verlorengeht? Dies ist schon deshalb ein besonders drängendes
Problem, weil die Kultur, die aus dem ungeheuren Fortschritt der
Naturwissenschaft und der Technik entsteht, zur Einheit gefügt werden muß mit
jener Geisteskultur, die von denjenigen Studien lebt, die entsprechend den
verschiedenen Überlieferungen als klassisch gelten.
Wie kann eine so schnell
voranschreitende Zersplitterung der Einzeldisziplinen mit der Notwendigkeit in
Einklang gebracht werden, sie in eine Synthese zu bringen und dem Menschen die
Fähigkeit zu jener Kontemplation und zu jenem Staunen zu wahren, die zur
Weisheit führen?
Was ist zu tun, daß alle Menschen der
kulturellen Güter in der Welt teilhaftig werden, wo doch zur gleichen Zeit die
Kultur der Gebildeteren immer sublimer und komplexer wird?
Wie kann man endlich die Autonomie als
rechtmäßig anerkennen, die die Kultur für sich beansprucht, ohne daß man zu
einem rein innerweltlichen, ja religionsfeindlichen Humanismus kommt?
Inmitten all dieser Antinomien muß die
menschliche Kultur heute so entwickelt werden, daß sie die volle menschliche
Persönlichkeit harmonisch ausbildet und den Menschen bei den Aufgaben behilflich
ist, zu deren Erfüllung alle, vor allem aber die Christen, in einer einzigen
menschlichen Familie brüderlich vereint, berufen sind.
Zweiter Abschnitt: Einige Prinzipien
zur richtigen Förderung der Kultur
57. Glaube und Kultur
Die Christen müssen auf der
Pilgerschaft zur himmlischen Vaterstadt suchen und sinnen, was oben ist (2);
dadurch wird jedoch die Bedeutung ihrer Aufgabe, zusammen mit allen Menschen am
Aufbau einer menschlicheren Welt mitzuarbeiten, nicht vermindert, sondern
gemehrt. In der Tat bietet ihnen das Mysterium des christlichen Glaubens
wirksame Antriebe und Hilfen, jene Aufgabe mit größerer Hingabe zu erfüllen und
vor allem den vollen Sinn solchen Tuns zu entdecken, so daß die menschliche
Kulturbemühung innerhalb der ganzen und einen Berufung des Menschen einen
hervorragenden Platz erhält.
Wenn nämlich der Mensch mit seiner
Handarbeit oder mit Hilfe der Technik die Erde bebaut, damit sie Frucht bringe
und eine würdige Wohnstätte für die gesamte menschliche Familie werde, und
bewußt seinen Anteil nimmt an der Gestaltung des Lebens der gesellschaftlichen
Gruppen, dann führt er den schon am Anfang der Zeiten kundgemachten Auftrag
Gottes aus, sich die Erde untertan zu machen (3) und die Schöpfung zu vollenden,
und entfaltet er sich selbst; zugleich befolgt er das große Gebot Christi, sich
in den Dienst seiner Brüder zu stellen.
Wenn überdies der Mensch sich den
verschiedenen Fächern, der Philosophie und Geschichte, der Mathematik und
Naturwissenschaft, widmet und sich künstlerisch betätigt, dann kann er im
höchsten Grad dazu beitragen, daß die menschliche Familie zu den höheren
Prinzipien des Wahren, Guten und Schönen und zu einer umfassenden Weltanschauung
kommt und so heller von jener wunderbaren Weisheit erleuchtet wird, die von
Ewigkeit her bei Gott war, alles mit ihm ordnete, auf dem Erdkreis spielte und
ihre Wonne darin findet, bei den Menschen zu sein (4).
Ebendadurch kann sich der Geist des
Menschen, von der Versklavung unter die Sachwelt befreit, ungehinderter zur
Kontemplation und Anbetung des Schöpfers erheben. Ja unter dem Antrieb der Gnade
wird er zur Erkenntnis des Wortes Gottes vorbereitet, das schon, bevor es
Fleisch wurde, um alle zu retten und in sich als dem Haupt zusammenzufassen, "in
der Welt war" als "das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet" (Joh
1,9)5.
Freilich kann der heutige Fortschritt
der Naturwissenschaft und der Technik, die kraft ihrer Methode nicht zu den
innersten Seinsgründen vordringen können, einen gewissen Phänomenalismus und
Agnostizismus begünstigen, wenn die Forschungsmethode dieser Disziplinen
unberechtigt als oberste Norm der Findung der Wahrheit schlechthin angesehen
wird.
Ja es besteht die Gefahr, daß der
Mensch in allzu großem Vertrauen auf die heutigen Errungenschaften sich selbst
zu genügen glaubt und darüber hinaus nicht mehr sucht.
Doch diese Fehlentwicklungen ergeben
sich nicht zwangsläufig aus der heutigen Kultur, und sie dürfen uns nicht dazu
verleiten, ihre positiven Werte zu verkennen. Unter diesen sind zu nennen: die
Pflege der Naturwissenschaften, unbedingte Sachlichkeit gegenüber der Wahrheit
bei der wissenschaftlichen Forschung, die heute gegebene Unerläßlichkeit der
Zusammenarbeit mehrerer in dafür organisierten Teams, der Geist der
internationalen Solidarität, das immer wacher werdende Bewußtsein von der
Verantwortung der Fachleute für den Dienst am Menschen und dessen Schutz, der
Wille zur Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen aller, besonders
jener, die die Verantwortung für sich selbst nicht übernehmen können oder
kulturell zurückgeblieben sind. Das alles kann für die Aufnahme der Botschaft
des Evangeliums in gewissem Sinn eine Vorbereitung bedeuten, die durch die
göttliche Liebe von dem beseelt wird, der gekommen ist, die Welt zu retten.
58. Der vielfältige Zusammenhang
zwischen der guten Botschaft Christi und der Kultur
Vielfache Beziehungen bestehen zwischen
der Botschaft des Heils und der menschlichen Kultur. Denn Gott hat in der
Offenbarung an sein Volk bis zu seiner vollen Selbstkundgabe im
fleischgewordenen Sohn entsprechend der den verschiedenen Zeiten eigenen Kultur
gesprochen. In gleicher Weise nimmt die Kirche, die im Lauf der Zeit in je
verschiedener Umwelt lebt, die Errungenschaften der einzelnen Kulturen in
Gebrauch, um die Botschaft Christi in ihrer Verkündigung bei allen Völkern zu
verbreiten und zu erklären, um sie zu erforschen und tiefer zu verstehen, um sie
in der liturgischen Feier und im Leben der vielgestaltigen Gemeinschaft der
Gläubigen besser Gestalt werden zu lassen.
Zugleich ist die Kirche wohl zu allen
Völkern, welcher Zeit und welchen Landes auch immer, gesandt, jedoch an keine
Rasse oder Nation, an keine besondere Art der Sitte, an keinen alten oder neuen
Brauch ausschließlich und unlösbar gebunden. Sie läßt zwar den Zusammenhang mit
ihrer eigenen geschichtlichen Herkunft nicht abreißen, ist sich aber zugleich
der Universalität ihrer Sendung bewußt und vermag so mit den verschiedenen
Kulturformen eine Einheit einzugehen, zur Bereicherung sowohl der Kirche wie der
verschiedenen Kulturen.
Die gute Botschaft Christi erneuert
unausgesetzt Leben und Kultur des gefallenen Menschen und bekämpft und beseitigt
Irrtümer und Übel, die aus der stets drohenden Verführung zur Sünde hervorgehen.
Unablässig reinigt und hebt sie die Sitten der Völker. Die geistigen Vorzüge und
Anlagen eines jeden Volkes oder einer jeden Zeit befruchtet sie sozusagen von
innen her mit überirdischen Gaben, festigt, vollendet und erneuert sie in
Christus6. Schon durch die Erfüllung der eigenen Aufgabe7 treibt die Kirche die
menschliche und mitmenschliche Kultur voran und trägt zu ihr bei; durch ihr
Wirken, auch durch ihre Liturgie, erzieht sie den Menschen zur inneren Freiheit.
59. Verschiedene
Gesichtspunkte für die rechte Pflege der Formen menschlicher Kultur
Aus den genannten Gründen erinnert die
Kirche alle daran, daß die Kultur auf die Gesamtentfaltung der menschlichen
Person und auf das Wohl der Gemeinschaft sowie auf das der ganzen menschlichen
Gesellschaft auszurichten ist. Darum muß der menschliche Geist so gebildet
werden, daß die Fähigkeit des Staunens, der eigentlichen Wesenserkenntnis, der
Kontemplation, der persönlichen Urteilsbildung und das religiöse, sittliche und
gesellschaftliche Bewußtsein gefördert werden.
Da nämlich die Kultur unmittelbar aus
der vernünftigen und gesellschaftlichen Anlage des Menschen hervorgeht, bedarf
sie immer des ihr zustehenden Freiheitsraumes, um sich zu entfalten, und der
legitimen Möglichkeit, den eigenen Prinzipien gemäß selbständig zu handeln. Sie
hat also einen berechtigten Anspruch auf Anerkennung, und ihr eignet eine
gewisse Unverletzlichkeit, freilich unter Wahrung der Rechte der Person und der
Gemeinschaft, von der einzelnen bis zur universalen, und innerhalb der Grenzen
des Gemeinwohls.
Die Heilige Synode macht sich daher die
Lehre des Ersten Vatikanischen Konzils zu eigen, daß es "zwei verschiedene
Erkenntnisordnungen" gibt, nämlich die des Glaubens und die der Vernunft, und
daß die Kirche keineswegs verbietet, "daß die menschlichen Künste und
Wissenschaften bei ihrer Entfaltung, jede in ihrem Bereich, jede ihre eigenen
Grundsätze und ihre eigene Methode gebrauchen". Daher bejaht sie "in Anerkennung
dieser berechtigten Freiheit" die rechtmäßige Eigengesetzlichkeit der Kultur und
vor allem der Wissenschaften (8).
Damit ist auch gefordert, daß der
Mensch unter Wahrung der sittlichen Ordnung und des Gemeinnutzes frei nach der
Wahrheit forschen, seine Meinung äußern und verbreiten und die Kunst nach seiner
Wahl pflegen kann; schließlich, daß er wahrheitsgemäß über öffentliche Vorgänge
unterrichtet werde (9).
Aufgabe der öffentlichen Gewalt ist es
nicht, die Kulturformen in ihrer besonderen Eigenart jeweils festzulegen,
sondern günstige Voraussetzungen zu schaffen und entsprechende Hilfen zu
gewähren, um das kulturelle Leben bei allen, auch bei nationalen Minderheiten,
zu fördern10. Darum muß man vor allem verhindern, daß die Kultur ihrem eigenen
Zweck entfremdet und politischen oder wirtschaftlichen Mächten zu dienen
gezwungen wird.
Dritter Abschnitt: Einige dringliche
Aufgaben der Christen im Bereich der Kultur
60. Die Anerkennung und
Verwirklichung des Rechts aller auf die Wohltaten der Kultur
Da jetzt die Möglichkeit gegeben ist,
die meisten Menschen aus dem Elend der Unwissenheit zu befreien, ist es heute
eine höchst zeitgemäße Pflicht, vor allem für die Christen, tatkräftig darauf
hinzuarbeiten, daß in der Wirtschaft wie in der Politik, auf nationaler wie auf
internationaler Ebene Grundentscheidungen getroffen werden, durch die das Recht
aller auf menschliche und mitmenschliche Kultur auf der ganzen Welt anerkannt
wird und zur Verwirklichung kommt, ein Recht, das entsprechend der Würde der
menschlichen Person allen ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der
Nation, der Religion oder der sozialen Stellung zukommt.
Daher ist dafür Sorge zu tragen, daß
die Kulturgüter in ausreichendem Maße allen zugänglich sind, vor allem jene, die
die sogenannte Grundkultur ausmachen, damit nicht weiterhin ein großer Teil der
Menschheit durch Analphabetismus und Mangel an verantwortlicher Eigeninitiative
von einer wahrhaft menschlichen Mitarbeit am Gemeinwohl ausgeschlossen wird.
Ziel muß also sein, daß alle, die entsprechend begabt sind, zu höheren Studien
aufsteigen können, und zwar so, daß sie, soweit es möglich ist, in der
Gesellschaft jene Aufgaben, Ämter und Dienste erreichen, die ihrer Begabung und
ihren Fachkenntnissen entsprechen (11). So werden jeder Einzelne und alle
gesellschaftlichen Gruppen eines jeden Volkes zur vollen Entfaltung ihres
kulturellen Lebens gelangen können, wie sie ihren Anlagen und Überlieferungen
gemäß ist.
Darüber hinaus sind ernste
Anstrengungen zu machen, daß sich alle des Rechtes auf Kultur bewußt werden und
der Pflicht, sich selbst zu bilden und andere bei ihrer Bildung zu unterstützen;
gibt es doch mitunter Lebens- und Arbeitsbedingungen, die die kulturellen
Bemühungen der Menschen behindern und das Streben nach Kultur in ihnen
ersticken. Das gilt in besonderer Weise für Landbevölkerung und Arbeiter; diesen
müssen Arbeitsbedingungen geboten werden, die ihre menschliche Kultur nicht
beeinträchtigen, sondern fördern. Die Frauen sind zwar schon in fast allen
Lebensbereichen tätig, infolgedessen sollen sie aber auch in der Lage sein, die
ihrer Eigenart angemessene Rolle voll zu übernehmen. Sache aller ist es, die je
eigene und notwendige Teilnahme der Frau am kulturellen Leben anzuerkennen und
zu fördern.
61. Die Erziehung zur
menschlichen Gesamtkultur
Die verschiedenen Wissenschaften und
Künste in eine Synthese zu bringen ist heute schwieriger als früher. Denn
einerseits nimmt die Menge und Vielfalt der Elemente zu, die die Kultur
ausmachen, andererseits verringert sich die Fähigkeit der Einzelnen, diese zu
erfassen und organisch zu ordnen, so daß das Idealbild eines universal
gebildeten Menschen immer mehr schwindet. Dennoch bleibt es Verpflichtung eines
jeden, die Totalität der menschlichen Person zu wahren, die vor allem durch die
Werte der Vernunft, des Willens, des Gewissens und der Brüderlichkeit bestimmt
ist, Werte, die alle in Gott dem Schöpfer ihren Grund haben und in Christus
wunderbar geheilt und erhoben sind.
Insbesondere in der Familie, sozusagen
der Mutter und Hüterin dieser Erziehung, lernen die Kinder, von Liebe umhegt,
leichter die wahre Ordnung der Wirklichkeit; die erprobten Formen der
menschlichen Kultur prägen sich gleichsam von selbst dem Geist der
heranwachsenden Jugend ein.
Für eben diese Erziehung gibt es in der
heutigen Gesellschaft günstige Möglichkeiten, besonders durch weitere
Verbreitung von Büchern und die neuen kulturellen und sozialen
Kommunikationsmittel, die einer Universalkultur förderlich sein können. Da
nämlich die Arbeitszeit allenthalben verkürzt wird, nimmt die frei verfügbare
Zeit für sehr viele ständig zu. Die Freizeit soll nun sinnvoll zur Entspannung
und zur Kräftigung der geistigen und körperlichen Gesundheit verwendet werden:
durch Beschäftigung nach eigener Wahl und Studien; durch Reisen in andere Länder
(Tourismus), durch die der menschliche Geist weitergebildet wird, die Menschen
aber auch durch gegenseitige Bekanntschaft bereichert werden; durch den Sport
mit seinen Veranstaltungen, der zum psychischen Gleichgewicht des Einzelnen und
der Gesellschaft sowie zur Anknüpfung brüderlicher Beziehungen zwischen Menschen
aller Lebensverhältnisse, Nationen oder Rassen beiträgt. Die Christen sollen
sich also an den kollektiven Veranstaltungen und Aktionen im kulturellen Bereich
beteiligen, die unserer Zeit eigentümlich sind, damit sie mit humanem und
christlichem Geist durchdrungen werden.
Alle diese offenen Möglichkeiten aber
vermögen eine volle kulturelle Erziehung des Menschen nicht zu verwirklichen,
wenn man sich nicht gleichzeitig gründlich mit der Bedeutung von Kultur und
Wissenschaft für die menschliche Person befaßt.
62. Das rechte Verhältnis der
menschlichen und mitmenschlichen Kultur zur christlichen Bildung
Wiewohl die Kirche zum kulturellen
Fortschritt viel beigetragen hat, so steht doch durch Erfahrung fest, daß ein
friedliches Verhältnis von Kultur und Christentum, wenn auch aus historisch
bedingten Ursachen, sich nicht immer ohne Schwierigkeiten einstellt.
Diese Schwierigkeiten brauchen das
Glaubensleben nicht notwendig zu schädigen, können vielmehr den Geist zu einem
genaueren und tieferen Glaubensverständnis anregen. Denn die neuen Forschungen
und Ergebnisse der Naturwissenschaften, aber auch der Geschichtswissenschaft und
Philosophie stellen neue Fragen, die sogar für das Leben Konsequenzen haben und
auch von den Theologen neue Untersuchungen verlangen. Außerdem sehen sich die
Theologen veranlaßt, immer unter Wahrung der der Theologie eigenen Methoden und
Erfordernisse nach einer geeigneteren Weise zu suchen, die Lehre des Glaubens
den Menschen ihrer Zeit zu vermitteln. Denn die Glaubenshinterlage selbst, das
heißt die Glaubenswahrheiten, darf nicht verwechselt werden mit ihrer
Aussageweise, auch wenn diese immer den selben Sinn und Inhalt meint (12). In
der Seelsorge sollen nicht nur die theologischen Prinzipien, sondern auch die
Ergebnisse der profanen Wissenschaften, vor allem der Psychologie und der
Soziologie, wirklich beachtet und angewendet werden, so daß auch die Laien zu
einem reineren und reiferen Glaubensleben kommen.
Auf ihre Weise sind auch Literatur und
Kunst für das Leben der Kirche von großer Bedeutung. Denn sie bemühen sich um
das Verständnis des eigentümlichen Wesens des Menschen, seiner Probleme und
seiner Erfahrungen bei dem Versuch, sich selbst und die Welt zu erkennen und zu
vollenden; sie gehen darauf aus, die Situation des Menschen in Geschichte und
Universum zu erhellen, sein Elend und seine Freude, seine Not und seine Kraft zu
schildern und ein besseres Los des Menschen vorausahnen zu lassen. So dienen sie
der Erhebung des Menschen in seinem Leben in vielfältigen Formen je nach Zeit
und Land, das sie darstellen.
Durch angestrengtes Bemühen soll
erreicht werden, daß die Künstler das Bewußtsein haben können, in ihrem Schaffen
von der Kirche anerkannt zu sein, und daß sie im Besitz der ihnen zustehenden
Freiheit leichter zum Kontakt mit der christlichen Gemeinde kommen. Auch die
neuen Formen der Kunst, die gemäß der Eigenart der verschiedenen Völker und
Länder den Menschen unserer Zeit entsprechen, sollen von der Kirche anerkannt
werden. In das Heiligtum aber sollen sie aufgenommen werden, wenn sie in einer
dafür angepaßten Aussageweise den Erfordernissen der Liturgie entsprechen und
den Geist zu Gott erheben (13).
So wird das Wissen um Gott besser
verdeutlicht, die evangelische Botschaft wird dem Geist der Menschen
zugänglicher und zeigt sich als etwas, was gewissermaßen ihrem Dasein schon
immer eingestiftet war.
Die Gläubigen sollen also in engster
Verbindung mit den anderen Menschen ihrer Zeit leben und sich bemühen, ihre
Denk- und Urteilsweisen, die in der Geisteskultur zur Erscheinung kommen,
vollkommen zu verstehen. Das Wissen um die neuen Wissenschaften, Anschauungen
und Erfindungen sollen sie verbinden mit christlicher Sittlichkeit und mit ihrer
Bildung in der christlichen Lehre, damit religiöses Leben und Rechtschaffenheit
mit der wissenschaftlichen Erkenntnis und dem täglich wachsenden technischen
Fortschritt bei ihnen Schritt halten und sie so alles aus einer umfassenden
christlichen Haltung zu beurteilen und zu deuten vermögen.
Die Vertreter der theologischen
Disziplinen an den Seminarien und Universitäten sollen mit hervorragenden
Vertretern anderer Wissenschaften in gemeinsamer Bemühung und Planung
zusammenzuarbeiten suchen. Die theologische Forschung soll sich zugleich um eine
tiefe Erkenntnis der geoffenbarten Wahrheit bemühen und die Verbindung mit der
eigenen Zeit nicht vernachlässigen, um den in so verschiedenen Wissenszweigen
gebildeten Menschen zu einem umfassenderen Glaubensverständnis verhelfen zu
können. Dieses gemeinsame Bemühen wird auch für die Ausbildung der Seelsorger
von größtem Nutzen sein, damit diese imstande sind, die Lehre der Kirche über
Gott, den Menschen und die Welt den Menschen unserer Zeit in geeigneter Weise
darzulegen, und so das Wort der Kirche von diesen auch bereitwilliger angenommen
wird (14). Es ist sogar wünschenswert, daß einer großen Zahl von Laien eine
hinreichende Bildung in der Theologie vermittelt werde und recht viele von ihnen
die Theologie auch zum Hauptstudium machen und selber weiter fördern. Zur
Ausführung dieser Aufgabe muß aber den Gläubigen, Klerikern wie Laien, die
entsprechende Freiheit des Forschens, des Denkens sowie demütiger und
entschiedener Meinungsäußerung zuerkannt werden in allen Bereichen ihrer
Zuständigkeit (15).
KAPITEL III
DAS WIRTSCHAFTSLEBEN
63. Zum Erscheinungsbild des
Wirtschaftslebens
Auch im Wirtschaftsleben sind die Würde
der menschlichen Person und ihre ungeschmälerte Berufung wie auch das Wohl der
gesamten Gesellschaft zu achten und zu fördern, ist doch der Mensch Urheber,
Mittelpunkt und Ziel aller Wirtschaft.
Wie die andern Bereiche des
gesellschaftlichen Lebens, so ist auch die heutige Wirtschaft geprägt durch die
wachsende Herrschaft des Menschen über die Natur, durch die steigende Dichte und
Gewichtigkeit der Beziehungen und wechselseitigen Abhängigkeit der Einzelnen,
der Gruppen und der Völker sowie durch das immer häufigere Eingreifen der
öffentlichen Gewalt. Zugleich haben die Fortschritte in der Produktionstechnik
wie auch im Austausch von Gütern und Dienstleistungen die Wirtschaft in den
Stand gesetzt, die gestiegenen Bedürfnisse der Menschheitsfamilie besser zu
befriedigen.
Es fehlt aber auch nicht an Gründen zur
Beunruhigung. Nicht wenige Menschen, namentlich in den wirtschaftlich
fortgeschrittenen Ländern, sind von der Wirtschaft geradezu versklavt, so daß
fast ihr ganzes persönliches und gesellschaftliches Leben von ausschließlich
wirtschaftlichem Denken bestimmt ist, und dies ebenso in Ländern, die einer
kollektivistischen Wirtschaftsweise zugetan sind, wie in anderen. Gerade zu der
Zeit, da das Wachstum der Wirtschaft, vernünftig und human gelenkt und
koordiniert, die sozialen Ungleichheiten mildern könnte, führt es allzu oft zu
deren Verschärfung, hie und da sogar zur Verschlechterung der Lage der sozial
Schwachen und zur Verachtung der Notleidenden. Während einer ungeheueren Masse
immer noch das absolut Notwendige fehlt, leben einige auch in zurückgebliebenen
Ländern - in Üppigkeit und treiben Verschwendung. Nebeneinander bestehen Luxus
und Elend. Einige wenige erfreuen sich weitestgehender Entscheidungsfreiheit,
während viele fast jeder Möglichkeit ermangeln, initiativ und
eigenverantwortlich zu handeln, und sich oft in Lebens- und Arbeitsbedingungen
befinden, die des Menschen unwürdig sind.
Ähnliche Störungen des ökonomischen und
sozialen Gleichgewichts bestehen zwischen Landwirtschaft, Industrie und
Dienstleistungsgewerben wie auch zwischen verschiedenen Gebieten einer und
derselben Nation. Zwischen den wirtschaftlich fortgeschrittenen Völkern und
anderen bildet sich ein ständig sich verschärfender Gegensatz heraus, der sogar
den Weltfrieden gefährden kann.
Diese Gleichgewichtsstörungen werden
von unseren Zeitgenossen mit um so wacherem Bewußtsein erlebt, als sie fest
überzeugt sind, die gewaltigen technischen und ökonomischen Mittel, über die wir
heute verfügen, machten es nicht nur möglich, sondern zur Pflicht, diesen
unseligen Zustand zu überwinden. Daher werden vielfältige institutionelle
Reformen in der Wirtschaft wie auch eine allgemeine Umstellung der Gesinnung und
Verhaltensweise gefordert. Hierzu hat die Kirche Grundsätze der Gerechtigkeit
und Billigkeit sowohl für das persönliche und das gesellschaftliche als auch für
das internationale Leben, wie die rechte Vernunft sie fordert, im Lauf der
Jahrhunderte unter dem Licht des Evangeliums erarbeitet und namentlich in
jüngster Zeit vorgelegt. Das Heilige Konzil möchte diese Grundsätze der heutigen
Lage entsprechend unterstreichen und vorzugsweise im Hinblick auf die
Bedürfnisse einer im Fortschritt befindlichen Wirtschaft einige Orientierungen
geben (1).
Erster Abschnitt: Der
wirtschaftliche Fortschritt
64. Wirtschaftlicher Fortschritt
zum Dienst am Menschen
Das Bemühen um vermehrte Erzeugung
landwirtschaftlicher und industrieller Güter und um gesteigerte Darbietung von
Dienstleistungen mit dem Ziel, den Bedürfnissen der wachsenden Menschenzahl
gerecht zu werden und den immer höheren Ansprüchen der Menschen Genüge zu tun,
erscheint heute mehr als je gerechtfertigt. Darum verdienen technischer
Fortschritt, Aufgeschlossenheit für das Neue, die Bereitschaft, neue Unternehmen
ins Leben zu rufen und bestehende zu erweitern, die Entwicklung geeigneter
Produktionsverfahren, das ernsthafte Bemühen aller irgendwie am
Produktionsprozeß Beteiligten, überhaupt alles, was zu diesem Fortschritt
beiträgt, durchaus gefördert zu werden. Die fundamentale Zweckbestimmung dieses
Produktionsprozesses besteht aber weder in der vermehrten Produktion als solcher
noch in Erzielung von Gewinn oder Ausübung von Macht, sondern im Dienst am
Menschen, und zwar am ganzen Menschen im Hinblick auf seine materiellen
Bedürfnisse, aber ebenso auch auf das, was er für sein geistiges, sittliches,
spirituelles und religiöses Leben benötigt. Das gilt ausdrücklich für alle
Menschen und für jeden einzelnen, für jede Gruppe, für Menschen jeder Rasse und
jeden Erdteils. Daraus folgt: Alle wirtschaftliche Tätigkeit ist - nach den ihr
arteigenen Verfahrensweisen und Gesetzmäßigkeiten - immer im Rahmen der
sittlichen Ordnung (2) so auszuüben, daß das verwirklicht wird, was Gott mit dem
Menschen vorhat (3).
65. Der Mensch Herr des
wirtschaftlichen Fortschritts
Niemals darf der wirtschaftliche
Fortschritt der Herrschaft des Menschen entgleiten; ebensowenig darf er der
ausschließlichen Bestimmung durch wenige mit übergroßer wirtschaftlicher Macht
ausgestattete Einzelmenschen oder Gruppen noch auch durch den Staat, noch durch
einige übermächtige Nationen ausgeliefert sein. Im Gegenteil ist geboten, daß
auf jeder Stufe möglichst viele Menschen und, soweit es sich um den
zwischenstaatlichen Bereich handelt, alle Nationen an der Lenkung des
wirtschaftlichen Fortschritts aktiv beteiligt seien. Gleicherweise bedarf es der
rechten Zusammenordnung und des sachgerechten inneren Verbundes des der eigenen
Initiative entspringenden Wirkens der Einzelnen und der freien Gruppen
einerseits und der Maßnahmen öffentlicher Gewalten andererseits.
Das Wachstum ist weder ausschließlich
dem Automatismus des Tuns und Lassens der einzelnen Wirtschaftssubjekte noch
ausschließlich dem Machtgebot der öffentlichen Gewalt zu überantworten. Sowohl
die Lehren, die unter Berufung auf eine mißverstandene Freiheit notwendigen
Reformen den Weg verlegen, als auch solche, die um einer kollektivistischen
Organisation des Produktionsprozesses willen grundlegende Rechte der
Einzelpersonen und der Gruppen hintansetzen, sind daher gleicherweise als irrig
abzulehnen (4).
Die Bürger sollen sich ihrer auch von
der Staatsgewalt anzuerkennenden Berechtigung und Verpflichtung bewußt sein,
nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten zum wahren Fortschritt ihres Gemeinwesens
beizutragen. Namentlich in den wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern, wo
alle verfügbaren Mittel dringend benötigt werden, heißt es das Gemeinwohl
ernstlich gefährden, wenn man seine Mittel dem produktiven Einsatz vorenthält
oder - unbeschadet des persönlichen Rechtes auszuwandern - seinem Gemeinwesen
materielle und ideelle Hilfen, auf die es angewiesen ist, entzieht.
66. Abbau übergroßer
sozialökonomischer Unterschiede
Um den Erfordernissen von Gerechtigkeit
und Billigkeit Genüge zu tun, müssen ernsthafte Anstrengungen unternommen
werden, um - unbeschadet der Rechte der menschlichen Person und der besonderen
Veranlagung jedes einzelnen Volkes - die übergroßen und noch weiter zunehmenden
Ungleichheiten der wirtschaftlichen Lage und die damit Hand in Hand gehende
persönliche und soziale Diskriminierung möglichst rasch abzubauen. Desgleichen
bedarf es in manchen Gegenden an gesichts der besonderen Schwierigkeiten, denen
die Landwirtschaft in bezug auf Gewinnung und Absatz ihrer Erzeugnisse
unterliegt, besonderer Maßnahmen zugunsten der Bauern mit dem Ziel, ihre
Produktion zu erhöhen oder günstiger abzusetzen oder erforderliche Entwicklungen
und Neugestaltungen in die Wege zu leiten oder ihr Einkommen auf eine
angemessene Höhe zu bringen und so zu verhüten, daß sie, wie es öfters vorkommt,
auf die Dauer über die Lage von Staatsbürgern zweiter Klasse nicht hinauskommen.
Sache der Bauern selbst, vor allem der jungen Generation, ist es, sich
angelegentlich darum zu bemühen, ihr berufliches Können zu steigern, ohne das es
keinen Fortschritt in der Landwirtschaft geben kann (5).
Gerechtigkeit und Billigkeit gebieten
ferner, die für wirtschaftlichen Fortschritt unerläßliche Mobilität so zu
regeln, daß das Leben der Einzelnen und der Familien nicht ungesichert oder
gefährdet wird. Die aus anderen Völkern und Ländern herangezogenen Arbeiter, die
durch ihre Arbeit zum wirtschaftlichen Aufstieg des Volkes oder Landes
beitragen, dürfen, was Entlohnung und Arbeitsbedingungen angeht, in keiner Weise
diskriminiert werden. Alle im Aufnahmeland, namentlich aber die öffentlichen
Stellen, dürfen sie nicht als bloße Produktionsmittel behandeln, sondern haben
ihnen als menschlichen Personen zu begegnen und sollen ihnen helfen, ihre
Familien nachzuziehen und sich angemessene Wohngelegenheit zu verschaffen,
sollen auch ihre Eingliederung in das gesellschaftliche Leben des Aufnahmelandes
und seiner Bevölkerung begünstigen. Soweit wie möglich sollte man jedoch in
ihren Heimatländern selbst Arbeitsgelegenheit schaffen.
Angesichts der heute sich vollziehenden
Umwälzungen im Wirtschaftsleben und des Gestaltwandels zur industriellen
Gesellschaft, wo beispielsweise die Automation im Vormarsch ist, muß Sorge dafür
getragen werden, daß ausreichende und für den Einzelnen passende
Arbeitsgelegenheit, verbunden mit der Möglichkeit ausreichender technischer und
fachlicher Ausbildung, bereitsteht und zugleich der Lebensunterhalt und die
Menschenwürde namentlich derer gesichert sind, die wegen ihres gesundheitlichen
Zustandes oder ihres Alters sich in besonders schwieriger Lage befinden.
Zweiter Abschnitt: Einige für das
ganze sozialökonomische Leben verbindliche Grundsätze
67. Arbeit, Arbeitsbedingungen,
Freizeit
Die in der Gütererzeugung, der
Güterverteilung und in den Dienstleistungsgewerben geleistete menschliche Arbeit
hat den Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens, denn
diese sind nur werkzeuglicher Art.
Die Arbeit nämlich, gleichviel, ob
selbständig ausgeübt oder im Lohnarbeitsverhältnis stehend, ist unmittelbarer
Ausfluß der Person, die den stofflichen Dingen ihren Stempel aufprägt und sie
ihrem Willen dienstbar macht. Durch seine Arbeit erhält der Mensch sein und der
Seinigen Leben, tritt in tätigen Verbund mit seinen Brüdern und dient ihnen; so
kann er praktische Nächstenliebe üben und seinen Beitrag zur Vollendung des
Schöpfungswerkes Gottes erbringen. Ja wir halten fest: Durch seine Gott
dargebrachte Arbeit verbindet der Mensch sich mit dem Erlösungswerk Jesu Christi
selbst, der, indem er in Nazareth mit eigenen Händen arbeitete, der Arbeit eine
einzigartige Würde verliehen hat. Daraus ergibt sich für jeden Einzelnen sowohl
die Verpflichtung zu gewissenhafter Arbeit wie auch das Recht auf Arbeit; Sache
der Gesellschaft aber ist es, nach jeweiliger Lage der Dinge für ihren Teil
behilflich zu sein, daß ihre Bürger Gelegenheit zu ausreichender Arbeit finden
können. Schließlich ist die Arbeit so zu entlohnen, daß dem Arbeiter die Mittel
zu Gebote stehen, um sein und der Seinigen materielles, soziales, kulturelles
und spirituelles Dasein angemessen zu gestalten - gemäß der Funktion und
Leistungsfähigkeit des Einzelnen, der Lage des Unternehmens und unter Rücksicht
auf das Gemeinwohl (6).
Da der Wirtschaftsprozeß im allgemeinen
auf Arbeitsvereinigung beruht, ist es unbillig und menschenunwürdig, ihn so zu
gestalten und zu lenken, daß irgendwelche Arbeitenden zu Schaden kommen. Nicht
selten aber geschieht es auch heute noch, daß die Werktätigen geradezu zu
Sklaven ihres eigenen Werkes werden. Das aber läßt sich auf keinen Fall durch
sogenannte Gesetzmäßigkeiten des wirtschaftlichen Lebens rechtfertigen. Der
ganze Vollzug werteschaffender Arbeit ist daher auf die Bedürfnisse der
menschlichen Person und ihrer Lebensverhältnisse auszurichten, insbesondere auf
die Bedürfnisse des häuslichen Lebens, dies namentlich bei den Familienmüttern,
unter ständiger Rücksichtnahme auf Geschlecht und Alter. Überdies sollte der
arbeitende Mensch in seiner Arbeit selbst Gelegenheit haben zur Entwicklung
seiner Anlagen und Entfaltung seiner Personwerte. Alle aber, die ihre Zeit und
Kraft mit gebührendem Verantwortungsbewußtsein der Arbeit widmen, sollten auch
über ausreichende Ruhezeiten und Muße verfügen für das Leben mit ihren Familien,
für ihr kulturelles, gesellschaftliches und religiöses Leben. Ja sie sollten
auch die Möglichkeit haben, gerade diejenigen Anlagen und Fähigkeiten frei zu
entwickeln, zu deren Entfaltung ihre berufliche Tätigkeit vielleicht nur wenig
Gelegenheit bietet.
68. Die Beteiligung in der
Ordnung von Unternehmen und Gesamtwirtschaft; die Arbeitskämpfe
In den wirtschaftlichen Unternehmen
stehen Personen miteinander in Verbund, d.h. freie, selbstverantwortliche, nach
Gottes Bild geschaffene Menschen. Darum sollte man unter Bedachtnahme auf die
besonderen Funktionen der Einzelnen, sei es der Eigentümer, der Arbeitgeber, der
leitenden oder der ausführenden Kräfte, und unbeschadet der erforderlichen
einheitlichen Werkleitung die aktive Beteiligung aller an der
Unternehmensgestaltung (7) voranbringen; die geeignete Art und Weise der
Verwirklichung wäre näher zu bestimmen. In großem Umfang werden Entscheidungen
über wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, die für das künftige Los der
Arbeiter und ihrer Nachkommenschaft von Bedeutung sind, nicht so sehr in den
einzelnen Unternehmen als vielmehr an höheren Stellen getroffen; darum sollten
die Arbeiter auch daran beteiligt sein, sei es unmittelbar, sei es durch frei
gewählte Abgesandte.
Eines der grundlegenden Rechte der
menschlichen Person ist das Recht der im Arbeitsverhältnis stehenden Menschen,
in voller Freiheit Organisationen zu gründen, die sie echt vertreten und
imstande sind, zur rechten Gestaltung des Wirtschaftslebens einen wirksamen
Beitrag zu leisten, wie auch in diesen Organisationen sich frei zu betätigen,
ohne Gefahr zu laufen, deswegen irgendwelchen Nachteilen ausgesetzt zu sein.
Durch eine solche geordnete Beteiligung, verbunden mit steigendem
wirtschaftlichem und sozialem Bildungsstand, werden bei allen das Verständnis
der eigenen Aufgabe und das Verantwortungsbewußtsein ständig zunehmen; das wird
weiter dazu führen, alle - gemäß den Anlagen und Fähigkeiten eines jeden - ihrer
Verbundenheit im gemeinsamen Bemühen um das allumfassende Werk des
wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und um die allseitige Verwirklichung
des Gemeinwohls inne werden zu lassen.
Wo der Gegensatz wirtschaftlicher oder
sozialer Interessen zu kämpferischen Auseinandersetzungen zu führen droht,
müssen alle Bemühungen dahin zielen, eine friedliche Lösung zu finden. An erster
Stelle muß immer die ehrliche Aussprache der Beteiligten stehen.
Nichtsdestoweniger wird auch unter den heutigen Verhältnissen der Streik, wenn
auch nur als letzter Behelf, unentbehrlich bleiben, um Rechte der Arbeiter zu
verteidigen oder berechtigte Forderungen durchzusetzen. So schnell als möglich
muß dann aber versucht werden, den Weg zur Wiederaufnahme von Verhandlungen und
gemeinsamen Überlegungen über eine Verständigung zu finden.
69. Die Widmung der irdischen
Güter an alle Menschen
Gott hat die Erde mit allem, was sie
enthält, zum Nutzen aller Menschen und Völker bestimmt; darum müssen diese
geschaffenen Güter in einem billigen Verhältnis allen zustatten kommen; dabei
hat die Gerechtigkeit die Führung, Hand in Hand geht mit ihr die Liebe (8). Wie
immer das Eigentum und seine nähere Ausgestaltung entsprechend den
verschiedenartigen und wandelbaren Umständen in die rechtlichen Institutionen
der Völker eingebaut sein mag, immer gilt es, achtzuhaben auf diese allgemeine
Bestimmung der Güter. Darum soll der Mensch, der sich dieser Güter bedient, die
äußeren Dinge, die er rechtmäßig besitzt, nicht nur als ihm persönlich zu eigen,
sondern muß er sie zugleich auch als Gemeingut ansehen in dem Sinn, daß sie
nicht ihm allein, sondern auch anderen von Nutzen sein können (9). Zudem steht
allen das Recht zu, einen für sich selbst und ihre Familien ausreichenden Anteil
an den Erdengütern zu haben. Das war die Meinung der Väter und Lehrer der
Kirche, die sagen, es sei Pflicht, die Armen zu unterstützen, und zwar nicht nur
vom Überfluß (10). Wer aber sich in äußerster Notlage befindet, hat das Recht,
vom Reichtum anderer das Benötigte an sich zu bringen (11). Angesichts der
großen Zahl derer, die in der Welt Hunger leiden, legt das Heilige Konzil sowohl
den Einzelnen als auch den öffentlichen Gewalten dringend ans Herz, sie möchten
doch eingedenk des Väterwortes: "Speise den vor Hunger Sterbenden, denn ihn
nicht speisen heißt ihn töten (12)", jeder nach dem Maße dessen, was ihm möglich
ist, Ernst damit machen, ihre Güter mitzuteilen und hinzugeben und dabei
namentlich jene Hilfen zu gewähren, durch die sie, seien es Einzelne, seien es
ganze Völker, sich selber helfen und entwickeln können.
In den wirtschaftlich wenig
entwickelten Gesellschaften wird der Gemeinwidmung der Güter zu einem Teil durch
Gewohnheiten und Überlieferungen Rechnung getragen, die jedem Glied der
Gemeinschaft das unbedingt Nötige sichern. Es muß aber vermieden werden,
bestimmte Gewohnheiten als starr und unveränderlich anzusehen, wenn sie neuen
Bedürfnissen der Gegenwart nicht mehr genügen, nicht minder aber auch, in
unkluger Weise gegen an sich achtenswerte Gewohnheiten anzugehen, die bei
geschickter Anpassung an die heutigen Verhältnisse auch weiterhin großen Nutzen
stiften. In ähnlicher Weise kann in wirtschaftlich weit fortgeschrittenen
Ländern eine Vielfalt von Einrichtungen sozialer Vorsorge und Sicherung zu ihrem
Teil die Gemeinwidmung der Güter verwirklichen. Weiter auszubauen sind Familien-
und Gemeinschaftsdienste, namentlich solche mit bildenden und erzieherischen
Zielen. Bei allen Maßnahmen dieser Art gilt es aber darauf zu achten, daß die
Staatsbürger nicht zu Passivität gegenüber der Gesellschaft verleitet werden,
nicht der Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten aus dem Wege gehen oder ihre
Dienstleistung verweigern.
70. Investitionen, Währung
Investitionen ihrerseits müssen dahin
zielen, in ausreichendem Maße Arbeits- und Verdienstgelegenheiten zu schaffen
nicht allein für die gegenwärtige, sondern auch für die künftige Bevölkerung.
Alle, die über diese Investitionen und über die Ausrichtung der Wirtschaft zu
entscheiden haben, seien es Einzelne, Gruppen oder öffentliche Gewalten, sind
gehalten, diese Zielsetzung vor Augen zu haben und ihrer strengen Verpflichtung
eingedenk zu sein, einerseits den derzeitigen Bedarf menschenwürdiger
Lebenshaltung sowohl der Einzelnen als auch des gesellschaftlichen Ganzen zu
decken, andererseits den Blick auf die Zukunft zu richten und für ein
ausgewogenes Verhältnis zu sorgen zwischen dem, was zur Deckung der derzeitigen
privaten und öffentlichen Verbrauchsbedürfnisse bereitgestellt wird, und den
notwendigen Investitionen zugunsten der nachfolgenden Generation. Auch die
dringenden Bedürfnisse der wirtschaftlich weniger fortgeschrittenen Völker und
Länder sind ständig im Auge zu halten.
In Sachen der Währung hüte man sich,
dem wahren Wohl der eigenen oder fremder Nationen zuwiderzuhandeln. Darüber
hinaus treffe man Vorsorge, daß die wirtschaftlich Schwachen nicht durch
Änderungen des Geldwertes ungerecht geschädigt werden.
71. Der Zugang zu Eigentum und
privatem Vermögen; landwirtschaftlicher Großgrundbesitz
Eigentum und andere Formen privater
Verfügung über äußere Güter tragen bei zur Selbstdarstellung der Person;
überdies geben sie dem Menschen die Möglichkeit, seine Aufgabe in Gesellschaft
und Wirtschaft zu erfüllen; darum liegt viel daran, den Zugang sowohl der
Einzelnen als auch der Vergemeinschaftungen zu einem gewissen Maß von
Verfügungsmacht über äußere Güter zu begünstigen.
Privateigentum oder ein gewisses Maß an
Verfügungsmacht über äußere Güter vermitteln den unbedingt nötigen Raum für
eigenverantwortliche Gestaltung des persönlichen Lebens jedes Einzelnen und
seiner Familie; sie müssen als eine Art Verlängerung der menschlichen Freiheit
betrachtet werden; auch spornen sie an zur Übernahme von Aufgaben und
Verantwortung; damit zählen sie zu den Voraussetzungen staatsbürgerlicher
Freiheit (13).
Diese Verfügungsmacht oder dieses
Eigentum gibt es heute in vielerlei Gestalt; von Tag zu Tag werden sie noch
vielgestaltiger. Alle behalten auch neben den Einrichtungen der sogenannten
sozialen Sicherheit, neben den von der Gesellschaft gewährleisteten
Rechtsansprüchen und Dienstleistungen ihre Bedeutung als nicht
geringzuschätzende Daseinssicherung. Das gilt aber nicht allein vom materiellen,
sondern auch vom immateriellen Eigentum, z.B. von beruflichen Fähigkeiten.
Das Recht auf Privateigentum schließt
aber die Rechtmäßigkeit von Gemeineigentum in verschiedenen Formen nicht aus.
Die Überführung von Gütern in Gemeineigentum kann nur von den zuständigen
obrigkeitlichen Stellen entsprechend dem, was das Gemeinwohl fordert, und in
dieser Begrenzung sowie gegen billige Entschädigung erfolgen. Sache der
öffentlichen Gewalt ist es auch, Vorsorge zu treffen gegen einen Mißbrauch
privaten Eigentums im Widerspruch zum Gemeinwohl (14).
Aber auch das Privateigentum selbst hat
eine ihm wesentliche soziale Seite; sie hat ihre Grundlage in der Widmung der
Erdengüter an alle (15). Bei Außerachtlassung dieser seiner sozialen Seite führt
das Eigentum in großem Umfang zu Raffgier und schweren Verirrungen; das aber
liefert seinen Gegnern den Vorwand, das Eigentumsrecht als solches in Frage zu
stellen.
In manchen wirtschaftlich weniger
entwickelten Ländern besteht großer, ja riesengroßer Landbesitz, der nur schwach
genutzt oder gar in spekulativer Absicht völlig ungenützt liegen gelassen wird,
während die Mehrheit der Bevölkerung entweder überhaupt keinen Boden besitzt
oder nur äußerst geringe landwirtschaftliche Nutzflächen in Bestellung hat,
während auf der anderen Seite die Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge
unverkennbar dringlich ist. Nicht selten beziehen diejenigen, die von den
Eigentümern als Arbeitskräfte gedungen werden oder Teile von deren Besitz als
Pächter bewirtschaften, nur einen menschenunwürdigen Lohn oder Ertragsanteil,
ermangeln angemessener Unterkunft und werden von Mittelspersonen ausgebeutet.
Ohne jede Daseinssicherung leben sie in einer Dienstbarkeit, die ihnen nahezu
jede Möglichkeit raubt, aus eigenem Antrieb und in eigener Verantwortung etwas
zu unternehmen, ihnen jeden kulturellen Fortschritt und jede Beteiligung am
gesellschaftlichen und politischen Leben versagt. Hier sind Reformen geboten mit
dem Ziel, je nach Lage des Falles die Bezüge zu erhöhen, die Arbeitsbedingungen
zu verbessern, das Beschäftigungsverhältnis zu sichern, Anreiz zu eigener
Unternehmungslust zu bieten, schließlich auch die nicht hinreichend genutzten
Besitzungen aufzuteilen unter diejenigen, die imstande sind, diese Flächen
ertragbringend zu machen. In letzterem Falle müssen die nötigen Sachmittel und
Hilfseinrichtungen beigestellt werden, insbesondere Ausbildungsbeihilfe und
organisatorischer Verbund echt genossenschaftlicher Art. Wo das Gemeinwohl die
Entziehung des Eigentums erfordert, ist die Entschädigung nach Billigkeit zu
bemessen unter Abwägung aller einschlägigen Gesichtspunkte.
72. Wirtschaft und Reich Christi
Wer als Christ am heutigen
sozialökonomischen Fortschritt mitwirkt und dabei für Gerechtigkeit und Liebe
eintritt, der möge überzeugt sein, er könne viel beitragen zum Wohl der
Menschheit und zum Frieden auf dieser Welt. Bei all diesem seinem Wirken möge
er, gleichviel, ob er als Einzelner oder im Verbund mit anderen tätig wird,
leuchtendes Beispiel geben. Hat er sich erst einmal die unerläßliche
Sachkenntnis und Erfahrung angeeignet, dann möge er unter den irdischen
Betätigungen die rechte Ordnung innehalten, in Treue gegen Christus und seine
frohe Botschaft, dergestalt, daß sein ganzes persönliches und gesellschaftliches
Auftreten geprägt sei vom Geist der Bergpredigt, insbesondere von der
Seligpreisung der Armut. Wer immer im Gehorsam gegen Christus zuerst das Reich
Gottes sucht, der stärkt und läutert dadurch seine Liebesgesinnung, um allen
seinen Brüdern zu helfen und unter dem Antrieb der göttlichen Liebe das, was die
Gerechtigkeit verlangt, zur vollen Verwirklichung zu führen (16)
KAPITEL IV
DAS LEBEN IN DER POLITISCHEN
GEMEINSCHAFT
73. Das öffentliche Leben heute
Tiefgreifende Änderungen zeigen sich
heute auch innerhalb der politischen Strukturen und Einrichtungen der Völker als
Folge ihrer kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung.
Diese Veränderungen haben großen Einfluß auf das Leben der politischen
Gemeinschaft, vor allem hinsichtlich der Rechte und Pflichten aller bei der
Ausübung der staatsbürgerlichen Freiheit, zur Verwirklichung des Gemeinwohls und
bei der Ordnung der Beziehungen der Bürger untereinander und zur öffentlichen
Gewalt.
Aus dem lebendigeren Bewußtsein der
menschlichen Würde wächst ja in den verschiedenen Teilen der Welt das Bestreben,
eine neue politisch-rechtliche Ordnung zu schaffen, in der die Rechte der
menschlichen Person im öffentlichen Leben besser geschützt sind, etwa das Recht
auf Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit und das Recht auf privates
und öffentliches Bekenntnis der Religion.
Der Schutz dieser Personenrechte ist
nämlich die notwendige Bedingung dafür, daß die Bürger einzeln oder im Verbund
am Leben und der Leitung des Staates tätigen Anteil nehmen können. Parallel zu
dem kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt wächst bei
vielen das Verlangen nach mehr Anteil an der Gestaltung des Lebens der
politischen Gemeinschaft.
Im Bewußtsein vieler wächst das
Verlangen, die Rechte der Minderheiten zu wahren, ohne daß deren Pflichten der
politischen Gemeinschaft gegenüber außer acht gelassen werden; überdies nimmt
die Achtung vor Menschen anderer Meinung oder Religion zu. Gleichzeitig bildet
sich eine immer breitere Zusammenarbeit dafür heraus, daß alle Bürger, nicht nur
einige privilegierte, wirklich in den Genuß ihrer persönlichen Rechte gelangen
können.
Umgekehrt werden alle jene politischen
Formen in manchen Ländern verworfen, die die staatsbürgerliche und religiöse
Freiheit schmälern, die Zahl der Opfer politischer Leidenschaften und Verbrechen
vermehren und die Ausübung der staatlichen Gewalt zum Eigennutz einer bestimmten
Partei oder gar der Machthaber selbst und zum Schaden des Gemeinwohls
mißbrauchen.
Für den Aufbau eines wirklich
menschenwürdigen politischen Lebens ist nichts so wichtig wie die Pflege der
inneren Einstellung auf Gerechtigkeit, Wohlwollen und Dienst am Gemeinwohl sowie
die Schaffung fester Grundüberzeugungen über das wahre Wesen politischer
Gemeinschaft und über das Ziel, den rechten Gebrauch und die Grenzen der
öffentlichen Gewalt.
74. Natur und Endzweck der
politischen Gemeinschaft
Die Einzelnen, die Familien und die
verschiedenen Gruppen, aus denen sich die politische Gemeinschaft zusammensetzt,
wissen, daß sie allein nicht imstande sind, alles das zu leisten, was zu einem
in jeder Richtung menschlichen Leben gehört. Sie erfassen die Notwendigkeit
einer umfassenderen Gesellschaft, in der alle täglich ihre eigenen Kräfte
zusammen zur ständig besseren Verwirklichung des Gemeinwohls einsetzen (1).
So begründen sie denn die politische
Gemeinschaft in ihren verschiedenen Formen.
Die politische Gemeinschaft besteht
also um dieses Gemeinwohls willen; in ihm hat sie ihre letztgültige
Rechtfertigung und ihren Sinn, aus ihm leitet sie ihr ursprüngliches Eigenrecht
ab.
Das Gemeinwohl aber begreift in sich
die Summe aller jener Bedingungen gesellschaftlichen Lebens, die den Einzelnen,
den Familien und gesellschaftlichen Gruppen ihre eigene Vervollkommnung voller
und ungehinderter zu erreichen gestatten (2).
Aber die Menschen, die zu einer
politischen Gemeinschaft zusammenfinden, sind zahlreich und verschiedenartig.
Sie können mit Recht verschiedene Meinungen haben. Damit nun der Staat nicht
dadurch, daß jeder seiner eigenen Ansicht folgt, zerfällt, bedarf es einer
Autorität, welche die Kräfte aller Bürger auf das Gemeinwohl lenkt, nicht bloß
durch die Automatismen des Institutionellen oder durch brutale Gewalt, sondern
vor allem als moralische Macht, die sich stützt auf die Freiheit und auf das
Bewußtsein einer übernommenen Verantwortung.
Offenkundig sind also die politische
Gemeinschaft und die öffentliche Autorität in der menschlichen Natur begründet
und gehören zu der von Gott vorgebildeten Ordnung, wenngleich die Bestimmung der
Regierungsform und die Auswahl der Regierenden dem freien Willen der
Staatsbürger überlassen bleiben (3).
Ebenso ergibt sich, daß sich die
Ausübung der politischen Gewalt in der Gemeinschaft als solcher oder in den für
sie repräsentativen Institutionen immer nur im Rahmen der sittlichen Ordnung
vollziehen darf, und zwar zur Verwirklichung des Gemeinwohls - dieses aber
dynamisch verstanden - und entsprechend einer legitimen juridischen Ordnung, die
bereits besteht oder noch geschaffen werden soll. Dann aber sind auch die
Staatsbürger im Gewissen zum Gehorsam verpflichtet4. Daraus ergeben sich also
die Verantwortlichkeit, Würde und Bedeutung der Regierenden.
Wo jedoch die Staatsbürger von einer
öffentlichen Gewalt, die ihre Zuständigkeit überschreitet, bedrückt werden,
sollen sie sich nicht weigern, das zu tun, was das Gemeinwohl objektiv verlangt.
Sie haben jedoch das Recht, ihre und ihrer Mitbürger Rechte gegen den Mißbrauch
der staatlichen Autorität zu verteidigen, freilich innerhalb der Grenzen des
Naturrechts und des Evangeliums.
Die konkrete Art und Weise, wie die
politische Gemeinschaft ihre eigene Verfassung und die Ausübung der öffentlichen
Gewalt ordnet, kann entsprechend der Eigenart der verschiedenen Völker und der
geschichtlichen Entwicklung verschieden sein. Immer aber muß sie im Dienst der
Formung eines gebildeten, friedliebenden und gegenüber allen anderen
wohlwollenden Menschen stehen, zum Vorteil der gesamten Menschheitsfamilie.
75. Die Mitarbeit aller am
öffentlichen Leben
In vollem Einklang mit der menschlichen
Natur steht die Entwicklung von rechtlichen und politischen Strukturen, die ohne
jede Diskriminierung allen Staatsbürgern immer mehr die tatsächliche Möglichkeit
gibt, frei und aktiv teilzuhaben an der rechtlichen Grundlegung ihrer
politischen Gemeinschaft, an der Leitung des politischen Geschehens, an der
Festlegung des Betätigungsbereichs und des Zwecks der verschiedenen
Institutionen und an der Wahl der Regierenden (5).
Alle Staatsbürger aber sollen daran
denken, von Recht und Pflicht der freien Wahl Gebrauch zu machen zur Förderung
des Gemeinwohls.
Die Kirche ihrerseits zollt der Arbeit
jener, die sich zum Dienst an den Menschen für das Wohl des Staates einsetzen
und die Lasten eines solchen Amtes tragen, Anerkennung und Achtung.
Soll die verantwortungsbewußte
Mitarbeit der Bürger im täglichen Leben des Staates den gewünschten Erfolg
haben, so muß eine Ordnung des positiven Rechtes vorhanden sein, in der eine
sinnvolle Aufteilung der Ämter und Institutionen der öffentlichen Gewalt in
Verbindung mit einem wirksamen und nach allen Seiten hin unabhängigen Schutz der
Rechte gegeben ist.
Die Rechte aller Personen, Familien und
gesellschaftlichen Gruppen und deren Ausübung sollen anerkannt, geschützt und
gefördert werden6 zusammen mit den Pflichten, die alle Staatsbürger binden.
Unter diesen Pflichten muß ausdrücklich die Pflicht genannt werden, dem Staat
jene materiellen und persönlichen Dienste zu leisten, die für das Gemeinwohl
notwendig sind.
Die Regierenden sollen sich davor
hüten, den Familien, gesellschaftlichen und kulturellen Gruppen, vorstaatlichen
Körperschaften und Institutionen Hindernisse in den Weg zu legen oder ihnen den
ihnen zustehenden freien Wirkungskreis zu nehmen; vielmehr sollen sie diese
großzügig und geregelt fördern.
Aber auch die Staatsbürger, einzeln
oder in Gruppen, sollen der öffentlichen Autorität nicht eine zu umfangreiche
Gewalt zugestehen noch von ihr ungebührlich große Zuwendungen und Begünstigungen
fordern, so daß die Eigenverantwortung der Einzelnen, der Familien und
gesellschaftlichen Gruppen gemindert wird.
Die heutzutage stets verwickelter
werdenden Verhältnisse zwingen die staatliche Autorität, häufiger in soziale,
wirtschaftliche und kulturelle Angelegenheiten einzugreifen; sie will damit
geeignetere Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Staatsbürger und
gesellschaftlichen Gruppen wirksamer in Freiheit das Wohl des Menschen in jeder
Hinsicht verwirklichen können. Je nach der Verschiedenheit der Länder und der
Entwicklung der Völker können jedoch die Beziehungen zwischen der Sozialisation
(7) und der Autonomie sowie der Entfaltung der Person verschieden gedacht
werden. Überall jedoch, wo die Ausübung von Rechten um des Gemeinwohls willen
zeitweise beschränkt wird, muß die Freiheit, sobald die Voraussetzungen für
diese Beschränkung wegfallen, unverzüglich wiederhergestellt werden.
Unmenschlich ist es, wenn eine Regierung auf totalitäre oder diktatorische
Formen verfällt, die die Rechte der Person und der gesellschaftlichen Gruppen
verletzen.
Die Staatsbürger sollen eine
hochherzige und treue Vaterlandsliebe pflegen, freilich ohne geistige Enge,
vielmehr so, daß sie dabei das Wohl der ganzen Menschheitsfamilie im Auge
behalten, die ja durch die mannigfachen Bande zwischen den Rassen, Völkern und
Nationen miteinander verbunden ist.
Die Christen sollen in der politischen
Gemeinschaft jene Berufung beachten, die ihnen ganz besonders eigen ist. Sie
sollen beispielgebend dafür sein, insofern sie pflichtbewußt handeln und sich
für das Gemeinwohl einsetzen. Sie sollen durch ihre Tat zeigen, wie sich
Autorität mit Freiheit, persönliche Initiative mit solidarischer Verbundenheit
zum gemeinsamen Ganzen, gebotene Einheit mit fruchtbarer Vielfalt verbinden
lassen. Berechtigte Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Ordnung irdischer
Dinge sollen sie anerkennen, und die anderen, die als Einzelne oder kollektiv
solche Meinungen anständig vertreten, sollen sie achten.
Die politischer Parteien müssen das
fördern, was ihres Erachtens nach vom Gemeinwohl gefordert wird; sie dürfen
niemals ihre Sonderinteressen über dieses Gemeinwohl stellen.
Die heute dem Volk und besonders der
Jugend so notwendige staatsbürgerliche und politische Erziehung ist eifrig zu
pflegen, so daß alle Bürger am Leben der politischen Gemeinschaft aktiv
teilnehmen können. Wer dazu geeignet ist oder sich dazu ausbilden kann, soll
sich darauf vorbereiten, den schweren, aber zugleich ehrenvollen8 Beruf des
Politikers auszuüben, und sich diesem Beruf unter Hintansetzung des eigenen
Vorteils und materiellen Gewinns widmen. Sittlich integer und klug zugleich,
soll er angehen gegen alles Unrecht und jede Unterdrückung, gegen
Willkürherrschaft und Intoleranz eines Einzelnen oder einer politischen Partei.
Redlich und gerecht, voll Liebe und politischen Muts soll er sich dem Wohl aller
widmen.
76. Politische Gemeinschaft und
Kirche
Sehr wichtig ist besonders in einer
pluralistischen Gesellschaft, daß man das Verhältnis zwischen der politischen
Gemeinschaft und der Kirche richtig sieht, so daß zwischen dem, was die Christen
als Einzelne oder im Verbund im eigenen Namen als Staatsbürger, die von ihrem
christlichen Gewissen geleitet werden, und dem, was sie im Namen der Kirche
zusammen mit ihren Hirten tun, klar unterschieden wird.
Die Kirche, die in keiner Weise
hinsichtlich ihrer Aufgabe und Zuständigkeit mit der politischen Gemeinschaft
verwechselt werden darf noch auch an irgendein politisches System gebunden ist,
ist zugleich Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person.
Die politische Gemeinschaft und die
Kirche sind auf je ihrem Gebiet voneinander unabhängig und autonom. Beide aber
dienen, wenn auch in verschiedener Begründung, der persönlichen und
gesellschaftlichen Berufung der gleichen Menschen. Diesen Dienst können beide
zum Wohl aller um so wirksamer leisten, je mehr und besser sie rechtes
Zusammenwirken miteinander pflegen; dabei sind jeweils die Umstände von Ort und
Zeit zu berücksichtigen. Der Mensch ist ja nicht auf die zeitliche Ordnung
beschränkt, sondern inmitten der menschlichen Geschichte vollzieht er
ungeschmälert seine ewige Berufung.
Die Kirche aber, in der Liebe des
Erlösers begründet, trägt dazu bei, daß sich innerhalb der Grenzen einer Nation
und im Verhältnis zwischen den Völkern Gerechtigkeit und Liebe entfalten. Indem
sie nämlich die Wahrheit des Evangeliums verkündet und alle Bereiche
menschlichen Handelns durch ihre Lehre und das Zeugnis der Christen erhellt,
achtet und fördert sie auch die politische Freiheit der Bürger und ihre
Verantwortlichkeit.
Wenn die Apostel und ihre Nachfolger
mit ihren Mitarbeitern gesandt sind, den Menschen Christus als Erlöser der Welt
zu verkünden, so stützen sie sich in ihrem Apostolat auf die Macht Gottes, der
oft genug die Kraft des Evangeliums offenbar macht in der Schwäche der Zeugen.
Wer sich dem Dienst am Wort Gottes weiht, muß sich der dem Evangelium eigenen
Wege und Hilfsmittel bedienen, die weitgehend verschieden sind von den
Hilfsmitteln der irdischen Gesellschaft.
Das Irdische und das, was am konkreten
Menschen diese Welt übersteigt, sind miteinander eng verbunden, und die Kirche
selbst bedient sich des Zeitlichen, soweit es ihre eigene Sendung erfordert.
Doch setzt sie ihre Hoffnung nicht auf Privilegien, die ihr von der staatlichen
Autorität angeboten werden. Sie wird sogar auf die Ausübung von legitim
erworbenen Rechten verzichten, wenn feststeht, daß durch deren Inanspruchnahme
die Lauterkeit ihres Zeugnisses in Frage gestellt ist, oder wenn veränderte
Lebensverhältnisse eine andere Regelung fordern.
Immer und überall aber nimmt sie das
Recht in Anspruch, in wahrer Freiheit den Glauben zu verkünden, ihre Soziallehre
kundzumachen, ihren Auftrag unter den Menschen unbehindert zu erfüllen und auch
politische Angelegenheiten einer sittlichen Beurteilung zu unterstellen, wenn
die Grundrechte der menschlichen Person oder das Heil der Seelen es verlangen.
Sie wendet dabei alle, aber auch nur jene Mittel an, welche dem Evangelium und
dem Wohl aller je nach den verschiedenen Zeiten und Verhältnissen entsprechen.
In der Treue zum Evangelium, gebunden
an ihre Sendung in der Welt und entsprechend ihrem Auftrag, alles Wahre, Gute
und Schöne in der menschlichen Gemeinschaft zu fördern (9) und zu überhöhen,
festigt die Kirche zur Ehre Gottes den Frieden unter den Menschen (10).
KAPITEL V
DIE FÖRDERUNG DES FRIEDENS UND DER
AUFBAU DER VÖLKERGEMEINSCHAFT
77. Einführung
In unseren Jahren, in denen die Leiden
und Ängste wütender oder drohender Kriege noch schwer auf den Menschen lasten,
ist die gesamte Menschheitsfamilie in einer entscheidenden Stunde ihrer
Entwicklung zur Reife angelangt. Allmählich ist sie sich untereinander
nähergekommen, und überall ist sie sich schon klarer ihrer Einheit bewußt. Da
kann sie ihre Aufgabe, die Welt für alle überall wirklich menschlicher zu
gestalten, nur erfüllen, wenn alle sich in einer inneren Erneuerung dem wahren
Frieden zuwenden. Dann strahlt unserer Zeit jene Botschaft des Evangeliums, die
dem höchsten Sehnen und Bemühen der Menschheit entspricht, in neuem Licht auf,
jene Botschaft, die die Friedensstifter seligpreist, "denn sie werden Kinder
Gottes heißen" (Mt 5,9).
Darum möchte das Konzil den wahren und
hohen Begriff des Friedens klarlegen, die Unmenschlichkeit des Krieges
verurteilen und mit allem Ernst einen Aufruf an alle Christen richten, mit Hilfe
Christi, in dem der Friede gründet, mit allen Menschen zusammenzuarbeiten, um
untereinander in Gerechtigkeit und Liebe den Frieden zu festigen und all das
bereitzustellen, was dem Frieden dient.
78. Vom Wesen des Friedens
Der Friede besteht nicht darin, daß
kein Krieg ist; er läßt sich auch nicht bloß durch das Gleichgewicht
entgegengesetzter Kräfte sichern; er entspringt ferner nicht dem Machtgebot
eines Starken; er heißt vielmehr mit Recht und eigentlich ein "Werk der
Gerechtigkeit" (Jes 32,17). Er ist die Frucht der Ordnung, die ihr
göttlicher Gründer selbst in die menschliche Gesellschaft eingestiftet hat und
die von den Menschen durch stetes Streben nach immer vollkommenerer
Gerechtigkeit verwirklicht werden muß. Zwar wird das Gemeinwohl des
Menschengeschlechts grundlegend vom ewigen Gesetz Gottes bestimmt, aber in
seinen konkreten Anforderungen unterliegt es dem ständigen Wandel der Zeiten;
darum ist der Friede niemals endgültiger Besitz, sondern immer wieder neu zu
erfüllende Aufgabe. Da zudem der menschliche Wille schwankend und von der Sünde
verwundet ist, verlangt die Sorge um den Frieden, daß jeder dauernd seine
Leidenschaft beherrscht und daß die rechtmäßige Obrigkeit wachsam ist.
Dies alles genügt noch nicht. Dieser
Friede kann auf Erden nicht erreicht werden ohne Sicherheit für das Wohl der
Person und ohne daß die Menschen frei und vertrauensvoll die Reichtümer ihres
Geistes und Herzens miteinander teilen. Der feste Wille, andere Menschen und
Völker und ihre Würde zu achten, gepaart mit einsatzbereiter und tätiger
Brüderlichkeit - das sind unerläßliche Voraussetzungen für den Aufbau des
Friedens. So ist der Friede auch die Frucht der Liebe, die über das hinausgeht,
was die Gerechtigkeit zu leisten vermag.
Der irdische Friede, der seinen
Ursprung in der Liebe zum Nächsten hat, ist aber auch Abbild und Wirkung des
Friedens, den Christus gebracht hat und der von Gott dem Vater ausgeht. Dieser
menschgewordene Sohn, der Friedensfürst, hat nämlich durch sein Kreuz alle
Menschen mit Gott versöhnt und die Einheit aller in einem Volk und in einem Leib
wiederhergestellt. Er hat den Haß an seinem eigenen Leib getötet (1), und durch
seine Auferstehung erhöht, hat er den Geist der Liebe in die Herzen der Menschen
ausgegossen.
Das ist ein eindringlicher Aufruf an
alle Christen: "die Wahrheit in Liebe zu tun" (Eph 4,15) und sich mit
allen wahrhaft friedliebenden Menschen zu vereinen, um den Frieden zu erbeten
und aufzubauen.
Vom gleichen Geist bewegt, können wir
denen unsere Anerkennung nicht versagen, die bei der Wahrung ihrer Rechte darauf
verzichten, Gewalt anzuwenden, sich vielmehr auf Verteidigungsmittel
beschränken, so wie sie auch den Schwächeren zur Verfügung stehen,
vorausgesetzt, daß dies ohne Verletzung der Rechte und Pflichten anderer oder
der Gemeinschaft möglich ist.
Insofern die Menschen Sünder sind,
droht ihnen die Gefahr des Krieges, und sie wird ihnen drohen bis zur Ankunft
Christi. Soweit aber die Menschen sich in Liebe vereinen und so die Sünde
überwinden, überwinden sie auch die Gewaltsamkeit, bis sich einmal die Worte
erfüllen: "Zu Pflügen schmieden sie ihre Schwerter um, zu Winzermessern ihre
Lanzen. Kein Volk zückt mehr gegen das andere das Schwert. Das Kriegshandwerk
gibt es nicht mehr" (Jes 2,4).
Erster Abschnitt: Von der Vermeidung
des Krieges
79. Der Unmenschlichkeit der
Kriege Dämme setzen
Obwohl die jüngsten Kriege unserer Welt
ungeheuren materiellen und moralischen Schaden zugefügt haben, setzt der Krieg
doch jeden Tag in irgendeinem Teil der Welt seine Verwüstungen fort. Es droht
sogar beim Gebrauch wissenschaftlicher Waffen, gleich welcher Art, eine Barbarei
der Kriegführung, die die Kämpfenden zu Grausamkeiten verleitet, die die
vergangener Zeiten weit übersteigt. Die Kompliziertheit der heutigen Lage und
die Verflochtenheit der internationalen Beziehungen ermöglichen zudem neue
hinterhältige und umstürzlerische Methoden, Kriege zu tarnen und in die Länge zu
ziehen. In vielen Fällen gibt der Einsatz terroristischer Praktiken der
Kriegführung eine neue Gestalt.
Diesen beklagenswerten Zustand der
Menschheit vor Augen, möchte das Konzil vor allem an die bleibende Geltung des
natürlichen Völkerrechts und seiner allgemeinen Prinzipien erinnern. Das
Gewissen der gesamten Menschheit bekennt sich zu diesen Prinzipien mit
wachsendem Nachdruck. Handlungen, die in bewußtem Widerspruch zu ihnen stehen,
sind Verbrechen; ebenso Befehle, die solche Handlungen anordnen; auch die
Berufung auf blinden Gehorsam kann den nicht entschuldigen, der sie ausführt. Zu
diesen Handlungen muß man an erster Stelle rechnen: ein ganzes Volk, eine Nation
oder eine völkische Minderheit aus welchem Grunde und mit welchen Mitteln auch
immer auszurotten. Das sind furchtbare Verbrechen, die aufs schärfste zu
verurteilen sind. Höchste Anerkennung verdient dagegen die Haltung derer, die
sich solchen Befehlen furchtlos und offen widersetzen.
Für den Kriegsfall bestehen
verschiedene internationale Konventionen, von einer recht großen Anzahl von
Ländern mit dem Ziel unterzeichnet, die Unmenschlichkeit von Kriegshandlungen
und -folgen zu mindern, etwa die Konventionen zum Schutz der Verwundeten und
Kriegsgefangenen und verschiedene ähnliche Abmachungen. Diese Verträge müssen
gehalten werden. Außerdem müssen alle, insbesondere die Regierungen und die
Sachverständigen, alles tun, um diese Abmachungen nach Möglichkeit zu verbessern
und dadurch die Unmenschlichkeiten des Krieges besser und wirksamer einzudämmen.
Ferner scheint es angebracht, daß Gesetze für die in humaner Weise Vorsorge
treffen, die aus Gewissensgründen den Wehrdienst verweigern, vorausgesetzt, daß
sie zu einer anderen Form des Dienstes an der menschlichen Gemeinschaft bereit
sind.
Allerdings - der Krieg ist nicht aus
der Welt geschafft. Solange die Gefahr von Krieg besteht und solange es noch
keine zuständige internationale Autorität gibt, die mit entsprechenden Mitteln
ausgestattet ist, kann man, wenn alle Möglichkeiten einer friedlichen Regelung
erschöpft sind, einer Regierung das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung
nicht absprechen. Die Regierenden und alle, die Verantwortung für den Staat
tragen, sind verpflichtet, das Wohl der ihnen anvertrauten Völker zu schützen,
und sie sollen diese ernste Sache ernst nehmen. Der Einsatz militärischer
Mittel, um ein Volk rechtmäßig zu verteidigen, hat jedoch nichts zu tun mit dem
Bestreben, andere Nationen zu unterjochen. Das Kriegspotential legitimiert auch
nicht jeden militärischen oder politischen Gebrauch. Auch wird nicht deshalb,
weil ein Krieg unglücklicherweise ausgebrochen ist, damit nun jedes Kampfmittel
zwischen den gegnerischen Parteien erlaubt.
Wer als Soldat im Dienst des
Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der
Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung
des Friedens bei.
80. Der totale Krieg
Mit der Fortentwicklung
wissenschaftlicher Waffen wachsen der Schrecken und die Verwerflichkeit des
Krieges ins Unermeßliche. Die Anwendung solcher Waffen im Krieg vermag ungeheure
und unkontrollierbare Zerstörungen auszulösen, die die Grenzen einer gerechten
Verteidigung weit überschreiten. Ja wenn man alle Mittel, die sich schon in den
Waffenlagern der Großmächte befinden, voll einsetzen würde, würde sich daraus
eine fast totale und gegenseitige Vernichtung des einen Gegners durch den
anderen ergeben, abgesehen von den zahllosen Verwüstungen in der Welt, die dem
Gebrauch solcher Waffen als verhängnisvolle Nachwirkungen folgen.
All dies zwingt uns, die Frage des
Krieges mit einer ganz neuen inneren Einstellung zu prüfen (2). Die Menschen
unseres Zeitalters sollen wissen, daß sie über ihre kriegerischen Handlungen
einmal schwere Rechenschaft abzulegen haben. Von ihren heutigen Entscheidungen
hängt nämlich weitgehend der Lauf der Zukunft ab.
Deshalb macht sich diese Heilige Synode
die Verurteilung des totalen Krieges, wie sie schon von den letzten Päpsten
ausgesprochen wurde (3), zu eigen und erklärt:
Jede Kriegshandlung, die auf die
Vernichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung
unterschiedslos abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen,
das fest und entschieden zu verwerfen ist.
Die besondere Gefahr des modernen
Krieges besteht darin, daß er sozusagen denen, die im Besitz neuerer
wissenschaftlicher Waffen sind, die Gelegenheit schafft, solche Verbrechen zu
begehen, und in einer Art unerbittlicher Verstrickung den Willen des Menschen zu
den fürchterlichsten Entschlüssen treiben kann. Damit in Zukunft so etwas nie
geschieht, beschwören die versammelten Bischöfe des ganzen Erdkreises alle,
insbesondere die Regierenden und die militärischen Befehlshaber, sich jederzeit
der großen Verantwortung bewußt zu sein, die sie vor Gott und der ganzen
Menschheit tragen.
81. Der Rüstungswettlauf
Die wissenschaftlichen Waffen werden
nun aIlerdings nicht nur zum Einsatz im Kriegsfall angehäuft. Weil man meint,
daß die Stärke der Verteidigung von der Fähigkeit abhänge, bei einem Angriff des
Gegners blitzartig zurückzuschlagen, dient diese noch jährlich wachsende
Anhäufung von Waffen dazu, auf diese ungewöhnliche Art mögliche Gegner
abzuschrecken. Viele halten dies heute für das wirksamste Mittel, einen gewissen
Frieden zwischen den Völkern zu sichern.
Wie immer man auch zu dieser Methode
der Abschreckung stehen mag - die Menschen sollten überzeugt sein, daß der
Rüstungswettlauf, zu dem nicht wenige Nationen ihre Zuflucht nehmen, kein
sicherer Weg ist, den Frieden zu sichern, und daß das daraus sich ergebende
sogenannte Gleichgewicht kein sicherer und wirklicher Friede ist. Statt daß
dieser die Ursachen des Krieges beseitigt, drohen diese dadurch sogar eher
weiter zuzunehmen. Während man riesige Summen für die Herstellung immer neuer
Waffen ausgibt, kann man nicht genügend Hilfsmittel bereitstellen zur Bekämpfung
all des Elends in der heutigen Welt. Anstatt die Spannungen zwischen den Völkern
wirklich und gründlich zu lösen, überträgt man sie noch auf andere Erdteile.
Neue Wege, von einer inneren Wandlung aus beginnend, müssen gewählt werden, um
dieses Ärgernis zu beseitigen, die Welt von der drückenden Angst zu befreien und
ihr den wahren Frieden zu schenken.
Darum muß noch einmal erklärt werden:
Der Rüstungswettlauf ist eine der schrecklichsten Wunden der Menschheit, er
schädigt unerträglich die Armen. Wenn hier nicht Hilfe geschaffen wird, ist zu
befürchten, daß er eines Tages all das tödliche Unheil bringt, wozu er schon
jetzt die Mittel bereitstellt.
Gewarnt vor Katastrophen, die das
Menschengeschlecht heute möglich macht, wollen wir die Frist, die uns noch von
oben gewährt wurde, nützen, um mit geschärftem Verantwortungsbewußtsein Methoden
zu finden, unsere Meinungsverschiedenheiten auf eine Art und Weise zu lösen, die
des Menschen würdiger ist. Die göttliche Vorsehung fordert dringend von uns, daß
wir uns von der alten Knechtschaft des Krieges befreien.
Wohin uns der verhängnisvolle Weg, den
wir beschritten haben, führen mag, falls wir nicht diesen Versuch zur Umkehr
machen, das wissen wir nicht.
82. Die absolute Ächtung des
Krieges: eine weltweite Aktion, ihn zu verhindern
Es ist also deutlich, daß wir mit all
unseren Kräften jene Zeit vorbereiten müssen, in der auf der Basis einer
Übereinkunft zwischen allen Nationen jeglicher Krieg absolut geächtet werden
kann. Das erfordert freilich, daß eine von allen anerkannte öffentliche
Weltautorität eingesetzt wird, die über wirksame Macht verfügt, um für alle
Sicherheit, Wahrung der Gerechtigkeit und Achtung der Rechte zu gewährleisten.
Bevor aber diese wünschenswerte Autorität konstituiert werden kann, müssen die
jetzigen internationalen höchsten Gremien sich intensiv um Mittel bemühen, die
allgemeine Sicherheit besser zu gewährleisten. Da der Friede aus dem
gegenseitigen Vertrauen der Völker erwachsen sollte, statt den Nationen durch
den Schrecken der Waffen auferlegt zu werden, sollten alle sich bemühen, dem
Wettrüsten ein Ende zu machen. Man soll wirklich mit der Abrüstung beginnen,
nicht einseitig, sondern in vertraglich festgelegten gleichen Schritten und mit
echten und wirksamen Sicherungen (4).
Inzwischen sind Versuche, wie sie schon
unternommen wurden und noch werden, die Gefahr des Krieges abzuwenden,
keineswegs geringzuschätzen. Man sollte vielmehr den guten Willen der überaus
vielen stützen, die, beladen durch ihr hohes Amt, aber zugleich im Gewissen
bedrängt durch die Schwere ihrer Verantwortung, darauf hinwirken, daß der Krieg,
den sie verabscheuen, aus der Welt geschafft werde, wenn sie auch nicht an der
Kompliziertheit der faktischen Verhältnisse vorbeisehen können. Inständig muß
man zu Gott beten, daß er ihnen die Kraft gibt, dieses hohe Werk der Liebe zu
den Menschen, den kraftvollen Aufbau des Friedens immer wieder neu zu beginnen
und tapfer durchzuhalten. Dies verlangt heute sicher von ihnen, daß sie mit
Geist und Herz über die Grenzen ihrer eigenen Nation hinausschauen, daß sie auf
nationalen Egoismus und den Ehrgeiz, andere Nationen zu beherrschen, verzichten,
daß sie eine tiefe Ehrfurcht empfinden für die ganze Menschheit, die sich so
mühsam schon auf eine größere Einheit hinbewegt.
Über die Probleme des Friedens und der
Abrüstung sind schon tiefe, mutige und unermüdliche Forschungen angestellt
worden. Internationale Kongresse befaßten sich damit. Man sollte dies alles als
erste Schritte zur Lösung dieser so schwierigen Fragen ansehen und für die
Zukunft noch intensiver fördern, wenn man praktikable Ergebnisse erreichen will.
Indessen soll man sich hüten, sich nur auf die Anstrengungen einiger zu
verlassen, ohne die eigene Einstellung zu überprüfen. Denn die Staatsmänner, die
das Gemeinwohl ihres eigenen Volkes zu verantworten und gleichzeitig das Wohl
der gesamten Welt zu fördern haben, sind sehr abhängig von der öffentlichen
Meinung und Einstellung der Massen. Nichts nützt ihnen ihr Bemühen, Frieden zu
stiften, wenn Gefühle der Feindschaft, Verachtung, Mißtrauen, Rassenhaß und
ideologische Verhärtung die Menschen trennen und zu Gegnern machen. Darum sind
vor allem eine neue Erziehung und ein neuer Geist in der öffentlichen Meinung
dringend notwendig. Wer sich der Aufgabe der Erziehung, vor allem der Jugend,
widmet und wer die öffentliche Meinung mitformt, soll es als seine schwere
Pflicht ansehen, in allen eine neue Friedensgesinnung zu wecken. Wir alle müssen
uns wandeln in unserer Gesinnung und müssen die ganze Welt und jene Aufgaben in
den Blick bekommen, die wir alle zusammen zum Fortschritt der Menschheit auf uns
nehmen können.
Täuschen wir uns nicht durch eine
falsche Hoffnung! Wenn Feindschaft und Haß nicht aufgegeben werden, wenn es
nicht zum Abschluß fester und ehrenhafter Verträge kommt, die für die Zukunft
einen allgemeinen Frieden sichern, dann geht die Menschheit, die jetzt schon in
Gefahr schwebt, trotz all ihrer bewundernswürdigen Wissenschaft jener dunklen
Stunde entgegen, wo sie keinen andern Frieden mehr spürt als die schaurige Ruhe
des Todes.
Aber während die Kirche Christi mitten
in den Ängsten dieser Zeit lebt und diese Worte ausspricht, hört sie nicht auf,
zuversichtlich zu hoffen. Unserer Zeit will sie immer wieder - gelegen oder
ungelegen - die apostolische Botschaft verkünden: "Seht, jetzt ist die Zeit der
Gnade" zur Bekehrung der Herzen; "jetzt ist der Tag des Heils" (5).
Zweiter Abschnitt: Der Aufbau der
internationalen Gemeinschaft
83. Die Ursachen der Zwietracht
und ihre Heilmittel
Um den Frieden aufzubauen, müssen vor
allem die Ursachen der Zwietracht in der Welt, die zum Krieg führen, beseitigt
werden, an erster Stelle die Ungerechtigkeiten. Nicht wenige entspringen allzu
großen wirtschaftlichen Ungleichheiten oder auch der Verzögerung der notwendigen
Hilfe. Andere entstehen aus Herrschsucht und Mißachtung der Menschenwürde und,
wenn wir nach den tieferen Gründen suchen, aus Neid, Mißtrauen, Hochmut und
anderen egoistischen Leidenschaften. Da der Mensch so viel Unordnung nicht
ertragen kann, folgt daraus, daß die Welt auch ohne das Wüten des Krieges
dauernd von zwischenmenschlichen Spannungen und gewaltsamen Auseinandersetzungen
vergiftet wird. Weil außerdem dieselben Übel auch in den Beziehungen unter den
Völkern zu finden sind, müssen, will man sie überwinden oder verhüten und die
zügellose Gewaltanwendung verhindern, die internationalen Institutionen besser
und enger zusammenarbeiten und koordiniert werden; ebenso muß auf die Bildung
neuer Organe für die Förderung des Friedens unermüdlich hingearbeitet werden.
84. Die Völkergemeinschaft und
die internationalen Institutionen
Um bei der wachsenden gegenseitigen
engen Abhängigkeit aller Menschen und aller Völker auf dem ganzen Erdkreis das
allgemeine Wohl der Menschheit auf geeignetem Weg zu suchen und in wirksamerer
Weise zu erreichen, muß sich die Völkergemeinschaft eine Ordnung geben, die den
heutigen Aufgaben entspricht, vor allem im Hinblick auf die zahlreichen Gebiete,
die immer noch unerträgliche Not leiden.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen die
Institutionen der internationalen Gemeinschaft den verschiedenen Bedürfnissen
der Menschen nach Kräften Rechnung tragen, und zwar sowohl in den Bereichen des
sozialen Lebens, z.B. Ernährung, Gesundheit, Erziehung, Arbeit, als auch in
besonderen Situationen, die hier und dort entstehen können, z.B. die allgemein
bestehende Notwendigkeit, den Aufstieg der Entwicklungsländer zu fördern, die
Leiden der Flüchtlinge in der ganzen Welt zu lindern oder auch Auswanderer und
ihre Familien zu unterstützen.
Die bereits bestehenden internationalen
Institutionen, sowohl auf weltweiter wie auf regionaler Ebene, machen sich ohne
Zweifel um die Menschheit hoch verdient. Sie erscheinen als erste Versuche, eine
internationale Grundlage für die Gemeinschaft der ganzen Menschheit zu schaffen,
damit so die schweren Fragen unserer Zeit gelöst werden: den Fortschritt überall
zu fördern und Kriege in jeder Form zu verhindern. Die Kirche freut sich über
den Geist wahrer Brüderlichkeit zwischen Christen und Nichtchristen, der auf all
diesen Gebieten zu immer größeren Anstrengungen drängt, um die ungeheuere Not zu
lindern.
85. Die internationale
wirtschaftliche Zusammenarbeit
Die heutige enge Verbundenheit der
Menschheit erfordert auch auf wirtschaftlichem Gebiet eine stärkere
internationale Zusammenarbeit. Wenn auch fast alle Völker politische
Unabhängigkeit erlangt haben, ist es doch noch lange nicht so weit, daß sie von
allzu großen Ungleichheiten und jeder Form ungebührlicher Abhängigkeit frei und
jeder Gefahr schwerer innerer Konflikte enthoben sind.
Die Entwicklung einer Nation hängt von
menschlichen und finanziellen Hilfen ab. Die Bürger einer jeden Nation müssen
durch Erziehung und Berufsausbildung für die verschiedenen Aufgaben in
Wirtschaft und Gesellschaft vorbereitet werden. Dazu ist die Hilfe ausländischer
Fachkräfte erforderlich, die bei ihrem Einsatz nicht als Herren auftreten
dürfen, sondern Helfer und Mitarbeiter sein sollen. Materielle Hilfe wird den
aufstrebenden Völkern nicht zuteil werden, wenn die Praktiken des heutigen
Welthandels sich nicht von Grund auf ändern. Darüber hinaus müssen von den
hochentwickelten Ländern Hilfen in Form von Zuschüssen, Krediten und
Kapitalinvestitionen gewährt werden. Diese sollen von der einen Seite großherzig
und ohne Profitsucht gewährt und von der anderen in ehrenhafter Haltung
angenommen werden.
Um zu einer echten weltumfassenden
Wirtschaftsordnung zu kommen, muß auf übertriebenes Gewinnstreben, nationales
Prestige, politische Herrschsucht, militaristische Überlegungen und
Machenschaften zur zwangsweisen Verbreitung von Ideologien verzichtet werden.
Viele wirtschaftliche und soziale Systeme werden vorgeschlagen. Es ist zu
wünschen, daß Fachleute eine gemeinsame Grundlage für einen gesunden Welthandel
finden können. Das wird leichter zu erreichen sein, wenn die Einzelnen ihre
Vorurteile ablegen und zu einem aufrichtigen Dialog bereit sind.
86. Einige praktische Normen
Für diese Zusammenarbeit scheinen
folgende Normen nützlich zu sein:
a) Den Völkern der Entwicklungsländer
muß sehr daran gelegen sein, als Ziel des Fortschritts ausdrücklich und
entschieden die volle menschliche Entfaltung ihrer Bürger zu erstreben. Sie
sollen daran denken, daß der Fortschritt vor allem aus der Arbeit und den
Fähigkeiten der Völker selbst entspringt und sich steigert und sich nicht allein
auf fremde Hilfe, sondern vor allem auf die volle Erschließung der eigenen
Hilfsquellen und ihren Ausbau entsprechend den eigenen Fähigkeiten und
Traditionen stützen muß. Hier sollen jene Völker mit gutem Beispiel vorangehen,
die größeren Einfluß auf andere haben.
b) Es ist eine schwere Verpflichtung
der hochentwickelten Länder, den aufstrebenden Völkern bei der Erfüllung der
genannten Aufgaben zu helfen. Darum sollen sie bei sich selbst die geistigen und
materiellen Anpassungen durchführen, die zur Organisation dieser weltweiten
Zusammenarbeit erforderlich sind. So sollen sie beim Handel mit den schwächeren
und ärmeren Nationen deren Wohl bewußt berücksichtigen. Denn diese brauchen den
Erlös aus dem Verkauf ihrer Erzeugnisse zum eigenen Unterhalt.
c) Aufgabe der internationalen
Gemeinschaft ist es, die wirtschaftliche Entwicklung zu ordnen und ihr Anreize
zu geben, jedoch so, daß die dafür bestimmten Mittel so wirksam und gerecht wie
möglich vergeben werden. Sache dieser Gemeinschaft ist es auch, unter
Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips die wirtschaftlichen Verhältnisse
weltweit so zu ordnen, daß sie sich nach der Norm der Gerechtigkeit entwickeln.
Es sollen geeignete Institutionen zur
Förderung und Ordnung des internationalen Handels gegründet werden, vor allem
mit den weniger entwickelten Nationen, und zwar zum Ausgleich der
Unzuträglichkeit, die sich aus den allzu großen Machtunterschieden zwischen den
Völkern ergeben. Solche ordnende Maßnahmen in Verbindung mit technischer,
kultureller und finanzieller Unterstützung sollen den aufstrebenden Nationen die
notwendigen Hilfen gewähren, damit sie ein entsprechendes Wachstum ihrer
Wirtschaft erreichen können.
d) In vielen Fällen besteht die
Notwendigkeit, die wirtschaftliche und soziale Struktur zu überprüfen. Aber man
muß sich hüten vor bloß organisatorischen, unausgereiften Lösungen, besonders
vor solchen, die dem Menschen zwar materielle Erleichterungen bieten, seiner
geistigen Anlage und Entwicklung aber schaden. Denn "nicht vom Brot allein lebt
der Mensch, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt" (Mt
4,4). Jeder Teil der Menschheitsfamilie trägt in sich und in seinen besten
Traditionen einen Teil des geistigen Erbes, das Gott der Menschheit anvertraut
hat, wenn auch viele seine Herkunft nicht kennen.
87. Die internationale
Zusammenarbeit im Hinblick auf das Bevölkerungswachstum
Besonders drängend wird die
internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf jene Völker, die heute häufig
neben vielen anderen Problemen vor allem durch jenes bedrängt werden, das aus
dem raschen Bevölkerungswachstum entsteht. Es ist dringend erforderlich, daß
alle Nationen, besonders die wohlhabenden, in umfassender und gründlicher
Zusammenarbeit Wege suchen, wie die zum Lebensunterhalt und zur angemessenen
Ausbildung nötigen Mittel bereitgestellt und der ganzen Menschheit zugänglich
gemacht werden können. Manche Völker könnten ihre Lebensbedingungen sehr
verbessern, wenn sie nach entsprechender Unterweisung von veralteten Methoden
der landwirtschaftlichen Erzeugung zu neuen technischen Verfahren übergingen,
die sie mit der notwendigen Klugheit ihren Verhältnissen anpassen müßten, und
darüber hinaus eine bessere soziale Ordnung einführten sowie die Verteilung des
Landbesitzes gerechter ordneten.
Die Regierungen aber haben in bezug auf
die Bevölkerungsprobleme in ihrem eigenen Land Rechte und Pflichten innerhalb
der Grenzen ihrer Zuständigkeit, z.B. was die Sozial- und Familiengesetzgebung
angeht, die Landflucht und die Information über den Zustand und die Bedürfnisse
der Nation. Da die Menschen heute von diesem Problem so stark bewegt werden, ist
auch zu wünschen, daß katholische Fachleute, vor allem an den Universitäten, die
Forschung und die Versuche auf diesem Gebiet planmäßig weiterverfolgen und
entwickeln.
Vielfach wird die Behauptung
aufgestellt, das Wachstum der Erdbevölkerung müsse, wenigstens in bestimmten
Ländern, mit allen Mitteln, auch durch Eingriffe des Staates, gleich welcher
Art, radikal gedrosselt werden. Das Konzil richtet deshalb an alle die Mahnung,
sich vor öffentlich oder privat empfohlenen, manchmal auch aufgenötigten
Lösungen zu hüten, die dem Sittengesetz widersprechen. Nach dem unveräußerlichen
Menschenrecht auf Ehe und Kinderzeugung hängt die Entscheidung über die Zahl der
Kinder vom rechten Urteil der Eltern ab und kann keinesfalls dem Urteil der
staatlichen Autorität überlassen werden. Da aber das Urteil der Eltern ein
richtig gebildetes Gewissen voraussetzt, ist es von großer Bedeutung, daß allen
die Möglichkeit geboten wird, in sich die rechte und wahrhaft menschliche
Verantwortlichkeit zu bilden, die sich am göttlichen Gesetz orientiert und die
jeweiligen Verhältnisse berücksichtigt. Das erfordert aber, daß weithin die
erzieherischen und sozialen Bedingungen verbessert werden und vor allem daß eine
religiöse Bildung oder wenigstens eine umfassende sittliche Unterweisung geboten
wird. Über die wissenschaftlichen Fortschritte in der Erforschung von sicheren
und moralisch einwandfreien Methoden, die den Eheleuten bei der Regelung der
Kinderzahl helfen können, sollen die Menschen in kluger Weise unterrichtet
werden.
88. Der Auftrag der Christen zur
Hilfeleistung
Zum Aufbau einer internationalen
Ordnung, in der die rechtmäßigen Freiheiten aller wirklich geachtet werden und
wahre Brüderlichkeit bei allen herrscht, sollen die Christen gern und von Herzen
mitarbeiten, und das um so mehr, als der größere Teil der Welt noch unter
solcher Not leidet, daß Christus selbst in den Armen mit lauter Stimme seine
Jünger zur Liebe aufruft. Das Ärgernis soll vermieden werden, daß einige
Nationen, deren Bürger in überwältigender Mehrheit den Ehrennamen "Christen"
tragen, Güter in Fülle besitzen, während andere nicht genug zum Leben haben und
von Hunger, Krankheit und Elend aller Art gepeinigt werden. Denn der Geist der
Armut und Liebe ist Ruhm und Zeugnis der Kirche Christi.
Lob und Unterstützung verdienen jene
Christen, vor allem jene jungen Menschen, die freiwillig anderen Menschen und
Völkern ihre persönliche Hilfe zur Verfügung stellen. Es ist jedoch Sache des
ganzen Volkes Gottes, wobei die Bischöfe mit Wort und Beispiel vorangehen
müssen, die Nöte unserer Zeit nach Kräften zu lindern, und zwar nach alter
Tradition der Kirche nicht nur aus dem Überfluß, sondern auch von der Substanz.
Das Sammeln und Verteilen von Mitteln
muß, zwar ohne starre und einförmige Organisation, jedoch ordnungsgemäß, in den
Diözesen, den Ländern und in der ganzen Welt durchgeführt werden, und das in
Zusammenarbeit der Katholiken mit den übrigen Christen, wo immer es angebracht
erscheint. Denn der Geist der Liebe verbietet durchaus nicht die wohlüberlegte
und organisierte Durchführung einer sozialen und caritativen Aktion, sondern
fordert sie sogar. Darum ist es auch notwendig, daß diejenigen, die sich dem
Dienst in Entwicklungsländern widmen wollen, in geeigneten Instituten
ausgebildet werden.
89. Die wirksame Präsenz der
Kirche in der internationalen Gemeinschaft
Kraft ihrer göttlichen Sendung
verkündet die Kirche allen Menschen das Evangelium und spendet ihnen die Schätze
der Gnade. Dadurch leistet sie überall einen wichtigen Beitrag zur Festigung des
Friedens und zur Schaffung einer soliden Grundlage der brüderlichen Gemeinschaft
unter den Menschen und Völkern, nämlich die Kenntnis des göttlichen und
natürlichen Sittengesetzes. Darum muß die Kirche in der Völkergemeinschaft
präsent sein, um die Zusammenarbeit unter den Menschen zu fördern und anzuregen.
Das geschieht sowohl durch ihre öffentlichen Institutionen wie durch die
umfassende und aufrichtige Zusammenarbeit aller Christen, deren einziger
Beweggrund der Wunsch ist, allen zu dienen.
Das wird um so eher gelingen, wenn alle
Gläubigen im Bewußtsein ihrer menschlichen und christlichen Verantwortung in
ihrem eigenen Lebensbereich daran mitwirken, den Wunsch zu tatkräftiger
Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft zu wecken. Besondere
Sorgfalt ist dabei auf die Bildung der Jugend zu verwenden, vor allem in der
religiösen und staatsbürgerlichen Erziehung.
90. Die Aufgabe der Christen in
den internationalen Institutionen
Eine hervorragende Form des
internationalen Wirkens der Christen ist zweifellos die Mitarbeit, die sie
einzeln und organisiert in den vorhandenen oder zu gründenden Institutionen zur
Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen leisten. Darüber hinaus können
die verschiedenen katholischen internationalen Organisationen auf vielfache
Weise zum Aufbau einer friedlichen und brüderlichen Völkergemeinschaft
beitragen. Sie verdienen gestärkt zu werden durch erhöhten Einsatz gut
vorgebildeter Mitarbeiter, durch Vermehrung der notwendigen Hilfsmittel und
durch geeignete Koordinierung der Kräfte. Denn in unserer Zeit sind sowohl zum
Erfolg von Aktionen als auch zu dem notwendig gewordenen Dialog gemeinsame
Bemühungen erforderlich. Solche Vereinigungen tragen außerdem nicht wenig dazu
bei, den Sinn für die Weltprobleme zu entwickeln, was den Katholiken gemäß ist,
und das Bewußtsein wahrhaft weltweiter Solidarität und Verantwortung zu wecken.
Schließlich ist zu wünschen, daß die
Katholiken zur rechten Erfüllung ihrer Aufgabe in der internationalen
Gemeinschaft eine tatkräftige und positive Zusammenarbeit anstreben mit den
getrennten Brüdern, die sich gemeinsam mit ihnen zur Liebe des Evangeliums
bekennen, und mit allen Menschen, die den wahren Frieden ersehnen. Aber
angesichts der zahllosen Drangsale, unter denen der größere Teil der Menschheit
auch heute noch leidet, hält es das Konzil für sehr zweckmäßig, ein Organ der
Gesamtkirche zu schaffen, um die Gerechtigkeit und Liebe Christi den Armen in
aller Welt zuteil werden zu lassen. Seine Aufgabe soll es sein, die Gemeinschaft
der Katholiken immer wieder anzuregen, den Aufstieg der notleidenden Gebiete und
die soziale Gerechtigkeit unter den Völkern zu fördern.
SCHLUSSWORT
91. Der Auftrag der einzelnen
Gläubigen und der Teilkirchen
Was diese HeiIige Synode aus dem Schatz
der kirchlichen Lehre vorlegt, will allen Menschen unserer Zeit helfen, ob sie
an Gott glauben oder ihn nicht ausdrücklich anerkennen, klarer ihre Berufung
unter jeder Hinsicht zu erkennen, die Welt mehr entsprechend der hohen Würde des
Menschen zu gestalten, eine weltweite und tiefer begründete Brüderlichkeit zu
erstreben und aus dem Antrieb der Liebe in hochherzigem, gemeinsamem Bemühen den
dringenden Erfordernissen unserer Zeit gerecht zu werden.
Mit Rücksicht auf die unabsehbare
Differenzierung der Verhältnisse und der Kulturen in der Welt hat diese
konziliare Erklärung in vielen Teilen mit Bedacht einen ganz allgemeinen
Charakter; ja, obwohl sie eine Lehre vorträgt, die in der Kirche schon anerkannt
ist, wird sie noch zu vervollkommnen und zu ergänzen sein, da oft von Dingen die
Rede ist, die einer ständigen Entwicklung unterworfen sind.
Wir sind aber von der festen Zuversicht
erfüllt, daß vieles von dem, was wir, gestützt auf Gottes Wort und den Geist des
Evangeliums, vorgetragen haben, allen eine gute Hilfe sein kann, zumal wenn es
von den Gläubigen unter Leitung ihrer Hirten an die Situation und Denkweisen der
einzelnen Völker angepaßt sein wird.
92. Der Dialog mit allen Menschen
Die Kirche wird kraft ihrer Sendung,
die ganze Welt mit der Botschaft des Evangeliums zu erleuchten und alle Menschen
aller Nationen, Rassen und Kulturen in einem Geist zu vereinigen, zum Zeichen
jener Brüderlichkeit, die einen aufrichtigen Dialog ermöglicht und gedeihen
läßt.
Das aber verlangt von uns, daß wir vor
allem in der Kirche selbst, bei Anerkennung aller rechtmäßigen Verschiedenheit,
gegenseitige Hochachtung, Ehrfurcht und Eintracht pflegen, um ein immer
fruchtbareres Gespräch zwischen allen in Gang zu bringen, die das eine Volk
Gottes bilden, Geistliche und Laien. Stärker ist, was die Gläubigen eint als was
sie trennt. Es gelte im Notwendigen Einheit, im Zweifel Freiheit, in allem die
Liebe (1).
Im Geist umarmen wir auch die Brüder,
die noch nicht in voller Einheit mit uns leben, und ihre Gemeinschaften, mit
denen wir aber im Bekenntnis des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
und durch das Band der Liebe verbunden sind. Dabei sind wir uns bewußt, daß
heute auch von vielen Nichtchristen die Einheit der Christen erwartet und
gewünscht wird.
Je mehr diese Einheit unter dem
mächtigen Antrieb des Heiligen Geistes in Wahrheit und Liebe wächst, um so mehr
wird sie für die ganze Welt eine Verheißung der Einheit und des Friedens sein.
Darum müssen wir mit vereinten Kräften und in Formen, die zur wirksamen
Erreichung dieses großen Zieles immer besser geeignet sind, in immer größerer
Übereinstimmung mit dem Evangelium brüderlich zusammenarbeiten, um der
Menschheitsfamilie zu dienen, die in Christus Jesus zur Familie der Gotteskinder
berufen ist.
Wir wenden uns dann auch allen zu, die
Gott anerkennen und in ihren Traditionen wertvolle Elemente der Religion und
Humanität bewahren, und wünschen, daß ein offener Dialog uns alle dazu bringt,
die Anregungen des Geistes treulich aufzunehmen und mit Eifer zu erfüllen.
Der Wunsch nach einem solchen Dialog,
geführt einzig aus Liebe zur Wahrheit und unter Wahrung angemessener Diskretion,
schließt unsererseits niemanden aus, weder jene, die hohe Güter der Humanität
pflegen, deren Urheber aber noch nicht anerkennen, noch jene, die Gegner der
Kirche sind und sie auf verschiedene Weise verfolgen.
Da Gott der Vater Ursprung und Ziel
aller ist, sind wir alle dazu berufen, Brüder zu sein. Und darum können und
müssen wir aus derselben menschlichen und göttlichen Berufung ohne Gewalt und
ohne Hintergedanken zum Aufbau einer wahrhaft friedlichen Welt zusammenarbeiten.
93. Der Aufbau und die Vollendung
der Welt
Die Christen können, eingedenk des
Wortes des Herrn: "Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn
ihr einander liebt" (Joh 13,35), nichts sehnlicher wünschen, als den
Menschen unserer Zeit immer großherziger und wirksamer zu dienen. Dem Evangelium
gewissenhaft folgend und aus seinen Kräften lebend, verbunden mit allen, die die
Gerechtigkeit lieben und pflegen, haben sie das große Werk, das sie hier auf
Erden zu erfüllen haben, begonnen, über das sie ihm, der am Jüngsten Tag alle
richten wird, Rechenschaft geben müssen.
Nicht alle, die sagen "Herr, Herr",
werden ins Himmelreich eingehen, sondern die den Willen des Vaters tun (2) und
tatkräftig ans Werk gehen. Der Vater will, daß wir in allen Menschen Christus
als Bruder sehen und lieben in Wort und Tat und so der Wahrheit Zeugnis geben
und anderen das Geheimnis der Liebe des himmlischen Vaters mitteilen.
Auf diese Weise wird in den Menschen
überall in der Welt eine lebendige Hoffnung erweckt, die eine Gabe des Heiligen
Geistes ist, daß sie am Ende in Frieden und vollkommenem Glück aufgenommen
werden in das Vaterland, das von der Herrlichkeit des Herrn erfüllt ist. "Dem
aber, der Macht hat, gemäß der in uns wirkenden Kraft weitaus mehr zu tun als
alles, was wir erbitten oder ersinnen, ihm sei Ehre in der Kirche und in
Christus Jesus durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen" (Eph
3,20-21).
Anmerkungen:
* Die
Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute besteht zwar aus zwei
Teilen, bildet jedoch ein Ganzes.
Sie wird "pastoral"
genannt, weil sie, gestützt auf Prinzipien der Lehre, das Verhältnis der Kirche
zur Welt und zu den Menschen von heute darzustellen beabsichtigt. So fehlt weder
im ersten Teil die pastorale Zielsetzung noch im zweiten Teil die lehrhafte
Zielsetzung.
Im ersten Teil
entwickelt die Kirche ihre Lehre vom Menschen, von der Welt, in die der Mensch
eingefügt ist, und von ihrem Verhältnis zu beiden. Im zweiten Teil betrachtet
sie näher die verschiedenen Aspekte des heutigen Lebens und der menschlichen
Gesellschaft, vor allem Fragen und Probleme, die dabei für unsere Gegenwart
besonders dringlich erscheinen. Daher kommt es, daß in diesem zweiten Teil die
Thematik zwar den Prinzipien der Lehre unterstellt bleibt, aber nicht nur
unwandelbare, sondern auch geschichtlich bedingte Elemente enthält.
Die Konstitution
ist also nach den allgemeinen theologischen Interpretationsregeln zu deuten, und
zwar, besonders im zweiten Teil, unter Berücksichtigung des Wechsels der
Umstände, der mit den Gegenständen dieser Thematik verbunden ist.
(Anmerkung des
Übersetzers. Die Titel der einzelnen Nummern gehören bei dieser Konstitution
aufgrund einer eigenen Abstimmung zum verkündeten Konzilstext selbst.)
Vorwort/Einführung:
(1) Vgl. Joh
18,37.
(2) Vgl. Joh
3,17; Mt 20,28; Mk 10,45.
(3) Vgl. Röm
7,14ff.
(4) Vgl. 2 Kor
5,15.
(5) Vgl. Apg
4,12.
(6) Vgl. Hebr
13,8.
(7) Vgl. Kol
1,15.
I. Hauptteil: Kapitel 1:
(1) Vgl. Gen 1,26: Weish 2,23.
(2) Vgl. Sir 17,3-10.
(3) Vgl. Röm 1,21-25.
(4) Vgl. Joh 8,34.
(5) Vgl. Dan 3,57-90.
(6) Vgl. 1 Kor 6,13-20.
(7) Vgl. 1 Kg 16,7; Jer 17,10.
(8) Vgl. Sir 17,7-8.
(9) Vgl. Röm 2,14-16.
(10) Vgl. Pius XII.,
Radiobotschaft über die rechte Ausbildung des christlichen Gewissens in den
Jugendlichen, 23. März 1952: AAS 44 (1952) 271.
(11) Vgl. Mt 22,37-40; Gal 5,14.
(12) Vgl. Sir 15,14.
(13) Vgl. 2 Kor 5,10.
(14) Vgl. Weish 1,13; 2,23-24;
Röm 5,21; 6,23; Jak 1,15.
(15) Vgl. 1 Kor 15,56-57.
(16) Vgl. Pius XI., Enz. Divini
Redemptoris, 19. März 1937: AAS 29 (1937) 65-106; Pius XIl., Enz. Ad Apostolorum
Principis, 29. Juni 1958: AAS 50 (1958) 601-614; Johannes XXIII., Enz. Mater et
Magistra, 15. Mai 1961: AAS 53 (1961) 451-453; Paul VI., Enz. Ecclesiam suam, 6.
Aug. 1964: AAS 56 (1964) 651-653.
(17) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium, I. Kap., Nr. 8: AAS 57 (1965) 12.
(18) Vgl. Phil 1,27.
(19) Augustinus, Bekenntnisse
I,1: PL 32, 661.
(20) Vgl. Röm 5,14. Vgl,
Tertullian, De carnis resurr. 6: "Was im Lehm geformt wurde, war auf Christus
hin gedacht, den künftigen Menschen": PL 2, 802 (848); CSEL 47, S. 33, Z. 12-13.
(21) Vgl. 2 Kor 4,4.
(22) Vgl. II. Konzil von
Konstantinopel, Can. 7: "Weder wurde das Wort (Gottes) in die Natur des
Fleisches verwandelt, noch ging das Fleisch in die Natur des Wortes über": Denz.
219 (428). - Vgl. auch III. Konzil von Konstantinopel: "Wie nämlich sein
heiligstes und unbeflecktes beseeltes Fleisch durch die Vergöttlichung nicht
verschlungen, sondern in dem ihm eigenen Zustand und Wesen blieb": Denz. 291
(556). Vgl. Konzil von Chalcedon: "in beiden Naturen unvermischt, unverwandelt,
ungetrennt, ungesondert": Denz. 148 (302).
(23) Vgl. III. Konzil von
Konstantinopel: "So ist auch sein menschlicher Wille durch die Vergöttlichung
nicht zerstört worden": Denz. 291 (556).
(24) Vgl. Hebr 4,15.
(25) Vgl. 2 Kor 5,18-19; Kol
1,20-22.
(26) Vgl. 1 Petr 2,21; Mt 16,24;
Lk 14,27.
(27) Vgl. Röm 8,29; Kol 3,10-14.
(28) Vgl. Röm 8,1-11.
(29) Vgl. 2 Kor 4,14.
(30) Vgl. Phil 3,10; Röm 8,17.
(31) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium, II. Kap., Nr. 16: AAS 57 (1965) 20.
(32) Vgl. Röm 8,32.
(33) Vgl. die byzantinische
Osterliturgie.
(34) Vgl. Röm 8,15; Gal 4,6; Joh
1,12 u. 1 Joh 3,1.
Kapitel 2:
(1) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Mater et Magistra, 15. Mai 1961: AAS 53 (1961) 401-404; ders., Enz. Pacem in
terris, 11. Apr. 1963: AAS 55 (1963) 257-304; Paul VI., Enz. Ecclesiam suam, 6.
Aug. 1964: AAS 56 (1964) 609-659.
(2) Vgl. Lk 17,33.
(3) Vgl. Thomas v. Aquin, L. 1
zum I. Buch der Ethik.
(4) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Mater et Magistra: AAS 53 (1961) 418; Pius XI., Enz. Quadragesimo anno, 15. Mai
1931: AAS 23 (1931) 222ff.
(5) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Mater et Magistra: AAS 53 (1961) 417.
(6) Vgl. Mk 2,27.
(7) Vgl. Johannes XXlII., Enz.
Pacem in terris: AAS 55 (1963) 266.
(8) Vgl. Jak 2,15-16.
(9) Vgl. Lk 16,19-31.
(10) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Pacem in terris: AAS 55 (1963) 299-300.
(11) Vgl. Lk 6,37-38; Mt 7,1-2;
Röm 2,1-11; 14,10-12.
(12) Vgl. Mt 5,45-47.
(13) II. Vat. Konzil, Dogm. Konst.
über die Kirche Lumen Gentium, Kap. II, Nr. 9: AAS 57 (1965) 12-13.
(14) Vgl. Ex 24,1-8.
Kapitel 3:
(1) Vgl. Gen 1,26-27; 9,3; Weish
9,3.
(2) Vgl. Ps 8,7.10.
(3) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Pacem in terris: AAS 55 (1963) 297.
(4) Vgl. Botschaft der
Konzilsväter an alle Menschen zu Beginn des II. Vat. Konzils, 20. Okt. 1962: AAS
54 (1962) 822-823.
(5) Vgl. Paul VI., Ansprache an
das Diplomatische Korps, 7. Jan. 1965: AAS 57 (1965) 232.
(6) Vgl. I. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über den katholischen Glauben Dei Filius, Kap. III: Denz. 1785-1786
(3004-3005).
(7) Vgl. Pio Paschini, Vita e
opere di Galileo Galilei, 2 Bde. (Päpstl. Akademie der Wissenschaften,
Vatikanstadt 1964).
(8) Vgl. Mt 24,13;
13,24-30.36-43.
(9) Vgl. 2 Kor 6,10.
(10) Vgl. Joh 1,3.14.
(11) Vgl. Eph 1,10.
(12) Vgl. Joh 3,14-16; Röm
5,8-10.
(13) Vgl. Apg 2,36; Mt 28,18.
(14) Vgl. Röm 15,16.
(15) Vgl. Apg 1,7.
(16) Vgl. 1 Kor 7,31; Irenäus,
Adv. Hær. V, 36: PG 7, 1222.
(17) Vgl. 2 Kor 5,2; 2 Petr 3,13.
(18) Vgl. 1 Kor 2,9; Offb 21,4-5.
(19) Vgl. 1 Kor 15,42.53.
(20) Vgl. 1 Kor 13,8; 3,14.
(21) Vgl. Röm 8,19-21.
(22) Vgl. Lk 9,25.
(23) Vgl. Pius XI., Enz.
Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 207.
(24) Missale Romanum, Präfation
vom Christkönigsfest.
Kapitel 4:
(1) Vgl. Paul VI., Enz. Ecclesiam
suam, III: AAS 56 (1964) 637-659.
(2) Vgl. Tit 3,4: 7.
(3) Vgl. Eph 1,3.5.6.13-14.23.
(4) II. Vat. Konzil, Dogm. Konst.
über die Kirche Lumen Gentium, Kap. I, Nr. 8: AAS 57 (1965) 12.
(5) Ebd. Kap. II, Nr. 9: AAS 57
(1965) 14; vgl. Nr. 8: a. a. O. 11.
(6) Ebd. Kap. I, Nr. 8: AAS 57
(1965) 11.
(7) Ebd. Kap. IV, Nr. 38: AAS 57
(1965) 43, mit Anm. 120.
(8) Vgl. Röm 8,14-17.
(9) Vgl. Mt 22,39.
(10) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Kap. II, Nr. 9: AAS 57 (1965) 12-14.
(11) Vgl. Pius XII., Ansprache an
Historiker und Archäologen, 9. März 1956: AAS 48 (1956) 212: "Ihr göttlicher
Stifter Jesus Christus gab ihr weder einen Auftrag noch eine Zielsetzung auf der
Ebene der Kultur. Das Ziel, das Christus ihr anweist, ist streng religiös (...).
Die Kirche muß die Menschen zu Gott führen, damit sie sich ihm vorbehaltlos
hingeben (...). Die Kirche kann dieses streng religiöse und übernatürliche Ziel
nie aus dem Auge verlieren. Der Sinn all ihrer Tätigkeiten, bis zum letzten
Artikel ihres Rechtsbuches, kann nur der sein, direkt oder indirekt zu diesem
Ziel beizutragen."
(12) II. Vat. Konzil, Dogm. Konst.
über die Kirche Lumen Gentium, Kap. I, Nr. 1: AAS 57 (1965) 5.
(13) Vgl. Hebr 13,14.
(14) Vgl. 2 Thess 3,6-13; Eph
4,28.
(15) Vgl. Jes 58,1-12.
(16) Vgl. Mt 23,3-33; Mk 7,10-13.
(17) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Mater et Magistra, IV: AAS 53 (1961) 456-457, I: a. a. O. 407.410-411.
(18) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Kap. III., Nr. 28: AAS 57 (1965) 34-35.
(19) Ebd. Nr. 28: AAS 57 (1965)
35-36.
(20) Vgl. Ambrosius, De
Virginitate, Kap. VIII., Nr. 48: PL 16, 278.
(21) II. Vat. Konzil, Dogm. Konst.
über die Kirche Lumen Gentium, Kap. II, Nr. 15: AAS 57 (1965) 20.
(22) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Kap. II, Nr. 13: AAS 57 (1965) 17.
(23) Vgl. Justin, Dialogus cum
Tryphone, Kap. 110: PG 6, 729: ed. Otto (1897) 391-393: " ... je mehr aber
solches uns zugefügt wird, um so mehr entstehen andere Gläubige und Fromme durch
den Namen Jesu." Vgl. Tertullian, Apologeticus, Kap. 50, 13: PL 1, 534; CChr ser.
lat. I, 171: "Auch werden wir mehr, sooft wir von euch niedergemäht werden: der
Samen ist das Blut der Christen!" Vgl. Dogm. Konst. über die Kirche Lumen
Gentium, Kap. II, Nr. 9: AAS 57 (1965) 14.
(24) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Kap. VII., Nr. 48: AAS 57 (1965) 53.
(25) Vgl. Paul VI., Ansprache, 3.
Febr. 1965: L,Osservatore Romano, 4. Febr. 1965.
II. Hauptteil: Kapitel 1:
(1) Vgl. Augustinus, De bono
coniugali: PL 40, 375-376 u. 394; Thomas v. Aquin, Summa Theol., Suppl. q. 49,
a. 3, ad 1; Decretum pro Armenis: Denz. 702 (1327); Pius XI., Enz. Casti
connubii: AAS 22 (1930) 543-555; Denz. 2227-2238 (3703-3714).
(2) Vgl. Pius XI., Enz. Casti
connubii: AAS 22 (1930) 546-547; Denz. 2231 (3706).
(3) Vgl. Hos 2; Jer 3,6-13; Ez 16
u. 23; Jes 54.
(4) Vgl. Mt 9,15; Mk 2,19-20; Lk
5,34-35; Joh 3,29; 2 Kor 11,2; Eph 5,27; Offb 19,7-8; 21,2.9.
(5) Vgl. Eph 5,25.
(6) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium: AAS 57 (1965) 15-16.40-41.47.
(7) Vgl. Pius XI., Enz. Casti
connubii: AAS 22 (1930) 583.
(8) Vgl. 1 Tim 5,3.
(9) Vgl. Eph 5,32.
(10) Vgl. Gen 2,22-24; Spr
5,18-20; 31,10-31; Tob 8,4-8; Hld 1,1-3; 2,16; 4,16 - 5,1; 7,8-14; 1 Kor 7,3-6;
Eph 5,25-33.
(11) Vgl. Pius XI., Enz. Casti
connubii: AAS 22 (1930) 547-548; Denz. 2232 (3707).
(12) Vgl. 1 Kor 7,5.
(13) Vgl. Pius XII., Ansprache
"Tra le visite", 20. Jan. 1958: AAS 50 (1958) 91.
(14) Vgl. Pius XI., Enz. Casti
connubii: AAS 22 (1930) 559-561; Denz.-Schönm. 3716-3718; Pius XII., Ansprache
an die Hebammen, 29. Okt. 1951: AAS 43 (1951) 835-854; Paul VI., Ansprache an
die Kardinäle, 23. Juni 1964: AAS 56 (1964) 581-589. Bestimmte Fragen, die noch
anderer sorgfältiger Untersuchungen bedürfen, sind auf Anordnung des Heiligen
Vaters der Kommission für das Studium des Bevölkerungswachstums, der Familie und
der Geburtenhäufigkeit übergeben worden, damit, nachdem diese Kommission ihre
Aufgabe erfüllt hat, der Papst eine Entscheidung treffe. Bei diesem Stand der
Doktrin des Lehramtes beabsichtigt das Konzil nicht, konkrete Lösungen
unmittelbar vorzulegen.
(15) Vgl. Eph 5,16; Kol 4,5.
(16) Vgl. Sacramentarium
Gregorianum: PL 78, 262.
(17) Vgl. Röm 5,15.18; 6,5-11;
Gal 2,20.
(18) Vgl. Eph 5,25-27.
Kapitel 2:
(1) Vgl. die Einführung dieser
Konstitution, Nr. 4-10.
(2) Vgl. Kol 3,1-2.
(3) Vgl. Gen 1,28.
(4) Vgl. Spr 8,30-31.
(5) Vgl. Irenäus, Adv. Hær. III.,
11,8: ed. Sagnard, S. 200: vgl. ebd. 16, 6, S. 290 bis 292; 21, 10-22, S.
370-372; 22, 3, S. 378 u. ö.
(6) Vgl. Eph 1,10.
(7) Vgl. die Worte Pius' XI. an
M.-D. Roland-Gosselin: "Nie darf man aus dem Blick verlieren, daß es das Ziel
der Kirche ist, zu evangelisieren, und nicht, Kultur zu treiben. Wenn sie Kultur
betreibt, dann durch Evangelisation" (Semaine sociale de Versailles, 1936,
461-462).
(8) I. Vat. Konzil, Dogm. Konst.
über den kath. Glauben Dei Filius, Kap. IV: D 1795.1799 (3015.3019): Vgl. Pius
XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 190.
(9) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Pacem in terris: AAS 55 (1963) 260.
(10) Johannes XXlII., Enz. Pacem
in terris: AAS 55 (1963) 283; Pius XII., Radiobotschaft, 24. Dez. 1941: AAS 34
(1942) 16-17.
(11) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Pacem in terris: AAS 55 (1963) 260.
(12) Vgl. Johannes XXIII., Rede
zur Konzilseröffnung, 11. Okt. 1962: AAS 54 (1962) 792.
(13) Vgl. II. Vat. Konzil,
Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, Nr. 123: AAS 56
(1964) 131; Paul VI., Ansprache an die römischen Künstler ("Messa degli
Artisti"), 7. Mai 1964: AAS 56 (1964) 439-442.
(14) Vgl. II. Vat. Konzil, Dekret
über die Ausbildung der Priester Optatam totius und Erklärung über die
christliche Erziehung Gravissimum educationis.
(15) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Kap. IV, Nr. 37: AAS 57 (1965) 42-43.
Kapitel 3:
(1) Vgl. Pius XII., Botschaft,
23. März 1952: AAS 44 (1952) 273; Johannes XXIII., Ansprache an die ACLI., 1.
Mai 1959: AAS 51 (1959) 358.
(2) Vgl. Pius XI., Enz.
Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 190ff.; Pius XII., Botschaft, 23. März 1952:
AAS 44 (1952) 276ff.; Johannes XXIII., Enz. Mater et Magistra: AAS 53 (1961)
450; II. Vat. Konzil, Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel Inter
mirifica, Kap. I, Nr. 6: AAS 56 (1964) 147.
(3) Vgl. Mt 16,26; Lk 16,1-31;
Kol 3,17.
(4) Vgl. Leo XIII., Enz. Libertas
præstantissimum, 20. Juni 1888: ASS 20 (1887-88) 597ff.; Pius XI., Enz.
Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 191ff.; ders., Divini Redemptoris: AAS 29
(1937) 65ff.; Pius XII., Weihnachtsbotschaft 1941: AAS 34 (1942) 10ff.; Johannes
XXIII., Enz. Mater et Magistra: AAS 53 (1961) 401-464.
(5) Zum Problem der
Landwirtschaft vgl. vor allem Johannes XXIII., Enz. Mater et Magistra: AAS 53
(1961) 431ff.
(6) Vgl. Leo XIII., Enz. Rerum
novarum: ASS 23 (1890-91) 649-662: Pius XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23
(1931) 200-201; ders., Enz. Divini Redemptoris: AAS 29 (1937) 92; Pius XII.,
Radiobotschaft am Vorabend des Weihnachtsfestes 1942: AAS 35 (1943) 20; ders.,
Ansprache, 13. Juni 1943: AAS 35 (1943) 172; ders., Radiobotschaft an die
Arbeiter Spaniens, 11. März 1951: AAS 43 (1951) 215; Johannes XXIII., Enz. Mater
et Magistra: AAS 53 (1961) 419.
(7) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Mater et Magistra: AAS (1961) 408.424.427; der Begriff "curatio" (Mitgestaltung)
wurde dem lateinischen Text der Enz. Quadragesimo anno entnommen: AAS 23 (1931)
199. Für die Entwicklung dieses Problemkreises vgl. auch Pius XII., Ansprache,
3. Juni 1950: AAS 42 (1950) 485-488; Paul VI., Ansprache, 8. Juni 1964: AAS 56
(1964) 574-579.
(8) Vgl. Pius XII., Enz. Sertum
Lætitiæ: AAS 31 (1939) 642; Johannes XXIII., Konsistorialrede: AAS 52 (1960)
5-11; ders., Enz. Mater et Magistra: AAS 53 (1961) 411.
(9) Vgl. Thomas, Summa Theol.
II-II., q. 32, a. 5, ad 2; q. 66, a. 2; vgl. die Erklärung dazu bei Leo XIII.,
Enz. Rerum novarum: ASS 23 (1890-91) 651; vgl. auch Pius XII., Ansprache, 1.
Juni 1941: AAS 35 (1941) 199; ders., Radiobotschaft zum Weihnachtsfest 1954: AAS
47 (1955) 27.
(10) Vgl. Basilius, Homilie zu
Lukas Destruam horrea mea, Nr. 2: PG 31, 263; Lactantius, Divinarum
Institutionum, 5. Buch: Über die Gerechtigkeit: PL 6, 565 B; Augustinus, In
Ioannis Evang. tr. 50, N. 6: PL 35, 1760; ders., Enarratio in Ps 147,12: PL
37,1922; Gregor d. Gr., Homilien zu den Evangelien, hom. 20, 12: PL 76, 1165;
ders., Regulæ Pastoralis liber, Pars III., c. 21: PL 77, 87; Bonaventura, In III
Sent., d. 33, dub. 1: ed. Quaracchi III., 728; ders., In IV Sent., d. 15, p. 2,
a. 2, q. 4: ed. cit. IV, 371b; q. de superfluo: ms. Assisi, Bibl. Commun. 186,
fol. 112a-113a; Albertus Magnus, In III Sent., d. 33, a. 3, sol. 1: ed. Borgnet
XXVIII., 611; ders., In IV Sent., d. 15, a. 16: ed. cit. XXlX, 494-497.Was die
Bestimmung des "superfluum" für unsere Zeit angeht, vgl. Johannes XXIII., Radio-
und Fernsehbotschaft, 11. Sept. 1962: AAS 54 (1962) 682: "Pflicht eines jeden
Menschen, drängende Pflicht des Christen ist es, den Überfluß am Maßstab der Not
anderer zu betrachten und gut darüber zu wachen, daß die Verwaltung und
Verteilung der geschaffenen Güter zum Vorteil aller erfolgt."
(11) Für diesen Fall gilt das
alte Prinzip: "In äußerster Notlage ist alles gemeinsam, d. h. mitzuteilen."
Andererseits vgl. für die Begründung, das Ausmaß und die Art und Weise, wie das
Prinzip im vorliegenden Text angewendet wird, neben bewährten modernen Autoren
schon Thomas, Summa Theol. II-II., q. 66, a. 7. Natürlich sind für die richtige
Anwendung dieses Prinzips alle erforderlichen sittlichen Voraussetzungen zu
erfüllen.
(12) Vgl. Gratiani Decretum, C.
21, dist. 86: ed. Friedberg I, 302. Dieser Satz findet sich schon in PL 54, 591
A und PL 56, 1132 B. Vgl. Antonianum 27 (1952) 349-366.
(13) Vgl. Leo XIII., Enz. Rerum
novarum: ASS 23 (1890-91) 643-646; Pius XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23
(1931) 191; Pius XII., Radiobotschaft, 1. Juni 1941: AAS 33 (1941) 199; ders.,
Radiobotschaft am Vorabend des Weihnachtsfestes 1942: AAS 35 (1943) 17: ders.,
Radiobotschaft. 1. Sept. 1944: A AS 36 (1944) 253: Johannes XXlII., Enz. Mater
et Magistra: AAS 53 (1961) 428-429.
(14) Vgl. Pius XI., Enz.
Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 214;Johannes XXIII., Enz. Mater et Magistra:
AAS 53 (1961) 429.
(15) Vgl. Pius XII.,
Radiobotschaft zum Pfingstfest 1941: AAS 33 (1941) 199; Johannes XXIII., Enz.
Mater et Magistra: AAS 53 (1961) 430.
(16) Zum rechten Gebrauch der
Güter nach der Lehre des Neuen Testaments vgl. Lk 3,11; 10,30ff.; 11,41; 1 Petr
5,3; Mk 8,36; 12,29-31; Jak 5,1-6; 1 Tim 6,8; Eph 4,28; 2 Kor 8,13ff.; 1 Joh
3,17-18.
Kapitel 4:
(1) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Mater et Magistra: AAS 53 (1961) 417.
(2) Vgl. ders., ebd.
(3) Vgl. Röm 13,1-5.
(4) Vgl. Röm 13,5.
(5) Vgl. Pius XII.,
Radiobotschaft, 24. Dez. 1942: AAS 35 (1943) 9-24; ders., Radiobotschaft, 24.
Dez. 1944: AAS 37 (1945) 11-17; Johannes XXIII., Enz. Pacem in terris: AAS 55
(1963) 263.272.277f.
(6) Vgl. Pius XII.,
Radiobotschaft, 1. Juni 1941: AAS 33 (1941) 200; Johannes XXIII., Enz. Pacem in
terris: AAS 55 (1963) 273f.
(7) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Mater et Magistra: AAS 53 (1961) 415-418.
(8) Pius XI., Ansprache an die
Leiter der "Federazione Universitaria Cattolica": Discorsi di Pio XI., Bd. I:
ed. Bertetto (Turin 1960) 743.
(9) Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm.
Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Nr. 13: AAS 57 (1965) 17.
(10) Vgl. Lk 2,14.
Kapitel 5:
(1) Vgl. Eph 2,16; Kol 1,20-22.
(2) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Pacem in terris, 11. April 1963: AAS 55 (1963) 291: "Darum ist es in unserer
Zeit, die sich des Besitzes der Atomkraft rühmt, sinnlos, den Krieg als
geeignetes Mittel zur Wiederherstellung verletzter Rechte zu betrachten."
(3) Vgl. Pius XII., Ansprache,
30. Sept. 1954: AAS 46 (1954) 589; ders., Radiobotschaft, 24. Dez. 1954: AAS 47
(1955) 15ff.; Johannes XXIII., Enz. Pacem in terris: AAS 55 (1963) 286-291; Paul
VI., Ansprache an die Vereinten Nationen, 4. Okt. 1965: AAS 57 (1965) 877-885.
(4) Vgl. Johannes XXIII., Enz.
Pacem in terris, wo von der Abrüstung die Rede ist: AAS 55 (1963) 287.
(5) Vgl. 2 Kor 2,6.
Kapitel 6:
(1) Vgl. Johannes XXIII., Enz. Ad
Petri Cathedram, 29. Juni 1959: AAS 51 (1959) 513.
(2) Vgl. Mt 7,21.
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